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Neue Parteien einst und jetzt
Kürzlich war ich bei einem wunderschönen Familienfest, Onkel Alfred wurde 90! Ich habe überschlagen: 60 Gäste waren da. Irgendwann kam mir dann die Idee: zwölf von ihnen müssen rechnerisch die AfD wählen; was für ein heikler Gedanke! Ich habe mir daraufhin jeden Einzelnen verstohlen angeschaut. Wer mag es wohl sein? Bis ich das dann in kleineren Gruppen direkt angesprochen habe.
Etwa 48 haben daraufhin laut postuliert, bei allem Frust über die etablierten Parteien, aber zum Schutz der Demokratie sei diese Partei nach wie vor unwählbar, eine Brandmauer zu ihnen unumgänglich! Zwölf haben leise vor sich hin geschwiegen. Zugegeben hat es keiner.
Zugegeben, ich habe das Phänomen AfD über die Jahre eigentlich sehr entspannt beobachtet. Ich dachte zunächst an die „Republikaner“, die uns in den 1990er-Jahren in Baden-Württemberg geschockt hatten; 1992 zogen sie mit 7,2 Prozent und lautem Getöse ins Landesparlament ein – und haben sich dann vier Jahre später aufgrund von Faulheit, innerer Zerstrittenheit und Inkompetenz selbst wieder aus dem politischen Geschäft verabschiedet. Zum anderen dachte ich auch an die Grünen; Huchgottchen, wie goldig waren die ersten bärtigen Waldschrate zusammen mit ihren strickenden, in wallende Tücher gewandeten Parteigenossinnen! Was sind die Grünen heute? Eine wertkonservative, von jeglichem Pazifismus befreite Bürgerpartei, die genauso ist wie die anderen, sich aber ein bisschen mehr um die Umwelt kümmert und sorgt.
Zwar halte ich es persönlich für gut, wenn jemand die etablierten Parteien herausfordert und unter Druck setzt; nichts anderes machen wir Kabarettisten ja auch. Der große Unterschied: Wir befinden uns dabei auf dem Tableau der demokratischen Vereinbarung, haben keine faschistischen Anknüpfungspunkte, fordern keine Remigration unserer Mitbürger, sondern versuchen, diesen in Würde und Respekt zu begegnen, und wir freuen uns von Herzen über die „Windräder der Schande“, weil sie helfen, weniger Öl, Kohle und Gas verbrennen zu müssen und so die Welt vielleicht für unsere Kinder und Kindeskinder ein bisschen liebenswerter zu gestalten. Man möge diese feinen Unterschiede bei der nächsten Bundestagswahl beachten!