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KI-Figuren erzählen von Bauern und Protesten
Stuttgart. Traktordemonstrationen, Kundgebungen, Mahnfeuer: Vor einem Jahr haben die Bauern die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, negativer Höhepunkt des Protests war die Absage des politischen Aschermittwochs der Grünen in Biberach. Rückblickend zieht Bernhard Bolkart, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, in einem Interview mit der Badischen Zeitung eine positive Bilanz: man habe in Politik und Gesellschaft Gehör gefunden und einiges durchsetzen können.
500 Jahre früher waren die Bauern im sogenannten Bauernkrieg weniger glücklich: Als sie sich in verschiedenen Regionen gegen die Obrigkeit erhoben und gegen drückende Pflichten und Lasten protestierten – zeitgemäß mit Dreschflegeln und Mistgabeln – hatten sie gegen die gegen sie eingesetzten Söldner keine Chance.
Doch der Vergleich der Ereignisse hinkt, es lohnt sich, genau hinzuschauen. Zum Jubiläum des Bauernkriegs von 1524/25 machen das verschiedene Kultureinrichtungen mit Ausstellungen und anderen Vermittlungsformaten. Im Bauernkriegsmuseum Böblingen läuft etwa bis zum 9. März die von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Bauernkriegsmuseen erstellte Wanderausstellung „Vom Aufbruch bis zum Ende“.
Im Mai beschäftigt sich eine Tagung mit dem Bauernkrieg
22 Köpfe des Bauernkrieges aus den Regionen der beteiligten elf Museen aus sechs Bundesländern werden vorgestellt. Ab April folgt eine Ausstellung zur Rezeption des Bauernkrieges und seine vielschichtige Deutung über die Zeiten. Am 9. Mai gibt es dann die öffentliche Tagung „Der Bauernkrieg verORTet – Personen, Entscheidungen, Schauplätze“ in Kooperation mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen.
Die Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn zeigt ab Februar die Ausstellung „Rebellion des gemeinen Mannes. 500 Jahre Bauernaufstand“, in der der Barbara-Altar des Malers Jerg Rathgeb im Mittelpunkt stehen wird. Ab Juni kann man sich historische Schauplätze des Bauernkrieges in Lauda-Königshofen (Main-Tauber-Kreis) auf dem neuen Bauernkrieg-Wanderweg erlaufen.
Das Landesmuseum Württemberg ist federführend mit der Großen Landesausstellung vom 26. April bis 5. Oktober 2025 „UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25“ im Kloster Schussenried dabei, die sich zu einem ganzen Bündel von Angeboten verdichtet (siehe Kasten). Neben den „klassischen“ Elementen aus zeitgenössischen Objekten und Exponaten wird für die Präsentation auch Künstliche Intelligenz (KI) genutzt, etwa in aufbereiteten Erzählelementen. Acht Persönlichkeiten der Zeit werden zum Leben erweckt – aber nicht als historisch getreue Rekonstruktionen, sondern sie „verbinden die Ästhetik von Kleidung und Habitus des 16. Jahrhunderts mit einer zeitgemäßen Bildsprache“, so die Ausstellungsmacher.
KI besitze „keinen eigenen Gestaltungswillen“, betont Christina Haak, Direktorin des Landesmuseum Württemberg. Es sei aber Aufgabe des Museums, „uns in den ästhetischen und ethischen Diskurs um die Nutzung von KI einzubringen und auf die aktuell problematische Rechtslage hinzuweisen“. Man setze sich daher für die Entwicklung fairer Rahmenbedingungen im Umgang mit KI ein.
Einsatz von KI soll neue Erkenntnisse liefern
Auch im Social-Media-Auftritt der Baderin Magdalena Scherer spielt KI eine Rolle. Die Kunstfigur gibt Einblick in ihre Stuttgarter Lebenswelt um 1525 und ihre Wahrnehmung der Ereignisse. Die kurzen, fiktiven Geschichten auf Instagram lassen sich das ganze Jubiläumsjahr verfolgen, ergänzt durch einen „Fakten-Kanal“, der historische Hintergründe liefert.
„Die KI ist ein Werkzeug unter vielen und bietet die Chance, bestehende Prozessketten in der musealen Arbeit zu hinterfragen und zu erweitern“, so Christian Gries, Leiter der Abteilung Digitale Museumspraxis im Landesmuseum. Ziel der digitalen Bauernkriegs-Projekte sei es daher auch, neue Erkenntnisse über Potenziale und Grenzen von KI in der Museumsarbeit zu gewinnen.
Große Landesausstellung an mehreren Orten
Die Große Landesausstellung setzt sich aus Einzelelementen zusammen: Die Ausstellung im Kloster Schussenried wird begleitet durch eine Story und Factsheets auf Instagram. Im Alten Schloss ergänzen die Erlebnisausstellung „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ und die Kinderausstellung „Zoff“ das Thema. Das Digitalprojekt „LAUTseit1525“ läuft seit September und wird über das Jahr fortgesetzt. Ab Mai geht „UFFRUR! … on the road“ als Roadshow zu 17 Orten des Bauernkriegs.