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Eva-Maria Seng: Neue Chefin für die Kunstakademie
Stuttgart. Mehr als eineinhalb Jahre war die Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (ABK) führungslos. Seit 1. Juni gibt es nun endlich wieder eine neue Chefin: Mit Eva-Maria Seng kommt eine vielfach ausgezeichnete Kunst- und Architekturhistorikerin sowie Empirische Kulturwissenschaftlerin an die Spitze.
Die Liste ihrer Titel ist lang: „Prof. Dr. Prof. h.c. mult.“ steht vor Eva-Maria Sengs Namen, „mult.“ steht dabei für mehrfache Ehrenprofessuren. Seng wurde 1961 in Ulm geboren. In Tübingen und München studierte sie Kunstgeschichte, Geschichte und Empirische Kulturwissenschaft, 1992 promovierte sie mit Auszeichnung zum evangelischen Kirchenbau im 19. Jahrhundert. „Ich hatte das Thema in einen sehr breiten Kontext eingeordnet, unter anderem in einem politischen und einen liturgischen“, sagt Seng. „Das war quasi eine Umkehrung dessen, was bislang in der Kunstgeschichte üblich war und hat mich weitergetragen, weil es neue Anschlusspunkte in benachbarte Fächer eröffnet hat.“
Danach wirkte sie an der Martin-Luther-Universität Halle am Aufbau des Kunsthistorischen Instituts mit. 2000 habilitierte sie sich mit einer Schrift über neue Ansätze im Städtebau des 16. und 17. Jahrhunderts. Nach einem Zwischenstopp als Lehrvertretung an der Universität in Zürich wurde sie 2006 an die Universität Paderborn berufen. Dort entwickelte und etablierte sie den Masterstudiengang Kulturerbe sowie das Kompetenzzentrum für Kulturerbe.
Weiterhin richtete sie im Auftrag des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen die Landesstelle Immaterielles Kulturerbe NRW ein und war immer wieder als Gastprofessorin tätig, etwa in Paris oder in Beijing.
Seng reizt die Mischung aus Akademie und Kunstschule
Seng engagiert sich in Gremien, Jurys und Kommissionen. Unter anderem ist sie Vertreterin der Kultusministerkonferenz der Länder in der Reflection Group „EU and Cultural Heritage“ und im Europarat, Kuratoriumsmitglied der Kulturstiftung der Länder sowie Mitglied der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg.
Dass sie nun nach Stuttgart gekommen ist, um die Stelle als Rektorin an der ABK anzutreten, hat verschiedene Gründe. „Ich wollte nochmal eine neue Herausforderung, eine Möglichkeit, die vielen Erfahrungen, die ich gemacht habe, einzubringen“, sagt Seng. Außerdem habe sie mit der ABK viele Berührungspunkte. „Die Mischung aus Akademie und angewandter Kunstschule ist mein Gebiet. Diese Interdisziplinarität und dieses Spannungsfeld mit vielen Designbereichen, mit der freien zeitgenössischen Kunst, der Architektur, dem großen Fächerspektrum, mit der Historie, der Lage am Weissenhof und den Herausforderungen – und nicht zuletzt der Standort Stuttgart, das hat mich gereizt.“
Herausforderungen gibt es derzeit einige: Viele Bereiche sind in andere Stadtteile ausgelagert und sollen auf einem erweiterten Campus zusammengeführt werden. Außerdem sind einige Gebäude in marodem Zustand und müssen saniert werden, ein Neubau ist in Planung.
Auf dem Campus soll ein Besucherzentrum entstehen
Und die IBA‘27 steht vor der Tür. Für die soll auf dem Campus ein Besucher- und Informationszentrum eingerichtet werden. „Außerdem müssen wir die Studiengänge immer wieder neu denken und transformieren, uns selbst definieren“, so Seng. „Die ABK muss sich sichtbarer machen und über ihre Mauern hinaus in die Gesellschaft hineinwirken. Wir müssen zeigen, wir sind kein Nice-to-have, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit.“
Derzeit ist Seng noch auf Wohnungssuche. Sie will sich in Stuttgart ganz niederlassen.