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Wie Städte den Leerstand in zentraler Lage bekämpfen
Stuttgart. So unterschiedlich die Lage rund um die geschlossenen Warenhäuser ist, vor allem zwei Themen beschäftigen viele Städte: Die schwierigen Verhandlungen mit Eigentümern der Gebäude und die Frage, wie sich die tiefen Geschosse für andere Zwecke abseits des Warenverkaufs nutzen lassen.
Die Landeshauptstadt Stuttgart kann als einzige der betroffenen Kommunen selbst bestimmen, was mit dem Gebäude geschieht. Die Stadt hat im vergangenen Jahr das 2600-Quadratmeter-Warenhaus in der Eberhardtstraße samt Parkhaus gekauft.
Ende September öffnete es erstmals seit Ladenschluss für kulturelle Begehungen die Türen. Anfang Dezember wird es noch ein kleines Format im Erdgeschoss geben. Da das Gebäude in einem sehr schlechten Zustand ist, seien größere Zwischennutzungen bis auf Weiteres ausgeschlossen, teilt die Stadt mit.
Die Stadt Leonberg will das Untergeschoss mieten
In Leonberg (Kreis Böblingen) steht die 3200 Quadratmeter große Karstadt-Filiale im Leo-Center seit Ende August leer. Der Standort konnte bei der Sanierung des Warenhauskonzerns Galeria nicht gerettet werden.
Nun erwägt die Stadt, das Untergeschoss zu mieten. Auf 2200 Quadratmetern sollen 50 Mitarbeiter unterschiedlicher Ämter arbeiten, auch die Bibliothek sei in die Planung aufgenommen, erklärt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD). Es sei ihm wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen, betont er. Zunächst müsste geklärt werden, wie Tageslicht in die Räume kommt, Fenster müssten eingebaut werden.
Der Rathauschef rechnet mit Mitte 2026, bis die Ämter einziehen können – sofern der Gemeinderat sein Plazet gibt. Dort waren die Pläne zunächst auf Kritik gestoßen, auch wegen den Lichtverhältnissen. Bei den übrigen Ladenflächen verhandelt das Betreiber-Unternehmen des Centers mit potenziellen Mietern. Bis wann die ersten einziehen, stehe aber noch nicht fest, so Cohn.
Gebäude in Pforzheim gehören einem internationalen Fonds
In zwei Großstädten gibt es zwar keine langfristige Lösung, dafür zieht der Discounter Tedi pünktlich zum Weihnachtsgeschäft ein: Seit der zweiten Novemberwoche hat im Pforzheimer Ex-Karstadt der Einzelhändler für Partyzubehör, Deko und Spielwaren im Erdgeschoss eine Fläche von 1850 Quadratmetern angemietet – für voraussichtlich 15 Monate. Bundesweit mietet sich der Discounter in acht einstige Warenhäuser ein.
Das Gebäude ist mit rund 20 weiteren Galeria-Karstadt-Kaufhof-Objekten im Eigentum eines internationalen Fonds. Die Pforzheimer Wirtschaftsförderung hat in den vergangenen Monaten die Interessenten sondiert, angesprochen und begleitet, die einen Kauf und eine Entwicklung des Ensembles geprüft haben, zu dem drei miteinander verbundene Gebäude gehören. „Ob es aber tatsächlich zu einem Verkauf dieses Ensembles kommen wird, werden die nächsten Monate zeigen“, teilt ein Sprecher mit.
Die Stadt Pforzheim würde es begrüßen, wenn das frühere Warenhaus multifunktional genutzt wird: für Läden, Büros und Wohnungen. Damit das baulich möglich ist, hat die Verwaltung die verflochtenen, mitunter jahrzehntealten Verträge, die bereits der frühere Eigentümer Horten mit der Stadt hatte, neu geordnet, beispielsweise die Überbauungsrechte.
Gemeinderat in Esslingen berät über Investorenwechsel
In Reutlingen wollte die Stadt das Gebäude für verschiedene Zwischennutzungen interimsweise anmieten – gefördert durch das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Nachdem man sich mit dem Eigentümer trotz monatelanger Verhandlungen nicht auf einen Mietvertrag einigen konnte, wurde das Projekt im Juni abgesagt . Inzwischen ist auch hier der Discounter Tedi Mieter. Wie Pforzheim strebt Reutlingen eine langfristige Lösung an. Dafür sei die Stadt im regelmäßigen Austausch mit dem Eigentümer Apollo Global Management.
In Esslingen dagegen bahnt sich ein Durchbruch an. Der bisherige Eigentümer, der Investor BPI, wollte auf dem Parkplatz des einstigen Warenhauses Wohnungen bauen, ebenso in den Gebäuden daneben. Im September 2023 hatte der Gemeinderat dafür grünes Licht gegeben. Doch nach der Insolvenz von Karstadt endeten sämtliche Umbauarbeiten, das Projekt steht nun zum Verkauf. Jetzt hat der Strabag-Konzern Interesse am Karstadt-Areal angemeldet und möchte das Vorhaben mit leichten Änderungen umsetzen. Unter anderem sollten nach den ursprünglichen Plänen „Townhouses“ auf dem Gebäude entstehen, die es aber nun nicht geben soll. Jetzt soll eine Mischung aus Handel, Dienstleitungen und Büros in das Gebäude einziehen, teilt eine Sprecherin mit.
Im Dezember wird der Esslinger Gemeinderat über den Investorenwechsel und die Pläne abstimmen. Sollte die Entscheidung positiv ausfallen, könnte der Baustart bereits im kommenden Jahr sein. Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) ist zuversichtlich: „Karstadt-Gebäude sind in jeder Stadt Schlüsselimmobilien. Wir sind froh, dass wir bei diesem Vorhaben einen großen Schritt nach vorne gemacht haben und hoffentlich bald eine neue Nutzung einziehen kann.“
Aus der Filiale am Mannheimer Paradeplatz abgewendet
In Mannheim wurde bereits im Sommer unter Vermittlung der Stadt eine Lösung gefunden. Das Aus der Filiale am Paradeplatz mit rund 100 Angestellten war abgewendet worden durch einen neuen Eigentümer der Immobilie. Nun wird die Filiale, wie bundesweit über 80 andere, von der Beteiligungsfirma des Mannheimer Unternehmers Bernd Beetz und einer US-Investmentgesellschaft weitergeführt. Allerdings unter dem Namen Galeria.
In Heidelberg war die Zukunft des markanten Gebäudes am zentralen Bismarckplatz lange ungewiss. Vor rund zwei Wochen wurde bekannt, dass eine Unternehmensgruppe mit Sitz in Frankfurt am Main neue Eigentümerin ist. Diese war laut einem Zeitungsbericht zuvor schon am Heidelberger Kaufhof zur Hälfte beteiligt, zusammen mit der Signa Holding. Die Insolvenz der Immobilienfirma des Österreichers René Benko hatte im Südwesten ebenfalls Folgen für die Innenstädte . Was das Frankfurter Unternehmen mit dem Gebäude in Heidelberg vorhat, ist unklar. Zum Weihnachtsgeschäft wird das Haus wie einige andere leer stehen.