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Industriemagazin der Stadt Reutlingen zeigt Exponate der Wirtschaftsgeschichte

Im 19. Jahrhundert war Reutlingen schon ein bedeutender Wirtschaftsstandort, etwa für Maschinenbau und Textilproduktion. Davon zeugen heute noch Exponate im Industriemagazin der Stadt. Unter anderem sind dort alte Maschinen und Webstühle zu sehen - so etwa eine der ältesten Dampfmaschinen Süddeutschlands.

Reutlingen war im 19. Jahrhundert für seine Textilprodukte bekannt.

Regine Gerst)

Reutlingen. Das Industriemagazin in den alten Shedhallen der Reutlinger Metalltuchfabrik Christian Wandel ist eine Außenstelle des Heimatmuseums Reutlingen . Hier stehen viele alte Maschinen aneinandergereiht. Sie geben einen Einblick in vergangene Arbeitswelten und die überaus erfolgreiche Industriegeschichte der einst über hundert ortsansässigen Firmen.

Ehemalige Mitarbeiter aus Reutlinger Unternehmen und Firmen der Region halten die Maschinen ehrenamtlich instand. Auf Wunsch erläutern sie deren Funktionsweisen.

Eine der ältesten Dampfmaschinen Süddeutschlands ist zu sehen

Unweit vom Museumseingang befindet sich eine der ältesten Dampfmaschinen Süddeutschlands. Bis Ende der 1950er-Jahre war die Maschine der Firma Kohllöffel in der Färberei Fischer in der Reutlinger Albstraße in Betrieb. Seit über 30 Jahren nun im Besitz des Heimatmuseums, wird sie im Industriemagazin ohne Kessel durch einen Elektromotor und Autoreifen angetrieben – und ist trotzdem ganz schön laut.

Lärm machen auch die vielen Werkzeugmaschinen, so etwa Bohrmaschinen, Fräsen und Drehbänke. Sie revolutionierten seinerzeit die Metallverarbeitung und ermöglichten eine immer präzisere Ausführung in größerer Stückzahl und in immer zahlreicheren Varianten. In den 1920er-Jahren kosteten ausgeklügelte Werkzeugmaschinen gern mehrere Tausend Reichsmark. Durch die damalige Inflation mussten die Preise zum Teil noch während der Herstellung angepasst werden. Gebaut wurde gegen mündliche Bestellung. Geliefert wurde, wenn die Maschine fertig war – ohne verbindlichen Termin, was heute undenkbar ist.

Den Anfang der Maschinenherstellung in Reutlingen machte der Papierfabrikant Gottlob Christian Braun, der ab 1832 Maschinen für die Papierindustrie herstellte. Besonders beeindruckend ist der Metallwebstuhl der Metalltuch- und Maschinenfabrik Hermann Wangner aus dem Jahr 1849. Auf diesem Metallwebstuhl wurden Metalltücher – Siebe für Papierherstellung aus Metalldraht hergestellt. Die Arbeit war kraftraubend und erforderte ein hohes Maß an Konzentration. Gewoben wurde in liegender Haltung auf dem Bauch. Papiersiebe durften keinerlei Webfehler aufweisen, da das Papier sonst Risse und Löcher bekam.

Einst war Reutlingen eine Hochburg der Textilindustrie

Begünstigt durch das Aufblühen der Textilindustrie im 19. Jahrhundert kam es auch in der Reutlinger Textilindustrie zu immer mehr Firmengründungen. Hergestellt wurden Handwebstühle, mechanische Webstühle oder Jacquardwebstühle, später etwa Anknotmaschinen und vollautomatische Strickmaschinen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zählte Reutlingen 258 Textilbetriebe. Die Firma Ulrich Gminder gehörte bald zu den führenden Unternehmen in Europa. Sie produzierte um 1914 in drei Webereien auf 2500 Webstühlen. 2009 beendete der letzte große Betrieb in der ehemaligen Textilhochburg seine Produktion.

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