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Landespreis

Hans Thoma ist nicht mehr der Namensgeber

Der Hans-Thoma-Preis wird in Zukunft Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg heißen. Grund ist, dass der bisherige Namensgeber „ein völkisch, antimodernes Weltbild“ verkörpert habe, wie das Kunstministerium mitteilte. Die Kunsthalle Karlsruhe, deren Direktor Thoma war, setzt vor allem auf eine konstruktive Auseinandersetzung.

Der Maler und ehemalige Direktor der Kunsthalle Karlsruhe, Hans Thoma, hier auf einem Selbstbildnis, darf wegen seiner antisemitischen Äußerungen und völkisch-nationalen Gesinnung nicht mehr Namenspatron des baden-württembergischen Landespreises sein.

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe)

Stuttgart. Umbenennungen von Straßen und Einrichtungen oder die Diskussion darum sind seit geraumer Zeit keine Seltenheit. Vor rund zwei Jahren etwa beantragten Studierende die Streichung von Graf Eberhard und Herzog Karl Eugen von Württemberg aus dem Namen der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Dem einen wurde vor allem Antisemitismus vorgeworfen, dem anderen seine Beteiligung am Soldatenhandel. Doch der Senat hatte sich dagegen entschieden, da beide „insbesondere für die Universität“ Bedeutendes geleistet haben.

Beim Hans-Thoma-Preis, der seit 1950 vergeben wird, hat das Land nun gleich selber Nägel mit Köpfen gemacht: Ab sofort heißt dieser Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg. „Hans Thoma war ein bedeutender Künstler und eine wichtige Persönlichkeit im kulturellen Gedächtnis unseres Landes. Allerdings ist durch die Recherchen der vergangenen Jahre immer deutlicher geworden, dass er auch Ansichten vertrat, die im Widerspruch zur Ausrichtung unseres Preises stehen“, sagt dazu Kunstministerin Petra Olschowski (Grüne).

Thomas Haltung war eher reaktionär, nicht innovativ

Der Maler Thoma habe ein völkisch, antimodernes Weltbild verkörpert, bei öffentlichen Debatten zeitweise Positionen zugunsten reaktionärer Kreise vertreten, „und er äußerte sich auch antisemitisch“, so Olschowski weiter. „Dies steht im Widerspruch zum Kunstpreis des Landes Baden-Württemberg, der gerade innovative Positionen auszeichnet.“

Besagte Recherchen gehen auf eine Studie zu Thoma zurück, die das Ministerium bei Frank Engehausen, Professor an der Universität Heidelberg, in Auftrag gegeben hatte und 2022 veröffentlicht wurde. Die Autorinnen und Autoren hatten auf antisemitische Äußerungen seitens des Künstlers, insbesondere in Briefwechseln mit Cosima Wagner, und auf Belege seiner völkisch-nationalen Gesinnung hingewiesen.

Doch erst als sich der Künstler Marcel van Eeden, Träger des Hans-Thoma-Preises 2023 und Rektor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, in seiner Preisträger-Ausstellung mit Thoma künstlerisch auseinandersetzte, bemerkte man die Brisanz. Van Eeden habe einen neuen Blick auf Thoma eröffnet, indem er sich mit einer bislang wenig beleuchteten Seite künstlerisch auseinandersetzt, heißt es seitens des Kunstministeriums. Van Eeden habe einen Beitrag geleistet „zur biographischen Aufarbeitung und kritischen Reflexion des Künstlers und dessen Funktion als Namensgeber des wichtigsten Kunstpreises in Baden-Württemberg“.

Die Kunsthalle Karlsruhe, wo Thoma von 1899 bis 1919 Direktor war und die auch im Besitz von Thoma-Werken ist, beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema. „Thoma hat gute Bilder gemalt, aber auch weniger gute, und seine Haltung im höheren Alter wird aus heutiger Sicht problematisch“, sagt Frédéric Bußmann, seit August 2023 Direktor der Kunsthalle.

„Wenn man Ende des 19. Jahrhunderts überspitzt gesagt blonde, blauäugige Kinder auf der grünen Wiese malt, ist das nicht völlig harmlos“, sagt Bußmann. In einer Zeit, in der es um Industrialisierung gehe, um soziale und politische Kämpfe, Arbeitsmigration, habe das einen gewissen Eskapismus und idealisiere auch einen bestimmten Menschentypus in friedlicher Idylle. „Die Frage für uns ist, wie kann man sich mit so einem Künstler, der durchaus seine Qualitäten hat, angemessen auseinandersetzen?“

Gemeinsam mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg veranstaltet die Kunsthalle am 3. Mai bei einer Tagung in Karlsruhe zum Thema. Außerdem ist eine Kabinettausstellung geplant, die sich mit der Ankaufspolitik des Kunsthallen-Direktors Thoma befasst. Und 2025 steht ein wissenschaftliches Symposium zum Thema auf dem Programm.

Zum 100. Todestag Thomas wird die Schau in Bernau neu konzipiert

In Bernau im Schwarzwald, wo Thoma geboren wurde und der Preis verliehen wird, wird anlässlich Thomas 100. Todestag und zum 75-jährigen Bestehen des Hans-Thoma-Kunstmuseums die Dauerausstellung neu konzipiert. Die neuen Erkenntnisse sollen mit einfließen. Ebenso hat das Augustinermuseum in Freiburg eine Thoma-Schau angekündigt.

„Die Auseinandersetzung der Museen mit der eigenen Geschichte ist kein neues Phänomen“, sagt Bußmann. „Es ist ein konstantes Lernen und Reflektieren der eigenen Bedingungen und Umwelt. Jede Generation schaut auf‘s Neue, auch anders auf die Dinge. Das ist eine gesunde Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Gegenwart.“

Einst war der Preis nur für badische Künstler vorgesehen

Den Hans-Thoma-Preis gibt es seit 1949. Der damalige badische Staatspräsident Leo Wohleb hatte die Stiftung des Preises bei einem Fest der Gemeinde Bernau zur Feier des 110. Geburtstages von Hans Thoma verkündet. Erstmals wurde er am 15. August 1950 verliehen. Seit der Gründung des Landes Baden-Württemberg im Jahr 1952 wurde er für das gesamte Land verliehen. Vergeben wird er seit 1971 alle zwei Jahre, seit Sommer 2022 ist er mit 25.000 Euro dotiert.

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