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Provenienzforschung

Das Landesmuseum blickt auf die eigene Rolle zur NS-Zeit

Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe zeigt die Sonderausstellung „Unrecht & Profit“. Darin sind zum einen mehr als 70 Objekte zu sehen, die ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen wurden. Zum anderen werden Ergebnisse der Provenienzforschung zum Schicksal der Objekte und ihrer früheren, meist jüdischen Besitzer präsentiert.

Die Figur des Glücksgotte Daikoku ist in der Schau zu sehen.

Badisches Landesmuseum)

Karlsruhe. Noch weilt das Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss. Ende des Jahres wird dann abgebaut, gepackt und in die Kunsthalle Baden-Baden umgezogen, die Generalsanierung des Schlosses steht an. Doch gibt es noch einige Ausstellungen und Veranstaltungen. Eine besondere Schau mit dem Titel „Unrecht & Profit“ widmet sich ab 12. April der Rolle des Museums in der Zeit des Nationalsozialismus.

„Es war uns ein Anliegen, diese Schau noch vor der Schließung zu zeigen“, sagt Eckart Köhne, Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe . Die Sonderausstellung „untersucht die NS-Zeit als prägende Phase für die Entwicklung der Sammlungen. Die Aufarbeitung und die Provenienzforschung dazu bleiben ein fortlaufender Prozess.“

Im Haus eine verstetigte Stelle für Provenienzforschung

Seit 2010 wird auch im Badischen Landesmuseum in diesem Bereich intensiv geforscht. Seit 2013 gibt es dafür eine verstetigte Stelle. Nun werden die Früchte der akribischen Arbeit von Provenienzforscherin Katharina Siefert in der Ausstellung präsentiert. Dabei stehen nicht allein über 70 Objekte aus unrechtmäßigen Entzugskontexten im Fokus, sondern auch das Museum selbst. Das habe, wie es in der Pressemitteilung heißt, während der Diktatur Kulturgüter von Verfolgten des NS-Regimes meist kostengünstig erwerben und so seine Sammlungen bereichern können. Die Objekte aus den Bereichen Keramik, Malerei, Skulptur und Textil von der Antike bis zum Jugendstil verdeutlichen, „in welchem Maße ein vermeintlich ,unverdächtiges‘ kultur- geschichtliches Museum wie das Badische Landesmuseum in der NS-Zeit agierte und profitierte“.

Die Schau gibt Einblick in die Provenienzforschung. „Die Recherche ist ein langer Prozess“ sagt Siefert. „Ich konzentriere mich vor allem auf die Entzugskontexte, wie die Dinge erworben wurden.“ Mit vielen der Objekte sind erschütternde Geschichten verbunden. Einige stammen aus den verlassenen Wohnungen von deportierten oder ins Exil geflüchteten Juden, andere aus deren Umzugscontainern, die einbehalten und deren Inhalt verkauft wurde.

Ein Beispiel der systematischen Aneignung persönlichen Eigentums jüdischer Bürgerinnen und Bürger ist eine japanische Figur mit dem Namen „Daikoku“. Sie wurde 1943 bei der sogenannten M-Aktion erbeutet, bei der Tausende Wohnungen vertriebener Juden in Paris geräumt wurden.

Besucher können in die Arbeit der Provenienzforschung eintauchen

Abbildungen von Zeitungsausschnitten, Entzugslisten und Pressefotos ergänzen die Objekte in der Schau. Ebenso können Besucherinnen und Besucher selbst digital in Auktionskatalogen oder der Lost-Art-Datenbank stöbern und erhalten so einen Einblick in die Arbeit der Provenienzforschung. Weiterhin wird die „Funktion des Museums als bildstarke Kulisse“ in der NS-Zeit thematisiert.

Das ehemalige Residenzschloss stand im Zentrum politischer Aktionen. Illustriert wird das mit Bildern, Zeitungsausschnitten und Texten. Die Schau ist umfassend, verweist aber auch auf eine Lücke, die sich vermutlich nie schließen lässt: Denn die rechtmäßigen Eigentümer können oft nicht mehr ermittelt werden – trotz intensiver Provenienzforschung.

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