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Luftfilteranlagen für Schulen: Das raten Experten für die Anschaffung
STUTTGART. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine Kultusministerin Theresa Schopper (beide Grüne) hatten sich bislang skeptisch über die Wirkung von mobilen Luftfilteranlagen geäußert, die etwa 3000 bis 4000 Euro kosten sollen. Vertreter von SPD, FDP und Lehrerverbänden hatten dagegen die Anschaffung solcher Raumluftfilter gefordert. Nun hat der Regierungschef am Montag dafür ein Förderprogramm von 60 Millionen Euro angekündigt. „Das liegt in der Entscheidungshoheit der Kommunen. Ob, wann und wie sie das machen, das entscheiden sie selber“, sagte der Regierungschef. Immerhin sollen die Kommunen als Schulträger die Hälfte der Kosten für die Anschaffung der Geräte mitfinanzieren.
Das Umweltbundesamt hatte zu raumlufttechnischen (RLT-) Anlagen für Schulen bereits eine Stellungnahme abgegeben. „Mobile Luftreinigungsgeräte sind je nach technischer Auslegung (Prinzip; Dimensionierung) in der Lage, Viren aus der angesaugten Luft zu entfernen, beziehungsweise zu inaktivieren. Allerdings hängt ihre Wirksamkeit in realen Räumen neben den technischen Spezifikationen auch von den Aufstellbedingungen vor Ort und von der Luftausbreitung im Raum ab“, schreibt das Amt in einem Papier.
Danach unterscheiden die Experten vier technische Optionen bei mobilen Luftreinigungsgeräten:
• Filtertechnologien
• UV-C Technologien
• Ionisations- und Plasmatechnologien
• Ozontechnologien
1. Filtertechnologie
Mobile Filtergeräte sollten möglichst mit hocheffizienten Gewebefiltern (Filterklassen H 13 oder H 14) ausgestattet sein, da nur diese eine vollständige Entfernung von Viren aus der durch das Gerät gesaugten Luft gewährleisten. Um die bestmögliche Wirkung zu erzielen, müssen die Filter nach einer gewissen Betriebszeit gewechselt werden. Je nach Staub- und Partikelbelastung kann das nach einem halben bis einem Jahr der Fall sein. Hierzu sind Fachkenntnisse oder geschultes Personal erforderlich. Um keinen störenden Geräuschpegel im Raum entstehen zu lassen, sollten vor Beschaffungen Kenndaten zur Geräuschentwicklung vom Hersteller eingeholt werden.
2. UV-C Technologie
UV-C Strahlung ist in der Lage, Mikroorganismen wie Bakterien und Viren zu inaktivieren. Geräte mit UV-C Strahlungsquellen werden schon seit langem zur Entkeimung von Oberflächen eingesetzt. Für die Wirksamkeit gegen infektiöse Aerosole in einem Innenraum ist entscheidend, ob ein Gerät ein ausreichend großes Luftvolumen desinfizieren und die gereinigte Luft gut im Raum zirkulieren kann. Die Wirksamkeit ist abhängig von der Bestrahlungsintensität. Für Augen und Haut stellt UV-C Strahlung ein gesundheitliches Risiko dar. Deshalb sollten die Geräte in Schulen nur eingesetzt werden, wenn gesichert ist, dass kein UV-Licht in den Raum freigesetzt werden kann. Mobile Geräte mit UV-C-Technik haben gegenüber solchen mit Filtration den Vorteil der meist geringeren Geräuschentwicklung im Betrieb.
3. Ionisations- und Plasmatechnologie
Auch Ionisation und Plasma sind in der Lage, Mikroorganismen wie Bakterien und Viren zu inaktivieren. Im Rahmen von Luftreinigungsanlagen findet diese Technologie seit vielen Jahren Anwendung. Tendenziell sind die Geräte wartungsärmer als solche mit Filtration, weil keine Filter zu ersetzen sind. Auch die Geräuschentwicklung ist geringer. Dem UBA liegen derzeit jedoch keine Daten vor, ob der Luftdurchsatz und die Effizienz der im Handel befindlichen Geräte ausreichen, um einen ausreichenden Schutz gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 in großen und dicht belegten Innenräumen wie Klassenräumen zu gewährleisten.
4. Ozontechnologie
Eine gezielte Behandlung von Raumluft mit Ozon lehnt das UBA ab. Ozon ist ein Reizgas und kann mit anderen Stoffen, allen voran mit flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), chemisch reagieren und dabei unbekannte Folgeprodukte bilden. Diese Kategorie von Luftreinigern ist ungeeignet für eine Anwendung in Räumen, in denen sich Personen befinden.
Fazit des Bundesumweltamts
Zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit mobiler Luftreinigungsgeräte raten die UBA-Experten, Prüfnachweise einzuholen, die zeigen, ob ein Gerät die geforderte Menge an keimfreier Luft (sechsfaches Raumvolumen pro Stunde) breitstellen kann. Im Fall von Techniken, welche ihre Wirkung durch Inaktivierung der Erreger entfalten, erfordern diese Prüfungen Versuche mit echten Erregern (Bakterien, Viren) unter den geplanten Betriebsbedingungen und nicht nur den grundsätzlichen Nachweis des Effekts unter Laborbedingungen, so die Behörde. Vor Beschaffungen empfiehlt sie, entsprechende Prüfnachweise der Geräte unter Realbedingungen von den Herstellern einzuholen.
Und noch eine weitere Einschränkung des UBA ist zu beachten: Da mobile Luftreinigungsgeräte nicht das in Klassenräumen anfallende Kohlendioxid und den Wasserdampf aus der Raumluft entfernen, können sie nicht als vollständigen Ersatz für Lüftungsmaßnahmen eingesetzt werden, sondern allenfalls als Ergänzung.