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SWR-Staatsvertrag: Jetzt ist die Meinung der Bürger gefragt
Stuttgart. Die Frist ist knapp gesetzt. Gerade mal insgesamt 20 Tage haben die Bürgerinnen und Bürger im Land sowie in Rheinland-Pfalz Zeit, sich mit dem von Vertretern beider Länder erarbeitete Entwurf der Staatsvertrags-Novelle für den Südwestrundfunk (SWR) zu befassen (siehe Kasten). Anmerkungen und Hinweise sind gefragt. Bis Redaktionsschluss standen indes gerade mal sieben Kommentare im Netz.
„Wir erwarten einen Schwerpunkt der Eingaben zum Ende der Anhörungsfrist am 26. November,“ sagt Rudi Hoogvliet. Der Medienstaatssekretär des Landes Baden-Württemberg und Bevollmächtigter des Landes beim Bund war, wie seine Kollegin aus Rheinland-Pfalz, Medienstaatssekretärin Heike Raab, am Entwurf maßgeblich beteiligt.
Die Doppelstrukturen sollen abgeschafft werden
„Man kann die Änderungen auf zwei Formeln bringen“, so Hoogvliet. „Zum einen soll die Fusion von SDR und SWF, die inzwischen 26 Jahre alt ist, endlich komplett vollzogen werden, zum anderen muss der SWR modernisiert werden.“ Es gebe immer noch Doppelstrukturen, etwa bei der Senderdirektion, die man langsam abschaffen könne. „Das ist auch im Sinn des SWR selbst, denn dadurch werden die Entscheidungswege schlanker, es müssen nicht die doppelte Zahl von Gremien befragt und Entscheidungsschleifen gedreht werden. Wir haben dann eine Anstalt, die auch in ihren Strukturen als eine Anstalt durchdekliniert ist.“
Außerdem brauche der SWR effizientere Strukturen und Abläufe. „Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, ein solch enges Korsett anzulegen, wie es der derzeitige Staatsvertrag noch tut“, befindet Hoogvliet. Etwa bei der Ausgestaltung der Hörfunkprogramme, wo relativ minutiös festgelegt werde, wie diese ausgeführt und ausgestaltet sein müssen. „Wir lassen dem Sender nun weitgehend freie Hand und das aus gutem Grund, wie ich finde. Die Programmmacher wissen besser, was sie machen müssen, um etwa jüngere Leute und bestimmte Bevölkerungsgruppen zu erreichen.“
Woran nicht gerüttelt wird, ist der Schwerpunkt auf Regionalität. Das heißt, die drei Standorte Stuttgart, Baden-Baden und Mainz bleiben erhalten, ebenso die spezifischen Landesprogramme und die Programme mit regionalen Nachrichten und Schwerpunkt auf regionale Identitäten.
„Das Programm wird nicht aufgeweicht, wir wollen kein Mischmasch aus allem. Der staatsvertragliche Auftrag wird geschärft und präzisiert“, betont Michael Ellwanger, Leiter des Medienreferats im Staatsministerium, der am Entwurf mitgearbeitet hat. „Es wird nach wie vor ein Mantelprogramm im Fernsehen geben, aber auch mehr Freiheiten, gerade im Hörfunkbereich, und damit korrespondierend mehr Verantwortung für den Sender. Angebote und Nutzungsverhalten ändern sich, daher ist es wichtig, dass die schnell reagieren können.“ Hoogvliet ergänzt: „Wir erhoffen uns dadurch einen schlagkräftigeren Sender, der sich besser entfalten und auf die heutigen Bedürfnisse der Gesellschaft eingehen kann.“
Der „prekärste Punkt“ der Novellierung seien, so Hoogvliet, indes die Änderungen im Rundfunk- und Verwaltungsrat. Der Plan: Der derzeit 74-köpfige Rundfunkrat, der „mit Abstand“ der größte Rundfunkrat in Deutschland ist, soll auf 52 Mitglieder reduziert, modernisiert und verjüngt werden. „Wir wollen einzelne gesellschaftliche Bereiche, die bislang nicht berücksichtigt sind, wie die Digitalwirtschaft und die LGBTQ-Gemeinde mit einbeziehen und nicht nur Verbänden, Organisationen und Institutionen einen Sitz geben, sondern drei Sitze für Bürgerinnen und Bürger im Alter von 18 bis 25 Jahren vorbehalten, denn längst nicht alle fühlen sich von den Einrichtungen repräsentiert“, so Hoogvliet.
In den Verwaltungsrat sollen Experten einziehen
Und auch der Verwaltungsrat soll schrumpfen – von derzeit 18 auf 12 Mitglieder. Die wurden bislang vom Rundfunkrat, von den Parlamenten und Landesregierungen entsendet. In Zukunft sollen neben einem Personalrat, zwei Personen aus den jeweiligen Landtagen und zwei aus den Landesregierungen juristische, wirtschaftliche, medienwissenschaftliche und Controll-Expertise einziehen. „Diese Expertinnen und Experten sind nicht zwingend beziehungsweise wahrscheinlich gar nicht Mitglied des Rundfunkrats“, so Hoogvliet. „So bekommen wir ein Gremium, dass ganz genau hinschauen und auch mit einem klaren fachlichen Background das Geschäftsgebaren des SWR bewerten kann.“
Die Novellierung sei umfassend, so Hoogvliet, aber wie immer stecke der Teufel im Detail. „Natürlich wird es da noch jede Menge Diskussionen geben. Ich erwarte auch noch im Lauf der Anhörung Kritik, Vorschläge, Impulse, Anmerkungen. Aber das ist nichts Ungewöhnliches.“
Öffentliche Anhörung
Der Südwestrundfunk (SWR) entstand 1998 als Fusion aus Süddeutschem Rundfunk und Südwestfunk. Die letzte Novellierung des SWR-Staatsvertrags war vor rund zehn Jahren. Die jetzige Novellierung sieht eine grundlegende Reform hin zu einem modernen, leistungsfähigen Medienhaus vor. Der gemeinsam von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erarbeitete Entwurf steht auf dem Beteiligungsportal des Landes zur Einsicht bis zum 26. November bereit.