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Sanierung und Erweiterung der Staatstheater

Opernhaus-Sanierung: Damit der Vorhang nicht fällt

„Wir werden gemeinsam mit den Städten Stuttgart und Karlsruhe die Sanierung und Erweiterung der Staatstheater vorantreiben“, heißt es im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU von 2021. Tatsächlich aber geht es nur in Karlsruhe voran. Im Badischen Staatstheater gibt es sogar Baustellenführungen. Auch die sind teuer, aber ein Ende ist absehbar. Für Stuttgart gilt ganz anderes.

Der Schein trügt: Das Opernhaus in Stuttgart, Heimstätte von Oper mit Ballett mit internationaler Reputation, muss saniert und modernisiert werden.

Joachim Röttgers)

St uttgart. Vor inzwischen einem Vierteljahrhundert hat der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater ProWST den Sanierungsbedarf festgestellt. Das Kleine Haus hat im Jahr 2013 verspätet und keineswegs ohne Probleme, aber dann doch den Betrieb wieder aufgenommen. Das Große Haus hingegen muss weiter warten – mit unabsehbaren Folgen. Denn nachdem die verantwortliche Projektgesellschaft ihre überarbeiteten Planungen für eine Ausweichspielstätte an den Wagenhallen im Stuttgarter Norden vorgestellt hatte, ist die Hängepartie nun offiziell bestätigt.

Stadt und Land schieben die Verantwortung von sich

Der Bau des Ausweichquartiers muss später starten, und der Littmann-Bau länger bespielt werden als geplant. CDU-OB Frank Nopper steht unter erheblichem Druck und versucht, die Verantwortung von sich zu wegzuschieben. „Die Stadtverwaltung treibt die Entwicklung und Umsetzung seit Jahren in einer interdisziplinären Arbeitsstruktur voran“, beteuert Grünen-Baubürgermeister Peter Pätzold. Das Land als zweiter Träger der Staatstheater ist ebenfalls um Schadenbegrenzung bemüht.

Derweil dringen alte, längst durchgerechnete und abgelehnte Vorschläge aus den Kulissen. Martin Rivoir, der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, verlangt ein „sofortiges Moratorium“, um insbesondere die verworfene Variante des Neubaus eines Opernhauses mit anschließender Sanierung der heutigen Heimstätte ins Spiel zu bringen. Und Rivoir wagt sogar eine Prognose: „Dieser Weg wird kostengünstiger und berechenbarer sein, um möglichst rasch eine der künstlerischen Qualitäten von Oper und Ballett angemessene Spielstätte zu schaffen.“

Beschäftigte, die politischen Entscheider und gar nicht zuletzt das Publikum müssen darauf hoffen, dass zumindest ein vager Zeitplan für das weitere Vorgehen im Blick bleibt, damit der Vorhang nicht fällt.

„Hinter High-Tech muss High-Culture geschaltet werden, um als Standort attraktiv zu bleiben“, sagt Lothar Späth (CDU), Ministerpräsident von Baden-Württemberg von 1978 bis 1991.

Über dem Opernhaus schwebt ein Damoklesschwert

Denn über dem Großen Haus schwebt ein Damoklesschwert, von dem sich Außenstehende nur selten ein Bild machen können. Es geht um mehr als um die auch inakzeptablen viel zu kleinen Probenräume, um veraltete Technik, die nur noch durch Marke Eigenbau repariert werden kann. Und darum, dass dieses Theater, das der große Max Reinhardt einst als schönstes der Welt pries, für 800 Beschäftigte ausgelegt ist, heute aber gut 1400 Menschen darin arbeiten.

Stuttgart und die Stadtbevölkerung waren sensibilisiert durch die Schließung des Fernsehturms aus Brandschutz-Gründen, als sich, angeführt vom damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Nils Schmid (SPD), im Winter 2016 eine Delegation von Fach- und Medienleuten ein Bild von der Oper abseits der Bühne machten. Von einer „Negativführung“ sprach am Ende Marc-Oliver Hendriks, damals wie heute Geschäftsführender Intendant der Staatstheater. Unter dem Dach etwa, das inzwischen ein Sturm bekanntlich in den Eckensee wehte, lagen wahre Kabel-Autobahnen aufeinander, die schon längst kein Elektriker mehr antasten wollte. Experten waren sich einig, dass das Thema Brandschutz so lange im Griff zu halten ist, wie ein Ende des Spielbetriebs im unsanierten Haus abzusehen ist. Rückt der in immer weitere Ferne, könnte es dem Littmann-Bau ergehen wie dem Fernsehturm, weil ein Weiterbetrieb nicht zu verantworten ist.

Bislang will das grün-geführte Wissenschaftsministerium das Bewusstsein für die alarmierenden Zustände wachhalten. Ein „Augen zu und durch“ dürfe es nicht geben, sagt ein Sprecher, ein Moratorium infolge der chronischen Verzögerungen allerdings auch nicht. Und schon gar keinen Neubau an anderer Stelle, weil der, da stimmen die Verantwortlichen beim Land und die Projektgesellschaft überein, auf keinen Fall billiger würde. Stattdessen wird nach Einsparpotenzialen gesucht.

Und eins zeichnet sich schmerzlich ohnehin ab: Das so oft als „Oper des Jahres“ ausgezeichnete Große Haus wird künstlerische Abstriche machen müssen, weit über das Fehlen der Kreuzbühne zum unkomplizierten Umbau von Szenerien und der Enge hinter der Bühne hinaus. Denn Hendriks befürchtet eine verlängerte Sommerpause ab dem Jahr 2027, weil Überbrückungsarbeiten bis zur tatsächlichen Sanierung nötig werden. Nach dem neuen Zeitplan für den Bau der Ausweichstätte sei die Planungsgrundlage zwar klar, sagt er und spricht eine große Befürchtung ganz gelassen aus: „Das ist aber noch keine Grundlage für einen sicheren Spielbetrieb.“

„Wenn wir internationale Spitzenkräfte haben wollen, wollen die gute Kultur geboten bekommen“, sagt Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Der Orchestergraben ist veraltet. Foto: Joachim Röttgers
Die Requisiten stehen neben der Bühne. Foto: Joachim Röttgers
Das vom Sturm zerstörte Dach der Oper. Foto: Joachim Röttgers

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