AfD-Parteitag könnte ein Nachspiel haben

Bei einem teilweise chaotischen Parteitag hat die AfD-Spitze in Rottweil ihre Parteispitze bestätigt. Allerdings könnte der unterlegene Flügel um Dirk Spaniel die Gültigkeit anfechten, da der Saal möglicherweise zu klein war, um die Veranstaltung ordnungsgemäß durchzuführen.

Nach der Rede von Alice Weidel lief es beim AfD-Parteitag in Rottweil für die Landesspitze um Markus Frohnmaier und Emil Sänze deutlich besser.

dpa/Christoph Schmidt)

Rottweil. Am Samstag gegen 15 Uhr verlässt der Stuttgarter AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel den Saal und durchquert das Foyer, um draußen Luft zu schnappen. Nein, er werde nicht gegen die AfD-Landesspitze antreten, sagt er erregt, dieser Parteitag sei eine Farce. Kurz danach, er hat sich etwas gesammelt, wird er deutlicher. Dass die Stimmung so aufgeheizt sei, „das hat etwas mit den räumlichen Verhältnissen zu tun“. Die Halle sei zu klein. Der ehemalige Landesvorsitzende deutet an, was auch Ruben Rupp, Landtagsabgeordneter aus dem Ostalbkreis bewegt, als er gegen 20 Uhr zum Parkplatz geht: Diese Veranstaltung könnte ein juristisches Nachspiel haben. Rupp hält mögliche Anfechtungen jedoch weder für erfolgversprechend noch für parteidienlich, wie er im Nachhinein betont.

Zu diesem Zeitpunkt ist die Fronde von Spaniel und Freunden längst gescheitert. Sie haben sich die Zähne ausgebissen: an einer Bundesvorsitzenden Alice Weidel , die in den entscheidenden Momenten die Führung übernimmt. Und an der Mehrheit im Saal, die die beiden Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze mit jeweils über 75 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.

Sind Parteimitglieder abgereist, weil die Halle zu klein war?

Und doch stehen Fragen im Raum. War die Halle nicht doch zu klein, zumal nicht einmal alle Journalisten Platz fanden? Und trifft es zu, was Spaniel behauptet: dass Parteimitglieder deshalb vorzeitig abreisten?

Diese Frage stellt sich, weil die AfD anders als die anderen im Landtag vertretenen Parteien keine Delegierten-, sondern Mitgliederparteitage abhält. Das heißt, dass im Prinzip jeder der aktuell 5140 AfD-Mitglieder in Baden-Württemberg teilnehmen kann. Die Stadthalle in Rottweil hat aber nur 1040 Plätze.

Was auch immer den Ausschlag gab, in die Rottweiler Stadthalle zu gehen – der moderate Preis, wenn man ihn mit größeren Hallen im Land vergleicht, die Tatsache, dass es für die AfD gar nicht so einfach ist, überhaupt Örtlichkeiten zu finden –, es könnte sich für die wiedergewählte Landesspitze noch als Problem erweisen. Frohnmaier und Sänze beiden hatten sich im Vorfeld optimistisch gezeigt, dass die Räumlichkeiten ausreichen. Schließlich liege Rottweil nicht so zentral wie andere Städte, wo schon Parteitage stattfanden.

Als der Parteitag am Samstag um 10 Uhr beginnen soll, zeigt sich jedoch, dass sich das Führungsduo verkalkuliert hat. Der Saal ist voll und immer noch stehen Menschen vor der Tür. Reimond Hoffmann, der dem Spaniel-Lager zugerechnet wird, tritt ans Mikrofon. Er will den Parteitag sofort wieder schließen. „Absagen“-Sprechchöre sind zu hören und „ Frohnmaier raus“. Stattdessen wird der Saal geräumt, die Gäste müssen gehen, an die Mitglieder werden blaue Bändel und elektronische Stimmgeräte vergeben, sie dürfen rein.

Gegen 13 Uhr, es ist immer noch nicht klar, ob die offizielle Zahl von 910 Mitgliedern in die Halle passt, kommt Alice Weidel auf die Bühne. Sie wendet sich gegen den „grünen Wahn“ und verteidigt die Migrationspolitik der AfD. Sie schafft es, den Fokus auf andere Themen zu richten.

Das ist der Kipppunkt. Dem Spaniel-Lager gelingt es nicht mehr, den Lauf der Dinge zu ändern, auch wenn zahlreiche, teils abstruse Geschäftsordnungsanträge folgen. Etwa, wenn eine offene Abstimmung eine eindeutige Mehrheit ergibt und dennoch eine elektronische Abstimmung beantragt wird, dies zu überprüfen. Irgendwann wird es Alice Weidel zu bunt: „Ich möchte Sie bitten, diese schwachsinnigen Anträge sein zu lassen.“

Undurchsichtiger Streit um eine Wohnung, die der AfD vererbt wurde

Kurz davor verlassen mehrere Spaniel-Getreue den Saal – mit teilweise nicht zitierfähigen Bemerkungen über Weidel und Frohnmaier . Darunter ist auch Hansjörg Schrade , eines der sieben Vorstandsmitglieder der Spaniel-Truppe, die an diesem Tag den Vorstand verlässt. Er verweist auf den schwärenden Streit um eine Wohnung in Ludwigsburg, die ein Parteimitglied dem Kreisverband vererbt hat und in den der Landesverband involviert ist. Dort soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein, im Raum steht unter anderem der Vorwurf, dass die Wohnung an den Sohn eines AfD-Mitglieds deutlich unter Marktwert verkauft werden sollte.

Deshalb, so erläutert Schrade , habe Frohnmaier alles unternommen, um den Parteitag, der eigentlich im Sommer hätte stattfinden sollen, vorziehen. Damit er vorbei ist, wenn die Sache vor Gericht kommt. „Das Erschreckende ist, dass die Mehrheit kein Interesse an der Wahrheit hat“, sagt Schrade und bezieht sich damit auf den Antrag von 22 der 37 Kreisverbände, den Parteitag vorzuziehen.

Einen Tag später bezieht Alice Weidel , die selber einmal den Landesverband leitete, Position. Gegenüber dem SWR spricht sie von parteischädigendem Verhalten der Gruppe um Dirk Spaniel und dass dies bei der Aufstellung von Bundestagslisten Folgen haben werde.

Markus Frohnmaier wiederum kann seinen 33. Geburtstag genießen, der auf den Sonntag fällt. Der Mann, der einst für Frauke Petry und danach für Alice Weidel die Pressearbeit machte, hat es wieder mal geschafft. „Ich habe wirklich versucht, die Hände auszustrecken“, sagte er am Samstagabend in seiner Bewerbungsrede. Dabei wollte man ihn am Morgen, als noch die „ Dirkianer “ Oberwasser hatten, nicht einmal ans Mikro lassen.

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