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75 Jahre Grundgesetz

Ohne Artikel 118 kein Südweststaat

Der Landeshistoriker Thomas Schnabel, früher langjähriger Leiter des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, erläutert im Interview die Bedeutung des Grundgesetzes für den Südwesten und Theodor Heuss’ Karriere.

Thomas Schnabel

Privat)
Staatsanzeiger: Wie wichtig waren Carlo Schmid und Theodor Heuss für die Entstehung des Grundgesetzes?

Thomas Schnabel: Sie waren zwei herausragende Figuren. Es ist schwer zu sagen: Er ist der Vater des Grundgesetzes. Aber dadurch, dass Carlo Schmid schon beim Verfassungskonvent in Herrenchiemsee eine große Rolle gespielt hat und – im Unterschied zu Heuss – Jurist war, ragte er im Parlamentarischen Rat heraus.

Und Heuss?

Theodor Heuss war einerseits aufgrund seiner historischen Bildung und seines Sprachgefühls wichtig. Andererseits auch aus pragmatischen Gründen. CDU und SPD stellten zwei gleich starke Blöcke im Parlamentarischen Rat und daher war immer die Frage: Wem neigt sich Heuss als Fraktionsvorsitzender der fünf FDP-Vertreter zu. Nicht immer, aber im Regelfall gab das den Ausschlag. Heuss war somit das Zünglein an der Waage, legte aber großen Wert darauf, eigenständige liberale Positionen zu vertreten. Und er war, stärker noch als Schmid, immer in Kontakt mit allen.

Beide waren wortgewaltig. Da hatten sie sicherlich auch großen Einfluss auf Formulierungen?

Beide haben im Grundgesetz großen Wert auf eine einfache, klare Sprache gelegt. Der größere Fachmann war Schmid und als Vorsitzender des Hauptausschusses auch mit Formulieren betraut. Heuss hat durch seine verbindliche Art und  klare Positionen auch Einiges erreicht.

Welchen Stellenwert hatte die Mitwirkung im Parlamentarischen Rat in der Biografie der beiden?

Für Schmid war es der Höhepunkt seiner politischen Karriere und, bösartig gesagt, auch der Endpunkt. Er hat später noch viele Positionen bekleidet. Aber keine von so tragender Bedeutung, wie es seiner Kompetenz, seiner Intelligenz und seinem Wissen angemessen gewesen wäre.

Das war bei Heuss anders …

Ganz anders. Ohne Parlamentarischen Rat wäre Heuss nie Bundespräsident geworden. Der hat ihn erst zu einer nationalen Figur gemacht.

Welche Bedeutung hatte das Grundgesetz für die Entstehung des Südweststaats?

Für kein anderes Bundesland war das Grundgesetz von der elementaren Bedeutung wie für das spätere Baden-Württemberg. Damit verband sich insbesondere die Hoffnung, die durch die Aufteilung zwischen Amerikanern und Franzosen nach 1945 entstandenen Ländergrenzen zu verändern. Entscheidend dafür war der kurz vor der Verabschiedung des Grundgesetzes noch eingefügte Artikel 118. Ohne ihn gäbe es bis heute kein Baden-Württemberg.

Das Gespräch führte Christoph Müller

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