Gesundheitsämter 

Was hat sich seit Corona in den Behörden getan?

Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie standen die 38 Gesundheitsämter der Stadt- und Landkreise plötzlich an vorderster Front. Die Bekämpfung der Pandemie hat die Behören zunächst kalt erwischt, doch seither hat sich einiges getan.

Ein Mitarbeiter nimmt einen Corona-Test vor. Die Gesundheitsämter kämpften während der Pandemie an vorderster Front.

dpa/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen)

Stuttgart. Die Mitarbeiter waren seit 2020 im Dauersprint. Sie überwachten Infektionszahlen, organisierten die Impfungen, sammelten Daten und verfolgten Kontakte nach. Bald zeigte sich, dass die Behörden sowohl technisch als auch personell an ihre Grenzen stießen.

Die berüchtigte Zettelwirtschaft nahm überhand. Die Meldungen zu Verdachtsfällen wurden per Fax an die Gesundheitsämter gesendet. Die Mitarbeiter tippten sie dann in eine Software ein, um sie weiter zu bearbeiten und statistisch auszuwerten. In manchen Landkreisen half die Bundeswehr beim Nachverfolgen der Kontakte.

Ab Juni 2020 waren die Faxe in den Gesundheitsämtern rückläufig

Der Landkreistag hatte schon vor Corona auf die knappe Personaldecke und mangelnde Technik hingewiesen. „Die Pandemie ist auf einen für eine Krise dieses Umfangs nicht hinreichend vorbereiteten öffentlichen Gesundheitsdienst getroffen“, so der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski.

Was hat sich seitdem getan? Eine ganze Menge, teilen der Landkreistag und das Sozialministerium mit. Schon ab Juni 2020 konnten die Labore ihre Daten elektronisch an die Ämter übermitteln. Grundlage war das deutsche elektronische Melde- und Informationssystem (Demis), das der Bund im Jahr 2017 aufgegleist hatte. Damit ging der Versand von Faxmeldungen in den Gesundheitsämtern zurück und der Aufwand reduzierte sich.

Seit Januar 2022 müssen die Labore alle nach Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Erregernachweise über Demis melden. Seit September 2022 übermitteln Krankenhäuser die Bettenbelegung von Corona-Patienten. Künftig sollen auch Kindertagesstätten und Schulen Infektionen melden können. Land und Kommunen haben bereits in der Pandemie an der Digitalisierung der Gesundheitsämter gearbeitet. Auch erhielten die landesweit 38 Gesundheitsämter Geld, um mobiles Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen und Schicht- sowie Wochenenddienste effizienter zu machen.

Land will den öffentlichen Gesundheitsdienst krisenresilienter aufstellen

Das Sozialministerium hat die digitale Transformation der Gesundheitsämter angestoßen – mit dem Landkreis- und Städtetag. Im Zuge des 2020 vereinbarten Pakts für den öffentlichen Gesundheitsdienst wurden einheitliche Fachanwendungen entwickelt. Die cloudbasierten Programme sollen die Prozesse über alle Ämter hinweg standardisieren. Das Land will den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) damit krisenresilienter aufstellen. Die Gesundheitsämter können im Ernstfall die Systeme schnell anpassen und sich gegenseitig unterstützen.

Das Sozialministerium und die Kommunen hätten die Digitalisierung in den vergangenen Monaten deutlich nach vorne gebracht, teilt der Landkreistag mit. „Andere Bundesländer beobachten mit großem Respekt, dass wir in Baden-Württemberg auf dem besten Weg sind, eine landeseinheitliche Fachanwendungslandschaft für den ÖGD auszurollen“, so von Komorowski. Das Projekt „Digitalisierung ÖGD BW“ läuft bis März 2026. Dafür stehen 62 Millionen Euro zur Verfügung.

„Das Land ist beherzt die Stärkung des ÖGD angegangen“

Auch beim Personal hat sich fünf Jahre nach Pandemiebeginn einiges getan. Das Land hat sich verpflichtet, bis 2025 fast 600 zusätzliche Stellen in den Gesundheitsämtern der 35 Landkreise und drei Stadtkreise zu schaffen, und zwar unbefristet. Ende 2023 waren 540 dieser Stellen besetzt, so der Landkreistag.

„Dies zeigt einerseits, welchen personellen Nachholbedarf der ÖGD hatte. Es zeigt zum anderen aber auch, wie beherzt das Land Baden-Württemberg die Stärkung des ÖGD angegangen ist“, erläutert von Komorowski.  Allein 285 neue Stellen betreffen den höheren Dienst, also Ärzte, Biologen und Gesundheitswissenschaftler. Diese multiprofessionellen Teams sind laut Sozialministerium im Krisenfall unverzichtbar. Das zusätzlich eingearbeitete Stammpersonal könne in einer Krise das benötigte Personal aus anderen Bereichen besser anleiten.

Der Landkreistag hat 2024 in einem Positionspapier elf Vorschläge für krisenfeste Ämter vorgelegt. Unter anderem regt der Kommunalverband ein Aufwuchskonzept für den kurzfristigen Personalbedarf an, etwa über die Ärztekammer.

Wie sind die Behörden nun aufgestellt? Zwar könne man sich auf unerwartete Krisen mit gravierenden Folgen immer nur begrenzt vorbereiten. „Was man aber sicherlich festhalten kann, ist, dass die Gesundheitsämter heute deutlich besser auf solche Krisen vorbereitet sind, als dies zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall war“, resümiert Hauptgeschäftsführer von Komorowski.

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