Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Interview

Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle: „Wir stellen die EnBW jetzt robust auf“

Sie ist nicht nur Sigmaringer Landrätin, sondern entscheidet auch als OEW-Verwaltungsratschefin über die Geschicke der EnBW mit. Stefanie Bürkle spricht über die geplante Kapitalerhöhung des Konzerns, und wie ihr Landkreis mit mit der Klinikreform und Flüchtlingen umgeht.

Die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle sitzt auch im Aufsichtsrat der EnBW - und trägt die geplante Kapitalerhöhung mit.

Landkreis Sigmaringen)

Staatsanzeiger: Frau Bürkle, Sie haben eine Bürgermeister- und Landratsfamilie. Ihr Mann war Bürgermeister, ihre beiden Söhne sind es. Was ist bei Ihnen zu Hause Thema am Küchentisch?

Stefanie Bürkle: (lacht) Es wird schon viel über Kommunalpolitik gesprochen. Aber nicht nur. Der Vorteil ist: Wir betrachten die Themen aus den verschiedenen Perspektiven, die unsere Berufe eben so mit sich bringen. Nicht nur bei der Kreisumlage.

Es gibt derzeit nur zwei Landrätinnen in Baden-Württemberg, woran liegt das? Warum tun sich Frauen so schwer?

Wir waren schon zu dritt. Dorothea Störr-Ritter war 2007 die erste Landrätin, die bis 2024 amtiert hat. 2012 wurde dann Marion Dammann in Lörrach gewählt und ich 2014. Meine Hoffnung war, dass mehr dazukommen. Aber das ist bis dato leider nicht passiert. Woran liegt das? Jeder Kreistag entscheidet autonom. Aus meiner Sicht müsste das Ziel sein, mehr Frauen in die Ebene zu bringen, aus der Landräte rekrutiert werden: das sind oft die Ersten Landesbeamtinnen und Bürgermeisterinnen.

Sie sind sind Verwaltungsratsvorsitzende der OEW und damit im Aufsichtsrat der EnBW. Wie bewerten Sie die Kapitalerhöhung von drei Milliarden Euro?

Unsere Verbandsversammlung hat getagt, nachdem wir eine intensive Befassung auch in den beteiligten Kreistagen hatten. Sie hat einstimmig die geplante Erhöhung mitgetragen. Das Kapital würde eine Tochtergesellschaft als Kredit aufnehmen, die OEW Energiebeteiligungs-GmbH.

Wie konnten Sie die Kreisräte von der großen Kapitalerhöhung überzeugen?

Wir haben unseren Gremien offen die Risiken und Chancen dargelegt, die mit diesen Investitionen der EnBW einhergehen. Für uns sind es echte Wachstumsinvestitionen, die den Wert des Unternehmens erhalten und steigern, und zudem die Energieversorgung für die Menschen und Unternehmen in Baden-Württemberg und im OEW-Gebiet sichern. Eine Aufgabe, die seit 1909 DNA der OEW ist.

Führt der neue EnBW-Vorstandschef Georg Stamatelopoulos den Energiekonzern in die richtige Richtung?

Mit ihm und dem gesamten Vorstandsteam setzen wir den Kurs fort, der für uns als OEW wichtig ist: Die EnBW soll ein integrierter Energieversorger bleiben, der ein breites Erzeugungsportfolio hat, aber auch Verantwortung für einen stabilen und verlässlichen Netzbetrieb trägt. Und der beim Vertrieb direkt gegenüber den Kunden als Dienstleiter auftritt. Diese integrierte Aufstellung garantiert die Versorgungssicherheit und stellt das Unternehmen selbst robust auf.

Kann die EnBW mit den drei Milliarden den Netzausbau wirklich schultern und die nötigen Backup-Kraftwerke für Dunkelflauten errichten?

Die geplante Kapitalmaßnahme stärkt das Eigenkapital der EnBW für die anstehende Transformation unseres Energiesystems, die gewaltig ist. Über 60 Prozent der geplanten Investitionen finden beim Netzausbau statt. Das ist auch dringend nötig. Wenn viele Hausbesitzer eine Wallbox oder eine Photovoltaik-Anlage auf ihren Dächern errichten, dann müssen die Netze und Umspannwerke in der Lage sein, diese aufzunehmen und zu versorgen.

Was ist sonst noch geplant? Wofür soll das Geld verwendet werden?

Die EnBW soll zudem in erneuerbare und grundlastfähige Energien investieren können. Ein wichtiges Thema sind hier die sogenannten Fuel-Switch-Projekte. Das heißt, bestehende Kohlekraftwerke sollen in Gaserzeugungsanlagen und mittelfristig in Wasserstofferzeugungsanlagen umgewandelt werden, um Strom zu liefern, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen. Für diese Transformation hat die EnBW bereits drei Projekte in Baden-Württemberg in der Umsetzung: in Heilbronn, Stuttgart-Münster und in Altbach im Kreis Esslingen. Für die Backup-Strategie mit Gaskraftwerken wäre wichtig, dass die politischen Rahmenbedingungen bald geklärt werden.

Das SRH-Klinikum Sigmaringen gehört zu 58 Prozent der Stiftung Rehabilitation Heidelberg, Sie haben zwei Außenstandorte geschlossen. Dennoch ist das Klinikum unter Druck?

Ja, die Lage ist – wie bei über 90 Prozent aller Krankenhäuser in Baden-Württemberg – ziemlich angespannt. Aber da wir vor drei Jahren die schwierige Entscheidung getroffen haben, die beiden Häuser in Pfullendorf und in Bad Saulgau zu schließen, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und uns für die anstehende Gesundheitsreform gut aufgestellt. Es gibt Spezialisierung in einem großen, zentralen Klinikum. Es ist uns gelungen, das Defizit von knapp 17 Millionen im Jahr 2023 zu halbieren auf aktuell 7,8 Millionen Euro. Für 2025 planen wir nur noch mit einem Defizit von 1,9 Millionen Euro.

Wie ist die Lage bei der Flüchtlingsunterbringung im Landkreis? Spüren sie die Entlastung durch Grenzkontrollen?

Sigmaringen ist ein LEA-Standort. Im Jahr 2022 hatten wir dort 2000 Plätze belegt, im vergangenen Jahr lag die Zahl bei unter 700. Die Lage beim Landkreis selbst hat sich deutlich entspannt, allerdings müssen die Kommunen die vielen seit dem Jahr 2015 gekommenen Menschen integrieren. Rund 2500 Flüchtlinge sind noch in der Anschlussunterbringung vor Ort. Die Integration ist noch für viele Jahre eine Mammutaufgabe für die Städte und Gemeinden.

Das Gespräch führte Rafael Binkowski

Zur Person

Stefanie Bürkle, geboren am 20. Juli 1969 in Biberach an der Riß, ist Juristin, Landrätin und CDU-Politikerin. Nach ihrem Jurastudium in Tübingen arbeitete sie in verschiedenen Positionen in der öffentlichen Verwaltung. 2009 wurde sie Erste Landesbeamtin des Landkreises Biberach. Seit 2014 ist Bürkle Landrätin des Landkreises Sigmaringen . Ihre Gegenkandidaten waren der Erste Landesbeamte im Kreis Lörrach, Walter Holderried, und der Rechtsanwalt Marco Schiedt aus Pfullendorf, beides CDU-Mitglieder. 2022 wurde sie mit großer Mehrheit im Kreistag für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Sie ist verheiratet, Mutter von zwei Söhnen und engagiert sich in verschiedenen Gremien und Aufsichtsräten. Seit 2021 ist sie stellvertretende Landesvorsitzende der Südwest-CDU.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch