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Eingekreist

Was die EM mit dem Zensus zu tun hat

Zwischen EM-Vorrunde und Achtelfinale gab das Statistische Bundesamt endlich die Zensus-Daten bekannt. Die Volkszählung und die Europameisterschaft haben jedoch nur vordergründig rein gar nichts miteinander zu tun. Deutschland kann von einem EM-Gegner bei der Datenerhebung viel lernen.   

Stellen Sie sich vor: Die Nationalmannschaft wird nicht von Julian Nagelsmann, sondern von 5000 Trainern gecoacht.

Federico Gambarini)

Stellen Sie sich vor: Die Nationalmannschaft wird nicht von Julian Nagelsmann, sondern von 5000 Trainern gecoacht. Um sicher zu gehen, dass die Auswahl auch wirklich gut kickt, bildet man Fußballfans aus, die die Passquote stichprobenartig unter die Lupe nehmen. Ob diese Elf auch einen Gruppensieg bei der EM eingefahren hätte?

So mancher Stadt entgeht viel Geld

Nach diesem Prinzip werden aber wichtige Daten für Kommunen erhoben: Bundesweit über 5000 Behörden erfassen die Einwohnerzahlen. Das ist fehleranfällig, etwa dann, wenn sich eine Person bei einem Amt nicht abmeldet. Deshalb hat man beim Zensus 2022 viele Ehrenamtliche losgeschickt, die per Stichprobe nachzählen sollten. Nun sind deutschlandweit wieder weniger Personen gezählt worden, als in den Registern der Kommunen stehen. So mancher Stadt entgeht viel Geld, weil die Finanzzuweisungen von der Einwohnerzahl abhängen.

Österreich hat ein zentrales Melderegister

Es könnte so einfach sein. Ein Mausklick und der Bildschirm zeigt alle Einwohnerdaten an. Hier könnte man tatsächlich von der Europameisterschaft lernen, indem man sich ein Beispiel an der Konkurrenz nimmt. Österreich hat ein zentrales Melderegister, das das Land gleichzeitig um Lichtjahre bei der Digitalisierung nach vorne bringt. Bleibt zu hoffen, dass Bürokratie- und EM-Erfolg nur in Kolumnentexten etwas miteinander zu tun haben.

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Lesermeinungen

    von Ernst Johannes Schanz
    Künftige Fortschreibung der Einwohnerzahlen nach registergestützten Zahlen und Abkopplung der Finanzdatenermittlung für den kommunalen Finanzausgleich Der Verweis des Staatanzeigers BW auf das Vorgehen in Österreich über den dortigen Einsatz von verschlüsselten Personen-Nummern ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, da diese Nummern von Amtswegen bei der Geburt bzw. bei einem Zuzug nach Deutschland schon heute digital den Meldeämtern zugestellt werden. Die Helfer im Land bei den Zensus-Erhebungsstellen treffen dagegen für Ihre Ermittlungen ab und zu fehlende Hausnummern bzw. fehlende Briefkästen sowie Namen auf Klingeln an, die dann zu Rückgängen bei der Einwohnerzahl führen können. Wegen dem Datenschutz bei Zensen dauert diese Umstellung seine Zeit. So verabschiedete der Bund 2021 das Registermodernisierungsgesetz, das den Einsatz einer Bürger-Identifikationsnummer nach und nach vorsieht, da die seit 2008 vorhandene Steuer-Identifikationsnummer nur für steuerliche Zwecke eingesetzt werden darf. Laut einem Bericht des Städtetags Baden-Württemberg im Staatsanzeiger vom 19. Jan. 2024 sollen beim Zensus 2031 die Daten ausschließlich nach den Registerdaten und nicht mehr nur nach Stichproben erhoben werden. Zur Entspannung sollte nach meiner Auffassung die Befragung der Einwohner nach persönlichen Daten und die Ermittlung von Daten für Zwecke des Finanzausgleichs künftig unbedingt getrennt werden. So hat man sich in Rheinland-Pfalz bereits beim Zensus 2011 vom bundeseinheitlichen Zensus für die Datenermittlung im kommunalen Finanzausgleich abgekoppelt. Dies ist zulässig, da der kommunale Finanzausgleich Ländersache ist. Dort ist im Landesfinanzausgleichsgesetz (§ 29) bestimmt, dass die Daten aufgrund der örtlichen Registerdaten der Meldeämter maßgebend sind. Klagen gegen diese Ergebnisse gab es dort im ganzen Land damals nicht, da seit 2008 deutschlandweit durch das Bundeszentralamt für Steuern jedem Säugling und jedem Neubürger und Asylbewerber eine Steueridentifikationsnummer umgehend digital dem örtlichen Meldeamt über die Kommunalen Rechenzentren zugeteilt werden. Auch die Standesämter sind digital seit 2014 mit den kommunalen Rechenzentren wegen die Personenstandsveränderungen zur Weitergabe an die Meldeämter verbunden. Selbst Asylbewerber erhalten in Deutschland eine (vorläufige) Steueridentifikationsnummer. Sie ist somit seit 2008 etwa bei jedem Einwohner digital neben der Anschrift beim jeweiligen Einwohnermeldeamt gespeichert und „wandert“ bei jedem Umzug mit. Die Meldeämter geben diese Nummer auch den Einwohnern bekannt, wenn es um Kindergeldanträge, Rentenanträge und dergleichen geht. FAG RLP § 29 Einwohnerzahl: „(1) Soweit nach diesem Gesetz die Einwohnerzahl von rechtlicher Bedeutung ist, ist die jeweils zum 30. Juni des Vorjahres nach den melderechtlichen Vorschriften unter Anwendung des landeseinheitlichen Verfahrens für das Meldewesen ermittelte Einwohnerzahl mit Hauptwohnung maßgebend.“ FAG BW § 30 Einwohnerzahl: „ (1) Für die Ermittlung der Einwohnerzahl nach § 143 der Gemeindeordnung sind unter Zugrundelegung des jeweils geltenden Melderechts die Ergebnisse der vom Statistischen Landesamt geführten Fortschreibung des Bevölkerungsstandes maßgebend.“

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