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Wärmewende

Viele offene Fragen bei der Finanzierung der Netze

Wärmepläne liegen inzwischen viele vor. Auch rund 470 Kommunen, die bislang noch gar nicht zu einer Wärmeplanung verpflichtet waren, haben diese bereits gemacht. Doch die Umsetzung bereitet vielerorts Probleme. Zentrales Thema ist die Finanzierung der Wärmewende.

Das Verlegen von Wärmeleitungen ist aufwändig und teuer. Von Bund gibt es derzeit ein Förderprogramm. Foto: IMAGO/Achim Zweygarth

IMAGO/Achim Zweygarth)

Stuttgart. 99 der 104 Stadtkreise und großen Kreisstädte haben inzwischen ihre Wärmepläne vorgelegt. Sie waren laut Landesgesetz dazu verpflichtet. Eigentlich bis Ende des vergangenen Jahres. Hinzu kommen noch rund 470 kleinere Kommunen, die ebenfalls bereits auf freiwilliger Basis eine Wärmeplanung gemacht haben. Beim Wärmegipfel des Umweltministeriums in dieser Woche in Stuttgart wurde allerdings auch deutlich, dass es bei der Umsetzung viele offene Fragen gibt. Größtes Thema ist die Finanzierung, wie die Teilnehmer gleich zu Beginn in einer Umfrage deutlich machten.

„Wir wollen den schlafenden Riesen Wärmesektor wecken“, sagte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). Dabei gehe es um langjährige Investitionszyklen, um Bezahlbarkeit, um Versorgungssicherheit und darum, die Importabhängigkeit zu reduzieren.

Umsetzung der Wärmepläne ist die eigentliche Mammutaufgabe

„Die Umsetzung ist die eigentliche Mammutaufgabe“, machte auch die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetags Baden-Württemberg, Susanne Nusser, deutlich. Und diese stehe und falle mit der Finanzierung von Wärmenetzen. Sie betonte, dass die Kommunen durchaus bereit seien, tätig zu werden. Doch auch Land und Bund müssten ihren Teil dazu beitragen. „Wir brauchen jetzt auch entsprechende Signale von Land und Bund“, so Nusser. Die Förderinstrumente müssten massiv ausgeweitet werden. Dass die Kommunen bereits tätig werden, zeigt das Beispiel Heidelberg. Dort konnten Bürger sich am Infrastrukturausbau beteiligen. Rund eine Million Euro wurde so eingesammelt, wobei die Bürger, ähnlich wie bei Beteiligungen an Windparks und Solarparks am Ende auf eine Rendite hoffen.

Der Sparkassenverband und die LBBW arbeiten gerade an standardisierten Instrumenten für Kommunen, die Finanzierungsmodelle benötigen. Ein erstes Ergebnis dazu könnte Anfang des kommenden Jahres vorliegen. Auch Nusser spricht davon, dass Investoren beim Bau der Wärmenetze ins Boot geholt werden müssten, und auch davon, dass der Rechtsrahmen für die Kreditaufnahme für Kommunen für solche Infrastrukturprojekte geändert werden müsste. Auch gelte es Möglichkeiten zu schaffen, die Eigenkapitalbasis der Stadtwerke zu erhöhen.

Lösungen für unwirtschaftliche, aber notwendige Projekte nötig

Der Erste Beigeordnete des Gemeindetags, Patrick Holl, sagt, dass man für rentable Projekte sicher Investoren gewinnen könne. Doch es gelte auch, Lösungen für die notwendigen Projekte zu finden, die eher unwirtschaftlich sein werden. Er warb für eine ehrliche Debatte. Man dürfe nicht die Zustimmung in der Bevölkerung verlieren und brauche Preisstabilität für den Wirtschaftsstandort.

Fördermittel für den Bau von Wärmenetzen gibt es derzeit vom Bund. Doch das Programm mit drei Milliarden Euro läuft nur bis 2028. Walker sagt: „Das wird nicht ausreichen.“ Es brauche eine Verstetigung über die Legislaturperioden hinaus. Nusser spricht von mindestens drei Milliarden Euro jährlich.

Doch wenn es um die Umsetzung – und vor allem um den Bau von Wärmenetzen geht, fühlen sich viele Kommunen beim Thema Finanzierung und Förderung allein gelassen. Ein Beispiel ist Rutesheim (Kreis Böblingen). In einem Film für den Wärmegipfel erklärt Bürgermeisterin Susanne Widmaier, mit welchen Problemen die Kommune konfrontiert ist.

Bürgermeisterin von Rutesheim: Wir brauchen Unterstützung

Die Kleinstadt ist eine der rund 470 Kommunen im Land, die freiwillig und frühzeitig eine Wärmeplanung gemacht hat. Seit drei Jahren kämpft die Rutesheim mit unterschiedlichen Problemen für die Gewinnung der notwendigen klimaneutralen Energie, mit Bürgern, denen der Prozess zu lange dauert und die dann das Interesse an einem Anschluss ans Wärmenetz verlieren, mit Kosten für den Betrieb des Wärmenetzes, die so nicht mehr zu kalkulieren sind und vor allem mit viel Bürokratie, wenn es um die Fördermittel vom Bund geht.

Anträge können nur digital gestellt werden. Direkte Ansprechpartner fehlen. Ist der Antrag nicht komplett, kommt Wochen später ein Brief, der aber nicht erläutert, was fehlt. „Wir verzweifeln schier in der Antragstellung“, so Widmaier, die deshalb massiv Unterstützung fordert, um die Kleinstadt klimaneutral aufzustellen. Widmaier hofft, dass das Land den Kommunen gegenüber dem Bund stärker zur Seite springen wird.

Was das Land plant

Das Land will die Klimawende vorantreiben. Dazu wird das Wärmeplanungsgesetz des Bundes im Klimaschutzgesetz des Landes umgesetzt. Die Geothermie am Oberrhein soll vorangetrieben werden, auch mit Blick darauf, wo sich Bohrungen lohnen und wie sich Risiken ausschließen lassen. Die regionalen Energieagenturen sollen gestärkt werden, etwa bei Beratungsangeboten im Wärmebereich. Über Zukunft Altbau werden Pilotprojekte im Bereich Sanierungssprints vorbereitet. Dabei geht es um Gebäudevollsanierungen innerhalb von wenigen Wochen. Auch gibt es Pläne für kommunale Wärmebeiräte, die die Wärmewende stützen.

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