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Kommentar: Stichwahl um den Ulmer Oberbürgermeisterposten

Themen für die Ulmer Innenstadt geben den Ausschlag

Die Wahl in Ulm endete mit einer Überraschung. CDU-Amtsinhaber Gunter Czisch unterlag seinem Herausforderer von der SPD Martin Ansbacher deutlich. Wo noch vor drei Wochen über eine absolute Mehrheit für den OB spekuliert wurde, sind die Ergebnisse jetzt komplett konträr dazu. Ansbacher muss sich nun einer knackigen Aufgabe stellen.

Martin Ansbacher (SPD, rechts) ist der Wahlsieger von Ulm. Er wird nach seinem Wahlsieg in der Stichwahl der Oberbürgermeister am Sonntag den bisherigen Amtsinhaber Gunter Czisch (CDU (links)) ablösen.

Stefan Puchner)

Das war nun doch deutlich. In Ulm haben die Wählerinnen und Wähler ihren bisherigen christdemokratischen Oberbürgermeister nach acht Jahren keine weitere Amtsperiode ermöglicht. Stattdessen gaben sie dem SPD-Herausforderer einen Vertrauensvorschuss von rund zehn Prozent. Der Rückgang der Wahlbeteiligung und die – rechnerisch – klare Entscheidung der vormaligen Grünen-Wähler und damit die Vorherrschaft Martin Ansbachers in den Innenstadt-Wahlkreisen haben hier den Ausschlag gegeben.

Czisch hatte sein Potenzial bei den Wählern in Ulm ausgeschöpft

Amtsinhaber Gunter Czisch hatte sein Wählerpotenzial offenbar ausgeschöpft. In beiden Wahlgängen blieb er auf dem Niveau von 15 600 Stimmen – im zweiten Wahlgang sogar darunter. Martin Ansbacher hingegen machte zwischen dem ersten und dem dritten Advent einen gewaltigen Sprung nach vorne, von knapp 11 000 Stimmen auf über 19 000 bei der Stichwahl jetzt am Sonntag.

Während Czisch auch in vielen Außenbezirken Anteile verlor, konnte Ansbacher in der Innenstadt Ulms teils mit deutlichem Vorsprung die Mehrheiten holen – Stadtmitte, Ost- und Weststadt, Eselsberg, wo Ansbacher wohnt, das sind die Kreise, die Stimmen bringen. Vor zwei Wochen waren dort noch ziemlich viele Kreuze bei der ausgeschiedenen Kandidatin Lena Schwelling von den Grünen zu verzeichnen. Bei einer schwindenden Wahlbeteiligung waren solche Resultate selbstverständlich ein Wahl-Turbo für Ansbacher.

Die richtigen Wahlkampfthemen für die Ulmer Innenstadt

Damit zeigt sich auch, dass viele der 7500 Schwelling-Wähler in Ulm sich von Ansbacher abgeholt fühlten. Ansbachers wahrscheinlich etwas entschiedeneres Eintreten für mehr Öffentlicher Nahverkehr verfing bei einem Innenstadtbewohner vielleicht mehr, als Czischs Ausgleichversuch zwischen den Verkehrsteilnehmern. Oder das Thema öffentliche Sicherheit, bei der Ansbacher mit strikten Positionen bis hin zu mehr Videoüberwachung sich empfohlen hatte: Das dürfte seine Kandidatur in der Innenstadt sogar für konservativere Wähler attraktiv gemacht haben.

Den Überraschungserfolg Ansbachers erklären diese Erwägungen aber nur halb. Gunter Czisch hat acht Jahre Ulm durch teils schwere Krisen manövriert. Er ist geradezu begeistert von Standortpolitik und vertrat seine Stadt als der Ulm-Repräsentant mit großem Nachdruck. Doch bei Wahlen geht es nicht um den Dank für das Geleistete, sondern um die Zukunftsperspektive. So verlangten die Ulmer trotz dieser mindestens ordentlichen Bilanz offenbar nach einem anderen Stil in ihrem Rathaus.

Moderator kommt besser an als die Führungspersönlichkeit

Vielleicht war es am Ende das Plus an Bürgerbeteiligung, das Ansbacher versprochen, und was bei der B-Note zur Entscheidung für den Herausforderer geführt hatte. Ansbacher präsentierte sich als jemand, der seine Ulmer mitnehmen möchte, während Czisch die klare Führungspersönlichkeit ist. In der Stadt, in der viele Projekte –  Verkehr, Gartenschau, Transformation der Wirtschaft – noch mehr Betroffenheiten schaffen, fällt Ansbacher nun die Herkulesaufgabe zu, zu moderieren und gleichzeitig zu führen – und das dürfte seine knackigste Aufgabe in den kommenden acht Jahren werden.

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