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Bürgermeisterwahl vor Gericht

Wie geht es nach dem Urteil in Alpirsbach weiter?

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klagen von Wahlsieger Sven Christmann abgewiesen. Er hatte gegen die Annullierung der Bürgermeisterwahl von Alpirsbach durch das Landratsamt geklagt, das ihm Wählertäuschung vorwirft.

Sven Christmann, Kläger im Streit um die Bürgermeisterwahl in Alpirsbach, wartet im Verwaltungsgericht Karlsruhe auf den Beginn der Verhandlung.

dpa/Uli Deck)

Karlsruhe. Rund drei Stunden dauerte am Dienstag die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe , eine Pressemitteilung folgte prompt am Mittwochvormittag. In wenigen Sätzen erklärte darin das Gericht, dass es die Klagen Christmanns abweist. „Es hat mich gewundert, dass im Tenor nicht die Berufung zugelassen wird“, sagt der Erste Landesbeamte des Kreises Freudenstadt, Reinhard Geiser. „Unsere Rechtsansicht wurde soweit bestätigt, dass die Wahlprüfungsbescheide zurecht ergangen sind“. Letztendlich wird es auf die Begründung ankommen und ob die Gegenseite Rechtsmittel einlegt.

Christmanns Anwalt Patrick Heinemann hält sich mit Aussagen bedeckt: „Wir wissen noch nicht, aus welchen von zahlreichen denkbaren Gründen das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen hat“, sagt der Freiburger Jurist nach der Entscheidung. Insbesondere lasse die Abweisung der Klagen derzeit nicht den Rückschluss zu, dass „das Verwaltungsgericht von einer Täuschung der Wähler durch Herrn Christmann ausgegangen ist“.

Ob dieser die Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof beantragen wird, werde man erst entscheiden können, wenn die Urteilsgründe vorliegen, so Heinemann. Das Gericht will die Urteile bis Ende Februar ausführlich begründen.

Dass der 49-Jährige wählbar war, bestreitet niemand

Alpirsbach im April 2024: Bei der Stichwahl hatte Sven Christmann in seinem Heimatort 56 Prozent der Stimmen erhalten. Damit setzte sich der parteilose Polizeihauptkommissar mit 155 Stimmen Vorsprung gegen den damaligen Amtsinhaber durch. Das Landratsamt hatte die Wahl annulliert, nachdem bekannt geworden war, dass gegen Christmann ein Strafverfahren läuft.

Die Behörde wirft Christmann vor, die Wähler im Hinblick auf sein Dienstverhältnis bei der Polizei getäuscht zu haben. Zudem gab es drei Einsprüche von Bürgern gegen die Wahl. Christmann bestreitet die Vorwürfe und klagte gegen den Wahlprüfungsbescheid, mit dem das Landratsamt die Wahl für ungültig erklärt hatte, und gegen die Bescheide, die auf die Einsprüche ergangen waren.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ging es zunächst um einige formelle Fragestellungen aus dem „Maschinenraum des Verwaltungsrechts“. Sie betrafen unter anderem den Schriftverkehr des Klägers mit den Behörden und die Fristen. Zudem fehlten auf neun von zehn Blättern für die Unterstützungsunterschriften, der Name Christmanns. Es sei daher unklar, für wen die Unterschriften seien, er hätte nicht zur Wahl antreten dürfen, argumentiert das Landratsamt. Sowohl Heinemann als auch die Stadt, sehen das anders. Die Blätter wurden in einem Kuvert eingereicht und seien eindeutig Christmann zuzuordnen.

Der Vorsitzende Richter kommt zum „Kern des Problems“

Es dauerte einige Zeit, bis sich der Vorsitzende Richter Stephan Neidhardt zum „Kern des Problems“, zu den materiellen Fragestellungen, kommen konnte. Entsprechen die Aussagen Christmanns im Wahlkampf den Tatsachen und wie kamen sie bei den Bürgern an?

Gegen Sven Christmann läuft seit rund zwei Jahren ein Strafverfahren, dabei geht es um die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung von Trocknungsschränken für die Polizei. Laut dem Landratsamt habe er im Wahlkampf nur unzureichend darauf hingewiesen, dass er als Polizist vom Dienst freigestellt worden war. Gerüchte über seine berufliche Situation gab es. Christmann hatte deshalb in einem Post auf Instagram vor dem ersten Wahlgang dazu Stellung genommen. Darin hatte er mitgeteilt, dass gegen ihn und mehrere Personen in Dienststellen eine Untersuchung laufe. Allerdings sei er nicht suspendiert, schrieb er.

Anwalt Heinemann betont, dass sein Mandant lediglich bei vollen Bezügen freigestellt worden war. Er habe korrekt und transparent über seine Situation aufgeklärt. Von einer Suspendierung könne keine Rede sein. Der Begriff sei nur zutreffend, wenn er vom Dienst enthoben worden wäre. Diese Dienstenthebung sei ein scharfes Schwert.

Für das Landratsamt geht es jedoch um die Frage, was die Wähler unter einer Suspendierung verstehen. Ihnen seien die Rechtsbegriffe nicht geläufig. Christmann habe den Eindruck erweckt, dass er „nach wie vor jeden Tag zur Arbeit fährt“, was aber eben nicht der Fall war. Er hätte im Wahlkampf aktiv sagen müssen, dass er nicht mehr im Dienst ist. Das Landratsamt sieht deshalb den Vorwurf der Wählertäuschung bestätigt.

Gemeinderat hat Feuerwehrhaus für 7,5 Millionen Euro beschlossen

Christmann hätte sein Amt eigentlich zum 1. Juli 2024 antreten sollen. In der 6200-Einwohner-Stadt steht trotz der vakanten Bürgermeister-Stelle die Zeit nicht still. Zwischenzeitlich hat der Gemeinderat Amtsverwalter Norbert Beck bestellt. Mit dessen Arbeit sei das Gremium sehr zufrieden, erklärt Gemeinderat Joachim Hermann von der Fraktion „Zukunft für Alpirsbach“. Für ihn ist Christmann der gewählte Bürgermeister, er wünscht sich, dass die Angelegenheit bald geklärt ist.

„Wir haben einiges hinbekommen“, sagt Amtsverwalter Norbert Beck über die Zusammenarbeit mit dem im Sommer gewählten Gemeinderat. So habe man kürzlich den Bau eines Feuerwehrhauses für 7,5 Millionen Euro beschlossen – ein Meilenstein für die Stadt, die zu den ärmeren Kommunen gehört. „Die Stimmung ist besser geworden“, sagt der 70-Jährige, der 22 Jahre Bürgermeister von Baiersbronn war und für die CDU im Landtag saß. Aber: „Ich bin Amtsverwalter auf Zeit. Die Bürger möchten schon wissen, wie es nach mir weiter geht“.

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