Baden-Württemberg hofft auf eine neue Weichenstellung

An den Krankenhäusern stehen strukturelle Veränderungen an.
dpa/Michael Reichel)Stuttgart. Die Krankenhausreform des Bundes wird wohl überarbeitet. Nach ersten Informationen aus den Koalitionsverhandlungen in Berlin soll es zu gesetzlichen Anpassungen und auch zu Änderungen beim Zeitplan kommen. Zwar weiß noch keiner genau, worauf sich die Koalitionäre verständigen werden, doch dürften sich darüber hierzulande viele freuen, denn gerade im Südwesten gab es viel Kritik an der Reform, die Ende 2024 verabschiedet wurde und Anfang 2025 in Kraft trat.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schloss auch eine Klage gegen die Reform nicht aus. Denn er sieht, wie sein Parteikollege und Sozialminister Manne Lucha, Baden-Württemberg benachteiligt. Kritik gab es etwa daran, dass die Planungshoheit der Länder nicht genug berücksichtigt sei (siehe Kasten).
Krankenhausgesellschaft fordert Planungssicherheit vom Bund
Im Land gibt es gewachsene Strukturen, die recht gut zur Reform des Bundes passen, im bundesweiten Vergleich versorgt man mit der geringsten Bettenzahl die meisten Menschen bei den niedrigsten Kosten. Darauf weist auch Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, hin. Für den anstehenden Strukturwandel brauche es Planungssicherheit für Krankenhausträger und das Land. Dies sieht er derzeit nicht gegeben. Es gebe erheblichen Nachbesserungsbedarf, die in der Reform hinterlegten Zeitpläne seien so nicht umsetzbar. „Bisher ist nicht klar, ob die Krankenhausträger selbst in vorbildlichen Strukturen in der Lage sein werden, kostendeckende Erlöse für die von ihnen erbrachten Leistungen zu erzielen.“ Das müsse der Bund regeln. Vom Land erwartet er, dass regionale Strukturgespräche unter Leitung des Sozialministeriums mit den Kliniken geführt werden.
Landkreistag: Versorgungsverbünde nicht beeinträchtigen
Auch der Landkreistag sieht Handlungsbedarf: Denn obwohl die Kliniken im Land effizient aufgestellt seien, „werden sie in diesem Jahr mit einer Milliarde Euro ins Defizit gehen, wenn es zu keiner Stabilisierung der Krankenhausfinanzen durch den Bund kommt“, so Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski. Die angestoßene Landeskrankenhausplanung begrüßt er. „Allerdings legen die Kreise großen Wert darauf, dass durch die Krankenhausplanung des Landes bestehende Versorgungsverbünde auf keinen Fall zerschnitten oder au ch nur beeinträchtigt werden dürfen.“ Sie dürfe „den in jahrelanger mühevoller Kärrnerarbeit geschaffenen regionalen Versorgungsnetzwerken nicht das Wasser abgraben“, sondern müsse sie „stützen und absichern“. Auch von Komorowski setzt auf die regionalen Strukturgespräche, „die zu einer im Patienteninteresse optimierten Verzahnung von stationären, ambulanten und pflegerischen Leistungen“ beitragen sollen. Dazu habe man im Landeskrankenhausausschuss einen Umsetzungsvorschlag vorgelegt.
Die Städte und Gemeinden unterstützen die Position der Stadt- und Landkreise, sagt Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. Er erwarte vom Bund, „eine Grundlage für eine betriebswirtschaftlich tragfähige Finanzierung der Krankenhäuser zu schaffen – auch im Südwesten“. Denn fast alle litten unter einem systembedingten Finanzierungsdefizit. Gerade die Betriebskosten seien vom Bund strukturell unterfinanziert. Mit der Krankenhausplanung im Land müsse sichergestellt werden, dass die flächendeckende Versorgung gewährleistet bleibt. Die gewachsenen Strukturen öffentlich getragener Klinikverbünde könnten dabei Jäger zufolge eine wichtige Rolle spielen. Zudem müsse das Land eine bedarfsgerechte Investitionsförderung sicherstellen.
Kritik am Zuschnitt der geplanten Versorgungsregionen im Land
Das Sozialministerium will wie geplant weiterarbeiten und den Prozess zur Umstellung der Krankenhausplanung auf Leistungsgruppen voranbringen, so ein Sprecher. Man bereite die Anhörung der Krankenhäuser zur Leistungsgruppenzuweisung vor. Wann die Schreiben übersendet werden, könne man derzeit nicht sagen. Man müsse die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen abwarten. Die sechs Regionalgespräche in den geplanten Versorgungsregionen seien bereits abgeschlossen.
Der Landesvorsitzende des Verbands der Krankenhausdirektoren, Matthias Geiser, stimmt dem Land in einigen Punkten zu: So brauche das Land Beinfreiheit, wolle man zu guten Lösungen kommen. Er kritisierte am Mittwoch im Sozialausschuss aber, dass die vorgesehenen Versorgungsregionen nicht überall zum Einzugsgebiet der Patienten passten. Das will Sozialminister Lucha prüfen.
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