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Kommunales Museum

Wo die Autos von gestern keine Zukunft mehr haben: Automuseum Engstingen muss schließen

Kulturelle Einrichtungen haben es in Zeiten leerer Kommunalkassen schwer. Manche sind sogar von der Schließung bedroht. Für das Automuseum in Engstingen steht die Zukunft fest. Diese sieht ziemlich schwarz aus.

Ein Feuerwehrtrabbi gehört zu den besonderen exponaten, die das Automuseum Engstingen zu bieten hat.

Joachim Lenk)

Engstingen. „Mir tut die Entscheidung weh“, sagt Mario Storz , Bürgermeister des knapp 5200 Einwohner zählenden Engstingen im Kreis Reutlingen. Vor knapp einem halben Jahr hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, das gemeindeeigene Automuseum im Herbst zu schließen. Am Tag der Deutschen Einheit ist es letztmalig geöffnet. „Wir hatten leider keine andere Möglichkeit“, bedauert der Christdemokrat. Grund ist das Geld.

Hoher Zuschuss nötig

Zuletzt hat die Kommune pro Jahr bis zu 70.000 Euro zuschießen müssen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Zudem ist das über 100 Jahre alte gemeindeeigene Gebäude sanierungsbedürftig: Heizung, Fenster und Dach, auch an der Fassade nagt der Zahn der Zeit.

Mitarbeiterin organisierte das Museum nebenbei

Die langjährige Museumsleiterin Ulrike Palesch, die als Gemeindemitarbeiterin die Ausstellung „nebenher“ organisiert hatte, hat den Arbeitsplatz gewechselt. Die Personalaufwendungen für sie und die anderen Helfer gibt Storz mit rund 28.000 Euro an, Sachleistungen schlagen mit 21.000 Euro, die „internen Leistungen“ mit 21.000 Euro zu Buche.  Geld, das die Gemeinde an anderer Stelle dringend benötigt.

Die Gemeinde hat viele Baustellen, aber zu wenig Geld dafür

Ganztagesbetreuung, Neubau Feuerwehrhaus, Schulhaussanierung, Neubau Kläranlage und die neue Ortsmitte sind nur einige Beispiele, die der Bürgermeister aufzählt. Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass die Gemeinde seit einigen Jahren mit rund drei Millionen Euro in der Kreide steht. Durch die Eintrittsgelder und Führungen im Automuseum kamen vergangenes Jahr aber nur rund 18.000 Euro in die Kasse.

Alts Strickwarenfabrik dient als Museum

Seit Mitte der 1980er-Jahre gibt es das zweistöckige Automuseum, das auf 1200 Quadratmetern in einer ehemaligen Strickwarenfabrik untergebracht ist. Zunächst wurde die umfangreiche Oldtimer-Schau mit 100 Raritäten in Lack und Chrom des verstorbenen Sammlers Siegfried Stotz aus Hohenstein-Ödenwaldstetten (Landkreis Reutlingen) ausgestattet.

Gemeinde hat Autosammlung gekauft

Von 1997 bis 2009 standen Autos und Motorräder aus den 1940er-, 1950er- und 1960er-Jahren im Museum, die dem Balinger Martin Sauter gehören. Seit 2010 wird das Museum mit Leihgaben aus ganz Süddeutschland und Raritäten aus der Stotz-Sammlung bestückt, welche die Gemeinde Mitte der 1990er-Jahre für umgerechnet 60.000 Euro gekauft hat. Alle zwölf Monate wurde etwa ein Drittel der Ausstellung ausgetauscht. Das schauten sich im Schnitt pro Jahr zwischen 3000 und 4000 Besucher an.

Sonderausstellung zum runden Geburtstag

Zum 30. Geburtstag gab es zum Beispiel eine Sonderausstellung rund um die Automarke Ford. Das Highlight war ein 90 Jahre alter Ford T „Tin Lizzie“ Pick, die Leihgabe eines Sammlers aus dem Ländle. Im Museum sind mehr als 100 Raritäten aus den vergangenen beiden Jahrhunderten zu sehen, etwa Holzvergaser, Klein- und Rennwagen, Lastendreiräder, Krankenfahrstühle, Fahrzeuge der Bundeswehr, Motorräder und Mopeds der ersten Stunde. Das älteste Stück ist das französische Dreirad Dion & Bouton von 1898, das einst mit 30 Stundenkilometern unterwegs war. Heute gibt es nur noch zwei Exemplare weltweit. Laut Originalbeschreibung „bewegt sich das Fahrzeug bei einer Explosion 2,05 Meter vorwärts“. Seit ein paar Jahren ist es möglich, sich im Automuseum das Ja-Wort zu geben. Ein Angebot, das bislang rund ein Dutzend Mal in Anspruch genommen wurde. Seit Mitte August steht fest, dass das traditionsreiche Roller- und Kleinwagentreffen, das immer am 3. Oktober stattfindet und von der Gemeinde organisiert wurde, auch 2024 wieder über die Bühne geht.

Entscheidung über Exponate im Herbst

Was mit dem mehr als 100 Jahre alten Gebäude und den zwei-, drei- und vierräderigen Fahrzeugen passiert, steht derzeit noch in den Sternen. Der Bürgermeister geht davon aus, dass der Gemeinderat im Herbst eine Entscheidung treffen wird.

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