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Klinikverbund Heidelberg-Mannheim

Klinikverbund Heidelberg-Mannheim: Wird  Habeck zur letzten Hoffnung?

Monatelang, wenn nicht Jahre, wurde verhandelt. Eigentlich sollte zum 1. Januar der neue Verbund der Kliniken in Mannheim und Heidelberg an den Start gehen. Doch das Bundeskartellamt wird dies wohl erst einmal auf Eis legen. Von Philipp Rudolf und Rafael Binkowski.

Eine Hoffnung für den Verbund ist Antrag auf Ministererlaubnis. Dieser müsste beim zuständigen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gestellt werden.

IMAGO/Bernd Elmenthaler)

Mannheim. Eigentlich war man im Wissenschaftsministerium von Petra Olschowski (Grüne) guter Dinge: Im April 2022 entschied man sich dort, nach langem Ringen auch mit den örtlichen Entscheidungsträgern, einen engen Verbund der beiden Universitätskliniken von Mannheim und Heidelberg anzustreben. Inzwischen gibt es, wie man hört, in der regionalen Arbeitsgruppe gute Fortschritte, es werden bereits detaillierte medizinische Konzepte und Dienstpläne ausgearbeitet. Schließlich sollte es im neuen Jahr losgehen.

Doch eine Hürde ist zu überspringen: Da hier zwei unterschiedliche Träger, nämlich das Land und die Stadt Mannheim, zusammengehen, muss das Bundeskartellamt in Bonn die Kooperation prüfen. Anfänglich war man im Ministerium an der Stuttgarter Königstraße optimistisch. Doch inzwischen rechnet man dort, wie kürzlich im Wissenschaftsausschuss des Landtags durchklang, mit einem Nein aus Bonn. Zuerst hatte die „Stuttgarter Zeitung“ darüber berichtet. Offiziell äußern will sich niemand dazu. „Wir erwarten die Entscheidung Ende Juli“, sagt eine Sprecherin der Ministerin nur.

Doch der Grund ist offenbar, dass die Bonner Behörde einen engen Fokus nur auf das Wettbewerbsrecht legt. Der Verbund würde eine „marktbeherrschende Stellung“ einnehmen, weil er über 40 Prozent der „Marktteilnehmer“ (also Patienten) umfasse. Alle anderen Aspekte, wie der Erhalt der 270 Medizin-Studienplätze in Mannheim, die Not der kommunalen Klinikbetreiber, Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen durch den Verbund spielen allesamt keine Rolle.

Das Universitätsklinikum Mannheim wird von der Stadt getragen

Dazu muss man wissen: Das Universitätsklinikum Mannheim ist eine Besonderheit in Deutschland, denn es wird ausschließlich von einer Stadt getragen. Doch die Finanzierung des Supra-Maximalversorgers bringe die Stadt zunehmend an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Laut dem aktuellen Haushaltsbericht der Stadt Mannheim könnte die vorgeschriebene Mindestliquidität nicht mehr gegeben sein, dann müsste die Stadt Kassenkredite aufnehmen. Demnach hat sich die Liquidität der Stadt erheblich verschlechtert. Ging die Verwaltung von 73,1 Millionen Euro aus, rechnet sie nun mit 35,4 Millionen Euro. Grund dafür seien unter anderem die Verluste des Klinikums. Noch gar nicht berücksichtigt sei dabei eine sogenannte Patronatserklärung für das Uniklinikum, die das Klinikum im kommenden Jahr bis zu einer Höhe von 99 Millionen Euro absichern soll.

Derzeit tragen die Stadt Mannheim 40 Prozent und das Land 60 Prozent der Kosten für das Uniklinikum. Die Stadt habe das Krankenhaus seit 2018 mit insgesamt 238,8 Millionen Euro unterstützt. Auch die Ressourcen des Landes, das das Heidelberger Universitätsklinikum betreibt, sind endlich, im Landesetat nicht eingeplant. Und noch müsste man in Stuttgart die Flinte nicht ins Korn werfen. Man könnte etwa darauf setzen, einen Antrag auf Ministererlaubnis zu stellen – und zwar beim zuständigen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Bundesweit gab es bislang 23 solcher Anträge, zehn waren erfolgreich

Denn dieser könnte neben dem Wettbewerbsrecht andere Aspekte berücksichtigen. Historisch betrachtet gab es bundesweit 23 solcher Anträge, zehn waren erfolgreich. Bei Kliniken wurde 2008 in Greifswald eine Fusion per Ministererlaubnis genehmigt, der „Erhalt von Forschung und Lehre“ war der Grund.

Man könnte sich also Chancen ausrechnen, zumal der Verbund genau in Richtung der bundesweit geplanten Krankenhausstrukturreform geht. Ob die Tatsache, dass die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brandtner (Grüne), den Wahlkreis Heidelberg vertritt, hilfreich ist oder eher nicht, darüber kann man getrost spekulieren.

Bei der Stadt Mannheim ist man von den Vorteilen des Verbunds weiterhin überzeugt: Die Patientenversorgung werde weiter verbessert. Beide Klinika würden sich ergänzende Schwerpunkte und Spezialisierungen bilden. Gleichzeitig soll das Versorgungsangebot erhalten bleiben.

Wenn auch Habeck ablehnt, beginnt alles von vorne

Mit einem Verbund könnte das Land zudem die medizinische Spitzenforschung ausbauen und die bis zu 2000 Studienplätze erhalten. Daher sei der Verbund die „optimale Lösung für die Zukunft des Universitätsmedizinstandorts Rhein-Neckar“.

Eines ist klar: Der Zeitplan wird nicht zu halten sein, mindestens drei Monate könnte sich der Start verzögern, wenn nicht mehr. Scheiterte auch der Ministerantrag, müsste man ganz von vorne beginnen.

Das Universitätsklinikum Mannheim ist eine Besonderheit in Deutschland, denn es wird ausschließlich von einer Stadt getragen.

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