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In der Branche herrscht Unsicherheit
Stuttgart. „Die Filmschau hat sich von einer kleinen Initiative zum großen Baden-Württemberg-Filmfestival entwickelt“, sagt der Leiter der Filmschau Oliver Mahn. Es ist die Leistungsschau der Filmszene im Land. „Jedes Jahr gibt es etwas zu zeigen, jedes Jahr hat es sich gelohnt – und es wird immer viel mehr eingereicht, als wir zeigen können.“
Rund 200 Filme waren es heuer, aus der die Jury die Programmauswahl getroffen hat. Teilweise hat die Filmschau sogar Filmemacher „großgezogen“: Der integrierte Wettbewerb um den Jugendfilmpreis bietet jungen Filmbegeisterten ein erstes Forum, das durchaus zur Initialzündung für eine Karriere in der Filmbranche dient.
Der Standort ist stark im Bereich Trick und Visual Effects
Gerade im Bereich Bearbeitung, Trick und Visual Effects – auch für Hollywood-Produktionen – hat sich der Standort etabliert und auch eine Spitzenposition erarbeitet. Mit dem erstmals vergebenen, undotierten Preis für Beste Visual Effects wird das honoriert, ebenso spiegelt es sich im Ehrenpreis für Heiko Burkardsmaier, VFX Executive Producer und Head of Business/Legal Affairs bei Accenture Song VFX in Stuttgart. Dazu kommt der neue, mit 500 Euro dotierte Publikumspreis. Im Wettbewerb standen hier Kurzfilme, die auf der Tour des Kinomobil gezeigt und vom Publikum gekürt werden konnten.
Die Filmschau bildet mit ihrem Programm das ganze Spektrum der Filmszene ab. „Alles, was von den Filmhochschulen kommt, ist stark“, so Mahn, „ebenso der Trickfilmbereich. Der Spielfilm ist hier nicht die ganz große Sache, Dokufilme immer spannend.“ Die Filmschau dokumentiert das Gewicht und das Potenzial des Filmstandorts. Aber Mahn sieht auch Bedarfe. „Was der Standort braucht, ist mehr Geld, damit die Leute ihre Qualität zeigen können.“
Durch das Ampel-Aus in Berlin haben sich die Perspektiven in der Filmbranche verschlechtert. Die von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) auf den Weg gebrachte Reform der Bundesfilmförderung ist ins Stocken geraten, auch wenn sie für die Verabschiedung des von Bund und Ländern erarbeiteten Filmfördergesetzes wirbt: „Die umfassende Reform der Filmförderung ist von existenzieller Bedeutung für den Filmstandort Deutschland und für die gesamte Filmbranche hierzulande.“ Es brauche „eine gemeinsame, parteiübergreifende Kraftanstrengung“, so Roth, die sei „möglich, machbar und dringend notwendig“.
Schon Anfang November hatte die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) angemahnt, dass „eine nachhaltige Förderung von zentraler Bedeutung“ sei, „um die kulturelle Vielfalt und Innovationskraft des deutschen Films zu sichern“. Die Gültigkeit des Filmfördergesetzes müsse über den 31. Dezember 2024 hinaus gewährleistet bleiben und die im Entwurf des Bundeshaushalts vorgesehenen Förderungen für Produktion und Kinos in einem Haushaltsgesetz oder einer möglichen vorläufigen Haushaltsführung abgesichert werden. Andernfalls stünden Hunderttausende Arbeitsplätze in der Filmwirtschaft auf dem Spiel (siehe Kasten).
Filmhochschulen drängen auf Reform der Filmförderung
Ende vergangener Woche haben die Studierenden an den Filmhochschulen mit einem Brandbrief an die Bundesregierung nachgelegt: „Die Reform der Filmförderung in ihrer Gesamtheit ist unsere letzte Chance, die kulturelle Vielfalt, die Kreativität und die Arbeitsplätze unserer Branche zu retten“, heißt es. Ohne sie „wird der Filmstandort Deutschland den Anschluss an Europa und die Welt endgültig verlieren.“ Sie biete „wegweisende Änderungen, die längerfristige Stabilität versprechen und den Filmstandort Deutschland wirtschaftlich wieder attraktiv machen können“. Dazu gehören Steueranreize und Investitionsverpflichtungen, die internationale Produktionen anziehen und die deutsche Branche stärken, eine Förderlinie für den Nachwuchs und „nachhaltige Strukturen, die Innovation und ökologische Verantwortung in den Mittelpunkt stellen“.
Ob diesbezügliche Beschlüsse im Bundestag gefasst werden, ist offen, da die verbliebene Koalition aus SPD und Grünen keine eigene Mehrheit hat. Auch die Mitglieder des AStA der Filmakademie Baden-Württemberg Lea Staron, Julius Becher und Isabella Frank sowie deren Direktor Thomas Schadt erklären: „Wir wollen Geschichten erzählen, Hoffnung geben und Kultur bewahren. Ohne politische Unterstützung droht einer ganzen Generation von Filmschaffenden die Perspektive zu fehlen.“
Produktionsallianz spricht vom „Ausbluten des Standorts“
Laut Herbstumfrage 2024 der Produktionsallianz bewerten 77 Prozent (2023: 56 Prozent) der Unternehmen die wirtschaftliche Lage als schlecht oder sehr schlecht; 48 Prozent geben an, dass das Umsatzvolumen der Produktionsaufträge 2024 stark gesunken sei. Björn Böhning, Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz, spricht davon, dass sich die „dramatische Eintrübung der konjunkturellen Lage der Filmwirtschaft“ auch in diesem Jahr fortsetze. Die unklare Lage bei der Filmförderung drohe „alle Hoffnungen für das nächste Jahr abzuwürgen“. Die Gefahr: durch den hohen wirtschaftlichen Druck könnten viele Projekte ins Ausland abwandern. „Auch der künstlerische Erfolg verhindert dann nicht das Ausbluten des Produktionsstandortes Deutschland“, so Böhning.