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Andere Akzente: CDU will Atomkraftwerke länger am Netz lassen, die Grünen sind dagegen
STUTTGART. Ausländische Fachkräfte, die – angeworben durch „The Länd“ – nach Baden-Württemberg kommen, müssen ausdrücklich nicht zwingend Deutschkenntnisse mitbringen. Auf den Schulhöfen hingegen will die Landtags-CDU eine alte Idee der Neunziger Jahre und ihres damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel neu beleben. Fraktionschef Manuel Hagel drängt darauf, dass dort in der Regel freiwillig Deutsch gesprochen wird. Das Erlernen der deutschen Sprache sei unerlässlich „für Chancen in dieser Gesellschaft und in unserer Republik“.
Andreas Schwarz (Grüne) kann einer gegebenenfalls sogar kontrollierten Pflicht zum Deutschsprechen gar nichts abgewinnen, eine Sprachpolizei „ist der falsche Weg“. Auf den getrennten Pressekonferenzen nach den traditionellen Klausuren zum landespolitischen Jahresauftakt am Freitag in Stuttgart wurde deutlich, dass die Koalitionspartner auch bei etlichen anderen Themen unterschiedliche Akzente setzen.
Die Grünen tagten in Brüssel. Ein Kernthema der Beratungen war die Zusammenarbeit mit der Schweiz. Schon im Sommer 2021, als Verhandlungen über ein neues Rahmenankommenden mit der EU abgebrochen wurden, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Gespräche neu in Schwung bringen wollen. Wirklich gelungen ist das nicht, jetzt wollen die Abgeordneten „neue Brücken bauen“. Der Grünen-Fraktionschef bietet das Land sogar als Verhandlungsort an, „um einen Neustartknopf zu drücken“, unter anderem wegen der 130 Forschungskooperationen. In gut einem Jahr und noch vor der Europawahl im Frühjahr 2024 sollten die Gespräche abgeschlossen sein. „Wir werden uns ins Zeug legen“, verspricht Schwarz.
CDU will Forschung zu Kernfusion im Land
Auch der Green Deal stand in Brüssel auf der Tagesordnung, unter anderen mit der Frage, wie Klimaforschungsgelder ins Land gelenkt werden können. Bei der CDU-Klausur waren Klimaschutz und Energiewende ebenfalls Gegenstand der Debatten und Beschlüsse. Fraktionsgeschäftsführer Andreas Deuschle will Kernfusion-Forschung in Baden-Württemberg ansiedeln. Es dürfe nicht „auf Grund einer moralisch überlegenen Einstellung“ darauf gewartet werden, dass anderswo auf der Welt Forschungsergebnisse erzielt werden. Die drei letzten Atomkraftwerke sollen nach Hagels Vorstellungen so lange am Netz bleiben, bis eine Alternative zur Verfügung steht. Für die Grünen ist die von der Berliner Ampelkoalition vereinbarte Abschaltung von Neckarwestheim II im Frühjahr endgültig beschlossene Sache.
Offener denn je dagegen ist die Haltung der Regierungsfraktionen zum von der EnBW angekündigten Teilverkauf von Transnet. Hagel verlangt nach einer neuen Grundsatzdiskussion. Kritische Infrastruktur gehöre ins öffentliche Eigentum, Politik müsse aus Fehlern lernen, sagte er und verwies auf den Glasfaser-Ausbau, der dem freien Markt über lassen worden sei, „aber nur dort funktioniert, wo er sich rentiert“. Dies dürfe sich beim Netzausbau nicht wiederholen. Zudem müsse ein Verkauf nicht bedeuten, dass die Anteile nicht in öffentlicher Hand bleiben. Die Grünen haben bisher dagegen ausgeschlossen, dass sich das Land finanziell engagiert, um bei Transnet einzusteigen.
Eltern fordern Rückkehr zu G9
Weiter beschäftigen wird die Regierungsfraktionen die Forderung vieler Eltern nach der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Schwarz sieht eine „generelle Rückkehr sehr kritisch, denn notwendig wären 1400 Deputate, die zusätzlichen Lehrer und Lehrerinnen haben wir aber nicht, auch nicht in den nächsten Jahren“. Der Grüne argumentiert mit den 280 Standorten – vor allem berufliche Gymnasien, aber auch neun Gemeinschaftsschulen -, an denen das Abitur in neun Jahren abgelegt werden könne. Hagel bezieht sich rein formal auf den Koalitionsvertrag von 2021, wonach in dieser Legislaturperiode keine Strukturdebatten zu führen seien – „und der Koalitionsvertrag gilt“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer