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Wie Kandidaten die richtige Gemeinde finden
Stuttgart. Ferdinand Truffner (CDU) und Empfingen sind das fast perfekte Match. Truffner wusste vor seiner Kandidatur im Jahr 2017 genau, welche Gemeinde für ihn als Bürgermeister in Frage kommt. Ganz oben auf seiner Wunschliste stand, dass die Bürger „Fasnet“ feiern. Wichtig war für ihn auch ein lebendiges Vereinsleben und das Ehrenamt. All das hat er in der Gemeinde im Landkreis Freudenstadt gefunden.
Der Faktor Mensch spielte bei Lena Burth (parteilos), die mit 27 Jahren jüngste Bürgermeisterin im Südwesten, ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie gehört zu der Minderheit der Rathauschefs, die im Heimatort kandidierten – und gewinnen. „Wenn ich etwas bewegen möchte, dann in meiner Heimatgemeinde“, erklärt die Bürgermeisterin der Gemeinde Ostrach im Landkreis Sigmaringen.
Wie Truffner kommen die meisten Rathauschefs nicht aus der Kommune, in denen sie amtieren: Weniger als ein Fünftel stammen aus den Orten, in denen sie arbeiten. Das zeigen Umfragen, die letzte von 2015. Es bedeutet, dass auswärtige Bewerber sich sehr genau überlegen, wo sie kandidieren oder eben nicht. Passt zum eigenen Lebensstil eine ländliche Gemeinde oder doch eine im Umland einer Großstadt? Wie groß ist die Zahl der Rathausmitarbeiter?
Kandidaten sollten sich zunächst im Ort umsehen
Erich Holzwarth bestätigt, was Truffner und Burth sagen: Die Chemie muss stimmen. Ausschlaggebend, ob die Gemeinde zu einem passt, seien die sozialen Strukturen vor Ort. Kandidaten sollten persönliche Kontakte, etwa zu Vereinen, suchen und darauf die Kandidatur aufbauen. „Wenn ich mich wohl und aufgehoben fühle, dann ist das ein gutes Zeichen, dass die Gemeinde zu mir passt“, erklärt der Wahlkampfberater für Bürgermeister- und Oberbürgermeisterwahlen. Holzwarth rät allen Kandidaten, dass sie sich zunächst im Ort umsehen. Auch ein Blick in die Medien können helfen: Wenn es in einer Kommune grundsätzlich viel Streit im Gemeinderat gibt, dann schlage sich das oft in den Berichten nieder.
Bevor Truffner sich zur Kandidatur entschied, hat er viel Zeit im Ort verbracht, inkognito. Er sprach mit Vereinsvertretern und mit Gemeinderäten. Dass es im Gemeinderat keine Fraktionen gab, deutete für ihn auf ein gutes Miteinander in dem Gremium hin.
Der Schuldenstand und die Zahl der Ortsteile spielen eine Rolle
Lena Burth hat sich ebenfalls eingehend mit der Aufgabe beschäftigt, bevor sie ihre Bewerbungsunterlagen in den Rathausbriefkasten geworfen hat. Sie unterhielt sich mit ihrem Vorgänger im Amt, der in den Ruhestand ging, und mit den Bürgermeisterkollegen im Umkreis.
Zwei objektive Kriterien für oder gegen eine Kommune gibt es: Wie viele Ortsteile und wie viele Schulden hat sie. Denn mit der Anzahl der Ortschaften steigt das Arbeitspensum und mit hohem Schuldenstand schwindet vielerorts der Gestaltungsspielraum. Seien die Voraussetzungen gut, gebe es aber auch mehr Bewerber, so Holzwarth.
Neben Fasnachtsvereinen und den menschlichen Faktoren hatte Empfingen für Truffner auch diese Kriterien erfüllt: Die Gemeinde war schuldenfrei, hatte sogar Geld für Investitionen auf der hohen Kante – und sie hatte lediglich zwei Ortsteile. Wichtig war für ihn auch, dass er sein Wissen aus der Verwaltungshochschule Ludwigsburg anwenden und im Rathausalltag selbst mit anpacken kann. Dafür kommt es wiederum auf die Einwohnerzahl an, denn je größer eine Kommune und damit die Verwaltung ist, desto weiter weg ist der Rathauschef vom Verwaltungshandeln entfernt.
Eine Residenzpflicht für Bürgermeister gibt es nicht mehr
Ob eine Kandidatur erfolgreich sein kann, ist auch vom Geld, das ein Wahlkampf kosten würde, abhängig. Denn das Werben um Stimmen ist in einer großen Stadt entsprechend teurer als in einer Gemeinde. Eine Faustregel geht von ein bis zwei Euro pro Einwohner aus. Wer nicht von einer Partei oder einem Spender unterstützt wird, muss sich den Wahlkampf folglich erstmal leisten können. Geld kosten auch Agenturen und Berater, die angehende Kandidaten im Wahlkampf unterstützen und im Vorfeld geeignete Gemeinden raussuchen. Truffner wurde durch seinen Berater für den Wahlkampf auf Empfingen aufmerksam.
Nicht mehr ganz so wichtig sei die Frage, ob man auch in der Gemeinde oder Stadt leben wolle, in der man sich bewirbt, so Holzwarth. Viele Kandidaten würden offen zugeben, dass sie sich einen Umzug nicht vorstellen können, auch wenn die Wähler diese Frage noch immer durchaus kritisch sehen würden. Immerhin: Die Residenzpflicht für Bürgermeister gibt es längst nicht mehr.
Für Truffner war klar, dass er in Empfingen leben will. Deshalb war es wichtig, dass sich seine Frau ebenfalls dort wohl fühlt. Durch die kurzen Wege kann er nach der Sitzung mit den Gemeinderäten das „ein oder andere Viertele“ trinken und trotzdem sicheren Fußes heimkommen. Nur ein Wunsch hat sich nicht erfüllt: Er wollte in eine Kommune mit 5000 Einwohner, Empfingen hat 4300.