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Duftstoffe als Navigator und Diebstahlsicherung

Manche Blüten haben eine Art Diebstahlsicherung für Hummeln eingebaut, wie Forscher in Ulm herausfanden.
Imago/imageBROKER/Wilfried Martin)„Do ut des“. Ich gebe, damit Du gibst. Das Prinzip der Gegenseitigkeit haben schon die Römer auf eine einfache Formel gebracht. Doch viele wollen eine Gegenleistung schuldigbleiben – unter Menschen, im Tierreich und in der Pflanzenwelt. Also sind Vorkehrungen nötig.
Einem raffinierten Trick sind nun Ulmer Forscher auf die Spur gekommen. Springkraut-Blüten führen demnach Hummeln mit einem ausgeklügelten chemischen Leitsystem zum Nektar. Vor allem aber verhindern sie damit auch, dass die Insekten ihn bekommen, ohne zuvor ihre Arbeit als Bestäuberinnen zu verrichten. Das sieht so aus: Um Fluginsekten anzulocken und ihnen den Weg zu Pollen und Nektar zu weisen, geben Blüten leichtflüchtige organische Substanzen als Duftstoffe ab.
Pflanzen legen eine Art Landkarte in ihren Blüten an
Nicht nur in die Luft, sondern auch in den Nektar. „Wir konnten erstmals zeigen, dass Pflanzen eine Art chemosensorische Landkarte in ihren Blüten anlegen“, erläutert Kim Heuel, Erstautorin der Studie. „Bestimmte Duftstoffe – manche zum Riechen, andere zum Schmecken – kommen ausschließlich im Nektar vor und leiten die Bestäuber wie ein Navigationssystem zum Ziel.“
Die Wissenschaftler untersuchten Springkraut-Arten mit gebogenem Nektarsporn. Während einige Hummeln tief in die Blüte kriechen, um an den Nektar zu kommen, und dabei nebenbei die Blüte bestäuben, nehmen andere eine Abkürzung: Sie beißen von außen ein Loch in den Nektarsporn. So werden sie zu „Nektardieben“, denn ihre Gegenleistung – die Bestäubung – unterbleibt.
Springkräuter besitzen eine Art Diebstahlsicherung
Doch dagegen haben die Springkräuter eine Art Diebstahlsicherung eingebaut. Das zeigen Verhaltensexperimente mit unerfahrenen Hummeln, die erstmals die Blüten erkunden. Diese reagieren auf die flüchtigen organischen Verbindungen unterschiedlich – je nachdem, ob sie diese als Duft- oder Geschmacksstoff wahrnehmen.
„Typische Nektarduftstoffe wie Vanillin schmeckten den Hummeln gut, während sie die Duftstoffe aus anderen Blütenteilen wie dem Nektarsporn eher mieden“, so Hannah Burger vom Institut für Evolutionsökologie, die die Studie koordiniert hat. Willkommene Folge: „Es schreckt Nektardiebe durch unangenehm schmeckende Substanzen in der Blütenwand ab“, erklärt Burger. „Die Pflanzen haben eine Art chemischen Türsteher entwickelt.“ Unterschätze nie eine Pflanze!