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Brandschutz jenseits der „Katastrophen-Apathie“
Stuttgart. Am 16. April brach der Brand in der Kopenhagener Börse aus, am 17. war der Brand unter Kontrolle, am 18. stürzte die Fassade des rund 400 Jahre alten Gebäudes ein. „Die Bilder finde ich sehr beklemmend“, sagt Patricia Alberth. „Da geht gleich das Kopfkino los. Und natürlich stellt sich die Frage: Wie wären wir bei so einem Brand vorbereitet?“
Alberth ist Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG), die 63 Monumente im Land verwaltet und vermarktet. „Unter dem Dach der SSG befinden sich zahlreiche Schlösser, Klöster, Burgen und Kleinode. Wir reden von vielen Tausenden Quadratmetern, die geschützt werden wollen“, so Alberth. Das bedeute einen umfangreichen personellen wie finanziellen Aufwand. „Vom Idealzustand sind wir hier noch sehr weit entfernt. Außerdem entwickeln sich die Sicherheitsstandards ständig weiter.“
Herkömmliche Brandschutzmaßnahmen kollidieren oft mit dem Denkmalschutz
Die Brandgefahr ist groß in historischen Gemäuern – ein trockenes Umfeld, eine weggeworfene Zigarette genügt, aber auch eine veraltete Elektrik sind oft die Ursache. Herkömmliche Maßnahmen zum Brandschutz wie etwa Sprinkleranlagen, aber auch Fluchtwege – Fehlanzeige. Denn auch der Denkmalschutz muss beachtet werden. „Hier kommen wir mit Standardlösungen nicht weit. Es braucht Kreativität und guten Willen, um individuelle Lösungen zu finden, die Nutzung und historische Bausubstanz vereinbaren“, sagt Alberth.
Man könne aus der Vergangenheit lernen: „1697 zerstörte das durch einen überhitzen Kachelofen ausgelöste Feuer Teile des Zisterzienserklosters Salem“, so Alberth. „Im Zuge des Neubaus wurden als direkte Reaktion auf den Brand Vorkehrungen zur Prävention solcher Katastrophen getroffen.“ So wurde verstärkt auf Steingewölbe und Eisentüren gesetzt, die Anzahl der Öfen reduziert und jährlich gewartet, neue Feuerordnungen wurden entwickelt und es wurde eine Feuerwache eingerichtet.
Die SSG steht im stetigen fachlichen Austausch mit Notfallverbünden
„Die Zisterziensermönche haben aus dem Desaster gelernt“, sagt Alberth. „Leider beschäftigen wir uns oft erst intensiv mit dem Thema Notfallvorsorge, wenn bereits eine Katastrophe eingetreten ist – zumal, wenn die Ressourcen knapp sind. Diese ‚Katastrophen-Apathie‘ kann gefährlich sein.“
Bei der SSG will man gewappnet sein. Deshalb steht sie im stetigen fachlichen Austausch mit den Notfallverbünden, mit der bayerischen Schlösserverwaltung und den Preußischen Schlössern und Gärten. Eine Sicherheitsbeauftragte beschäftigt sich mit den neuesten Trends und Veröffentlichungen (siehe Kasten).
Laut Alberth benötigt jedes Monument einen eigenen Notfallplan
„Auf der einen Seite müssen wir schauen, was geht überhaupt in den historischen Monumenten“, so Alberth, „auf der anderen Seite brauchen wir genügend fachlich ausgebildetes Personal, bei den Dienstleistern wie bei uns im Haus, das ist nicht immer gegeben.“ Zudem benötige jedes Monument einen eigenen Notfallplan. Alle Kunstobjekte müssen inventarisiert und es müssen Laufkarten angelegt werden, also Karten, um zu priorisieren, was als Erstes gerettet werden muss.
Noch komplizierter wird es, wenn Gebäude saniert werden, wie derzeit das Schloss Heidelberg oder das Kloster Alpirsbach. „Da sind sehr viele Parteien involviert: die Hochbauämter, Vermögen und Bau, die Landesdenkmalpflege, die ausführenden Firmen, die teilweise noch mit Subfirmen arbeiten, die Feuerwehr, gegebenenfalls die Polizei, das Baurechtsamt“, sagt Alberth. Die Akteure müssen sich abstimmen und im Austausch sein. Zusätzlich gibt es viele Menschen, die an verschiedenen Stellen arbeiten und sich mit dem Gebäude nicht auskennen.
Weitere Gefahrenquellen sind die Baugerüste und Konstruktionen
„Heißarbeiten wie Schweißen, aber auch der unachtsame Umgang mit Zigaretten stellen immer einen Risikofaktor dar“, so Alberth. Eine weitere Gefahrenquelle sind die Baugerüste und Konstruktionen, über die sich etwa Diebe Zugang in die Gebäude verschaffen können.
Im Schloss Weikersheim läuft derzeit ein Pilotprojekt für eine Neukonzeption der Sicherheitstechnik. Neben dem Brandschutz stehen auch der Kulturgüterschutz, Katastrophen und Diebstähle im Fokus. „Gerne wären wir mit der Notfallorganisation schon weiter“, sagt Alberth, „doch fehlt uns dafür an vielen Stellen das Personal. Auch bei Monumenten, die frisch zu SSG gekommen sind, liegt hier noch einiges an Arbeit vor uns.“
Landesfeuerwehrschule hat Leitfaden entwickelt
Leitfäden zum Thema Brandschutz in historischen Monumenten gibt es einige, etwa von der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg. Die Broschüre „Brandschutz in Kultur- und Sakralbauten“ enthält Hinweise für Feuerwehren und eine Checkliste für Betreiber. Im Fokus der Lernunterlage steht die Arbeit der Feuerwehr. Weiterhin werden Impulse für verschiedene Vorgehensweisen in diesen Gebäuden gegeben.
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