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Abgeordnete erhalten Eckpunktepapier erst direkt vor der Sitzung
Stuttgart. „Wir sind schon losgelaufen“, erläutert die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU) sichtlich zufrieden den Stand der Dinge vor den Fachpolitiker und -beamten, die im Plenarsaal zusammengekommen sind. Angekündigt in der öffentlichen Sitzung war ein „mündlicher Bericht“ zum Landesentwicklungsplan (LEP) auf Basis eines Antrags der FDP-Fraktion.
Tatsächlich bekamen die Abgeordneten aber nicht nur das Papier „Raum für morgen“ vorgelegt, sondern auch die Broschüre „Alle(s) im Blick“ zu den „Herausforderungen der räumlichen Entwicklung“. Außerdem sind bereits zwei Gutachten online gestellt. Sie wolle erreichen, sagte die Ministerin, dass alle Interessierten auch über Zahlen, Daten und Fakten zur Ausgangslage verfügen.
Opposition reagiert überrascht
Informationsheft und Eckpunkte seien aber erst zwei Minuten und 35 Sekunden vor Beginn der Ausschusssitzung übergeben worden, monierte Eric Schweickert (FDP). Daniel Born (SPD) sah sich deshalb zur inhaltlichen Stellungnahme nicht in der Lage. Miguel Klauß (AfD) nannte das Vorgehen befremdlich. Selbst die Abgeordneten der Regierungsfraktionen ließen ihre Überraschung erkennen, aber man müsse jetzt nicht verschreckt sein, so Norbert Burger (CDU). Es liege jetzt ein Gutsle unter dem Weihnachtbaum, um sich damit zu befassen, empfahl Christiane Neumann Martin (CDU). Und Razavi sah sich mit einem Mal in der Defensive. Das sei also „der Fluch der guten Tat“, der frühen Einbindung der Abgeordneten.
Im Koalitionsvertrag 2021 hatten sich Grüne und CDU darauf verständigt, „den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Anforderungen an den Raum“ mit einem neuen Landesentwicklungsplan zukunftsfähig auszugestalten, untere anderem um „Freiräume zu schützen, Wohnungs- und Gewerbebau zu ermöglichen und nachhaltige Mobilität fördern“. Dies erfordere „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit den Bürgern, den Verbänden und der kommunalen Familie sowie „einen umfassenden Beteiligungsprozess, in den sich alle Menschen unseres Landes einbringen können“.
Zukunftswerkstätten mit Bürgern haben bereits stattgefunden
Letzterer hat bereits begonnen. Vier Zukunftswerksstätten mit 300 zufälligen Bürger und Bürgerinnen haben im November und Dezember bereits stattgefunden und wertvolle Erkenntnisse erbracht. Schweikert reagierte erst recht verschnupft, denn er erfahre jetzt, dass das Parlament, nach dem Kabinett, der Bürgerschaft und den Followern zuletzt an der Reihe sei. „Wir sind meilenweit von inhaltlichen Entscheidungen entfernt“, so die Ministerin, „wir wollen ihnen eine Handreichung präsentieren und aus der gläsernen Produktion berichten.“ Insgesamt spricht Razavi von einem „konzeptionellen Grundriss für den jetzt beginnenden Diskussions- und Planungsprozess“.
Ähnlich wie die Abgeordneten in der Ausschusssitzung reagieren die Regionalen Spitzenverbände nicht nur positiv. Steffen Jäger, der Präsident des Gemeinderats, verspricht, dass sich die Kommunen in die fürs ersten Quartal 2024 angekündigten Regional- und Themendialogen „mit ihrer Expertise und ihrem Praxiswissen einbringen“.
Umweltverband: Bekenntnis zum Netto-Null-Flächenverbrauch fehlt
Man sei überrascht, so Ralf Broß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, dass das Ministerium nun ohne vorherigen inhaltlichen Austausch mit der kommunalen Ebene Eckpunkte mit, wie es heiße, ersten Lösungsvorschlägen vorlegt: „Wir betonen daher erneut, dass ein guter Landesentwicklungsplan nur gelingen wird, wenn die Städte hinreichen eingebunden werden.“
Der BUND versteht die Papiere ebenfalls bereits als inhaltliche Weichenstellung. „Wir sind enttäuscht, dass das klare Bekenntnis zum Netto-Null-Flächenverbrauch fehlt“, sagt Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch, „obwohl dieses Ziel klar im Koalitionsvertrag vereinbart war.“ Bis der neue Landesentwicklungsplan in Kraft trete, „vergehen noch Jahre, und bis dahin sollte es in Baden-Württemberg nicht mehr möglich sein, neue Flächen auszuweisen, ohne anderorts zurückzubauen“.
Eckpunkte an drei Handlungsfeldern orientiert
Die nächsten Schritte sind nach den Eckpunkten schon in Detail an drei Handlungsfeldern orientiert, „In Stadt und Land verlässlich gut leben“ befasst sich unter anderem zu Fragen der Daseinsvorsorge in guter Erreichbarkeit, zu wohnortnahe Einzelhandelsangebote, zu Wohnraumversorgung, der Mobilität und der Freizeit. „Wirtschaft stärken und Wohlstand sichern ist unterteilt die Entwicklung zukunftsfähiger Industrie- und Gewerbestandorte, in Verkehr und digitaIe Infrastruktur oder nachhaltige Energieversorgung und „Freiraum schützen und an den Klimawandel anpassen“ in die Reduzierung des Flächenverbrauchs, die Freiraumentwicklung und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen oder die Land- und Forstwirtschaft.
https://kurzelinks.de/ LEP-Eckpunkte