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Sanierungsstau bei Kulturhäusern

Nationaltheater Mannheim: Sanierung in Krisenzeiten ist ein Hindernisparcours

Angesichts der weltweiten Krisen steigen die Kosten gerade auch im Bausektor kontinuierlich. Die Kulturbranche trifft das hart, denn der Sanierungsstau bei Kulturhäusern im Land ist groß. Auch das Nationaltheater Mannheim hat im Zug seiner Sanierung mit zahlreichen Hindernissen zu kämpfen.

Das Nationaltheater Mannheim ist seit 1839 ein kommunales Theater. Der aktuelle Bau stammt aus dem Jahr 1957 und steht unter Denkmalschutz. Foto: Nationaltheater Mannheim

Privat)

Mannheim. Vergangene Woche haben die Stadt Mannheim und das Nationaltheater Mannheim (NTM) als Tochter der Stadt eine gemeinsame Pressemitteilung verfasst. Das Nationaltheater verzichte auf den Neubau des Zentrallagers, heißt es darin. Die „finanziellen Mittel sollen zugunsten der Sanierung des Spielhauses umgeschichtet werden“. Grund sind die steigenden Kosten.

„Das haben wir gemacht, um einen Baustopp zu vermeiden“, sagt Tilmann Pröllochs, Geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters Mannheim. „Ich kann nur hoffen, dass wir den Bau nur verschieben. Denn in der ganzen Generalsanierungsdiskussion war das der Baustein, der uns im Betrieb unter Wirtschaftlichkeitsaspekten am meisten gebracht hätte. Durch die Zentralisierung der Lager an einen Ort hätten wir Personalkapazitäten effizienter einsetzen und die Logistik besser organisieren können.“ Außerdem war vorgesehen, auf eine Elektro-Lkw-Flotte umzusteigen. „Das heißt, wir hätten auch in Sachen Nachhaltigkeit punkten, den ökologischen Fußabdruck verringern können.“

Bereits begonnene Bauprojekte haben Vorrang

Momentan gibt es keinen anderen Ausweg. „Die schwierige Haushaltslage zwingt uns dazu, alle laufenden und geplanten Vorhaben neu zu bewerten und an die finanziellen Möglichkeiten anzupassen“, so Oberbürgermeister Christian Specht (CDU).

„Unser Ziel muss es sein, bereits begonnene Bauprojekte fertigzustellen.“ Ursprünglich wurden für die Generalsanierung des NTM 247,08 Millionen Euro veranschlagt. Unterstützung kommt dafür vom Bund in Höhe von 80 Millionen Euro, vom Land in Höhe von 40 Millionen Euro. 40 Millionen Euro waren für die Logistikmaßnahmen beschlossen, darunter der Umbau des Probenzentrums Neckarau, das Erstellen von Interimsprobestätten und der Bau des Zentrallagers. Außerdem waren Mittel von rund 30 Millionen Euro für die Interimsspielstätten veranschlagt. Geplant war für die Sanierung eine Bauzeit von 2022 bis 2027.

Die aktuelle Prognose der Kostensteigerungen geht nun von 62,5 Millionen Euro aus. Die Gründe: Kampfmittelsondierungen, etlichen Schadstofffunde, zuletzt die zusätzliche Wasserhaltung wegen angestiegenem Grundwasserpegel und Schichtenwasser – das kostet nicht nur viel Geld, sondern hat den Bau auch um ein Jahr verzögert. Weiterhin gab es Probleme beim Neubau der Interimsspielstätte OPAL am Luisenpark für Oper und Tanz: Der Totalunternehmer Metron Vilshofen meldete Insolvenz an und hinterließ ein fehlerhaftes Baugerippe. Daraufhin beschloss das NTM, die Leichtbauhalle in Eigenregie fertigzustellen. Immerhin: Die Interimsspielstätte ist wiederverwendbar und könnte für andere Kommunen mit Sanierungsplänen interessant sein. Es gebe sowohl Nachfrage nach Interimsspielstätten in anderen Städten als auch Ideen für eine Nachnutzung vor Ort.

Nach der Mittelumschichtung verbleibt nun aktuell noch eine prognostizierte Differenz von 39,5 Millionen Euro für die Sanierung. Der Bund hat bislang eine weitere Förderung abgelehnt. „Im nächsten Jahr müssen wir eine Offensive starten, die noch mehr Geld generiert“, so Pröllochs. „Wir brauchen sowohl Großspender als auch die Möglichkeit für alle Theaterbesuchenden, dass sie den Ticketpreis aufrunden können, um uns zu unterstützen. Und wir werden Gespräche mit der Politik auf allen Ebenen weiterführen.“

Fortschritte der Sanierung sind im Internet für jeden einsehbar

Währenddessen kann die Öffentlichkeit die Fortschritte, aber auch Schwierigkeiten der Sanierung im Internet verfolgen. Für die Öffentlichkeitsarbeit wurde extra eine eigene Stelle geschaffen. „Die Öffnung ist bei uns programmatisch Bestandteil“, so Pröllochs. „Aus der Corona-Pandemie kommend, durch die ausfallende Spielstätte und die für alle neue Interimssituation sind wir bei den Menschen in der Wahrnehmung etwas nach hinten gerutscht. Es gibt sehr viel zu kommunizieren, das zeigt gerade auch der Dialog mit der direkten Nachbarschaft.“

Etwa auch im Hinblick auf den Goetheplatz, der ebenfalls klimaresilient und grüner gestaltet werden soll. „Die Anwohner wünschen sich, dass der Platz mehr Aufenthaltsqualität bekommt. Alle die den Platz kennen, wissen, wie heiß es im Sommer dort ist“, so Pröllochs. Auch deshalb engagiere sich die Stadt im Rahmen des Green Deal. „Für eine der heißesten Städte Deutschlands wäre es extrem wichtig, den Luisenpark noch weiter auf den Goetheplatz zu ziehen und grüner zu machen, um nicht noch heißer zu werden. Hier ist der Austausch mit den Fachleuten sowie Bürgern und Bürgerinnen besonders wichtig. Das Thema nicht zu bedenken, wäre ein Riesenfehler.“

Der Gemeinderat hat der Empfehlung des Hauptausschusses zur Umschichtung am Dienstag zugestimmt. Aber auch der Wirtschaftsplan des NTM wurde um 500 000 Euro gekürzt. Das dürfte für die Theatermacher angesichts der dezentralen Situation zur Unzeit kommen.

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