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Streaming von Gemeinderatssitzungen: Räte könnten bald selbst über ihr Bild entscheiden
STUTTGART. Bei der Übertragung von öffentlichen Gemeinderatssitzungen im Internet gibt es Bewegung. Für Mitte März ist ein erstes Gespräch zwischen dem zuständigen Innenministerium und kommunalen Spitzenverbänden geplant. Im Vorfeld hat das Ministerium einen Fragenkatalog an den Städtetag verschickt, der auch dieses Feld streift. Städtetags-Referent Norbert Brugger hält es für einen „bedeutenden Kulturwandel“, wenn das Streaming in der Gemeindeordnung verankert wird. Auf Nachfrage des Staatsanzeigers teilt eine Sprecherin des Innenministeriums mit, dass es in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf geben soll.
Vorerst nur interne Überlegungen
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regelung zum Livestreaming soll in eine umfangreichere Novellierung des Kommunalverfassungsrechts aufgenommen werden, so die Sprecherin weiter. Es bestünden bislang nur interne Arbeitsüberlegungen. Im Einzelnen stehen die Regelungen noch nicht fest. Tatsächlich ist das Livestreaming nur ein Punkt unter vielen, den das Ministerium dem Städtetag vorgelegt hat. Außerdem geht es dort um die Weiterentwicklung von Bürgerbegehren oder um die Präzisierung von Fragestellungen bei Bürgerentscheiden.
Grün-Schwarz will Grundlagen schaffen
Im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz heißt es zum Thema Livestreaming, dass in Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rechtsgrundlage geschaffen werden, um öffentliche Sitzungen von Gemeinderäten, Kreistagen und Regionalversammlungen offen im Internet zu übertragen. Die jeweiligen Kommunen sollen aber laut Koalitionsvertrag selbst entscheiden, ob sie diese Möglichkeiten nutzen.
So bliebe die Landesregierung in der Tradition der sogenannten Hauptsatzungsregelungen. Das bedeutet, dass in der Gemeindeordnung lediglich der rechtliche Rahmen gesetzt wird, die detaillierte Ausgestaltung aber weitgehend den einzelnen Kommunen überlassen wird.
Auch die Arbeit von Gemeinderäten selbst gerät in den Blick bei der Novellierung. So geht es um die Frage, ob Gemeinderäten grundsätzlich das Recht eingeräumt werden sollte, an nichtöffentlichen Ausschusssitzungen teilzunehmen, ohne Mitglied des Ausschusses zu sein. Bei der Frage, wann Sitzungsunterlagen bereitliegen sollen, erwägt das Ministerium in Ausnahmefällen die Abkehr von der Sieben-Tage-Frist. Beim Thema „digitale oder hybride Sitzungen“ könnte nachgesteuert werden. Der Städtetag wünscht sich diese Möglichkeit als generelle Option und nicht nur für Notlagen wie etwa während der Pandemie.
Für das Innenministerium sind bei der Umsetzung des Livestreamings die Hinweise aus dem Koalitionsvertrag maßgeblich. Danach sollen die Gemeinderatsgremien entscheiden können, ob sie Streaming grundsätzlich vorsehen. Regelungen und Einzelheiten sollen in der Hauptsatzung des Ortes eingearbeitet werden. Eine Regelung, die Gemeinderäte dazu zwingt, ein Livestreaming anzubieten, soll es demnach nicht geben. Norbert Brugger vom Städtetag hält eine Kann-Regelung, die dann in der Hauptsatzung umgesetzt wird, ebenfalls für sinnvoll. Details müssten aber in den kommenden Gesprächen behandelt werden.
Nicht nur der Datenschutz muss geregelt werden
Klar ist auch, dass es Detailregelungen braucht, um ein Livestreaming zu ermöglichen. Das betrifft etwa den Datenschutz. Für Städtetags-Referent Brugger muss der Widerspruch eines einzelnen Rats möglich bleiben, der nicht gezeigt werden will. Dieses Persönlichkeitsrecht sei das höchste Gut. Gleichwohl habe sich die Haltung mit Blick auf ein Livestreaming grundlegend geändert. Viele Mandatsträger befürworten das und agierten selbst im Netz.
Auch jetzt schon ist eine Übertragung von Gemeinderatssitzungen möglich – sofern alle Mandatsträger zustimmen. Sonst führt dies zu Situationen wie im Gemeinderat in Sindelfingen (Kreis Böblingen). Hier steht eine Aufzeichnung der Tagesordnungspunkte der vergangenen beiden Sitzungen auf der Internetseite zur Verfügung. Gemeinderäte, die in dieser Aufzeichnung nicht gezeigt werden wollen, werden in der Totalen mit einem schwarzen Quadrat versehen.
Denkbar wäre, dass bei knappen Mehrheiten für eine Übertragung viel geschwärzt wird – was die Frage nach dem Mehrwert einer Übertragung aufwirft. Zu regeln wird im Einzelfall auch sein, ob eine Übertragung in Echtzeit oder als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt wird. Außerdem müssten Ratsinformationssysteme (RIS) weiterentwickelt werden, um die Übertragung innerhalb des RIS zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit existiert bislang nicht.
Quelle/Autor: Marcus Dischinger