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Wie viel Spiel ist zu viel? – Wie Geschichte in Gedenkstätten vermittelt werden kann
Karlsruhe. Die Spieler nehmen die Rolle Friedrich Eberts ein. Spielaufgabe ist, „durch strategisches Handeln die politischen Ziele Eberts umzusetzen und eine demokratische Grundordnung aufzubauen“, wie es auf der Homepage heißt. Das Serious Game „Friedrich Ebert – Der Weg zur Demokratie“ wurde von der Stiftung-Reichspräsident-Ebert Gedenkstätte in Heidelberg erstellt. Ein Serious Game ist so etwas wie die Königsklasse im Feld der spielerischen digitalen Politik- und Geschichtsvermittlung in Gedenkstätten. Was hier möglich ist und wie solche Vermittlungsangebote umgesetzt werden, darum geht es bei der Tagung zum Thema „Wie viel Spiel ist zu viel? Wege digitaler NS-Vermittlung im deutschen Südwesten“, die der Lernort Kislau am 1. März in Karlsruhe ausrichtet.
Das „Motion Comic“ ist eine Art Signatur des Lernorts Kislau
„Für ein Serious Game braucht es Ressourcen, finanziell und personell“, sagt Andrea Hoffend, wissenschaftliche Leiterin Lernort Kislau. „In der regionalen Dimension spielt das keine Rolle.“ Doch auch die Gedenkstätten im Südwesten gehen neue – digitale und spielerische – Wege, wenn es um die Vermittlung geht. Am Lernort Kislau selbst entsteht gerade die von der Zeichnerin Katja Reichert illustrierte Online-Quiz-Reihe „Geschichte bewegt“. Das Format „Motion Comic“ ist so etwas wie die Signatur des Lernorts Kislau: kurze, genau recherchierte, gezeichnete Bildgeschichten über Menschen, die sich in der Weimarer Republik in Baden für Demokratie, Gerechtigkeit und Menschlichkeit oder im Widerstand eingesetzt haben, die man etwa auch auf Youtube ansehen kann.
Das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg in Ulm hat eine virtuelle Lagerdarstellung und einen Medienguide zur topografischen Erschließung der KZ-Gedenkstätte erstellt. Die KZ-Geschichte von Neckarelz wird auch via Virtual Reality vermittelt. Doch es gibt ebenso Geocaches und Actionboundformate oder, wie in Tübingen, ein Room of Memorys. Im Stadtmuseum können sich Besucher interaktiv mit den Verbrechen der NS-Zeit in Tübingen auseinandersetzen.
Die Tagung soll auch Ideenbörse für die Gedenkstätten sein
„Man bewegt sich etwa bei den Motion Comics teils im semifiktionalen Bereich“, so Hoffend, „aber die Fakten sind historisch verbürgt. Im Serious Game dagegen werden Dinge hypothetisch möglich, die so nicht stattgefunden haben.“ Es stelle sich die Frage, „wie weit kann ich in den fiktiven Raum, wo sind historische, ethische Grenzen und was ist vom didaktischen Ansatz her sinnvoll?“. Die Tagung soll auch als eine Ideenbörse fungieren. Im Südwesten werden viele Gedenkstätten ehrenamtlich geführt, daher „wollen wir realistische Eindrücke vermitteln, was man machen kann“, so Hoffend.