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Tierschutz

Stippvisite? Stammgast? Wenn ein Luchs durchs Land streift

Luchse sind in der Natur selten. Landen sie doch einmal vor einer Wildtierkamera, freut das die Tierschützer. Aber bedeutet das auch, dass mehr Luchse nach Baden-Württemberg kommen?

Ein Luchs wird von einer Wildtierkamera in der Nähe von Murg an der Grenze zur Schweiz fotografiert. Aufnahmen wie diese sind nach Angaben der baden-württembergischen Experten eher selten.

dpa/ForstBW)

Karlsruhe. Das Schwarz-Weiß-Foto aus dem Unterholz ist körnig und überbelichtet, aber es lässt die Herzen der Luchsfreunde im Land höher schlagen. Zwischen den kleinen Tannen ist auf der Aufnahme der Wildkamera aus der Region um Murg am Hochrhein eines der seltenen und scheuen Exemplare zu sehen, ein Männchen. Ein bislang nicht bekanntes zudem. „Das Fellmuster des Tieres auf der Kamera ist bisher keinem bekannten Luchs zuzuordnen“, teilte Forst BW mit.

Nur eine Stippvisite? Oder wird der Kuder vielleicht ein Stammgast? Zumindest scheint die Hoffnung auf den lang ersehnten Nachwuchs begründet. Denn die jüngste Sichtung fällt mitten in die Ranzzeit. „Wir sind derzeit ganz gespannt und schauen, welche Begegnungen es da draußen gibt“, sagt Verena Schiltenwolf, die sich mit der Luchs-Initiative für die Wiederansiedlung der Großkatzen in Baden-Württemberg engagiert. Es sei natürlich normal, dass Luchs-Männchen ins Land kämen und umherstreiften.

Eine regelmäßige Zuwanderung ist auch nach Angaben des FVA-Wildtierinstituts seit zehn Jahren durch das landesweite Luchsmonitoring festzustellen. Aber: „Luchssichtungen in Baden-Württemberg sind nach wie vor sehr besonders“, sagt FVA-Expertin Linda Kopaniak.

Weibchen breiten sich zurückhaltender als Kuder aus

Das Problem: Nur wenige Luchse bleiben auch mal länger hier und gelten als sesshaft. Denn die Luchsweibchen breiten sich deutlich zurückhaltender aus als die Kuder, die allein weiterziehen. Deshalb wagen Katzen aus dem Schweizer Jura auch nicht den Sprung in den eigentlich bestens geeigneten Schwarzwald.

Das war auch schon mal anders: Als größte wild lebende Katzenart Europas war der Luchs vor mehr als 200 Jahren in Europa weit verbreitet. Sein Schicksal: Als Räuber von Wild- und gelegentlich auch von Nutztieren wurde er gezielt verfolgt. Zudem trug der Verlust von Lebensräumen dazu bei, dass die Tiere aus den Wäldern verschwanden.

Die seit knapp zwei Jahrzehnten einwandernden männlichen Tiere aus der Schweiz reichen für eine stabile Luchspopulation im Land nicht aus – es fehlen die Weibchen. Die erste ausgewilderte Luchsin Finja starb im vergangenen Juli an der für diese Tiere sehr seltenen Infektionskrankheit Staupe, eine weitere mit Namen Verena – in Anlehnung an Schiltenwolf – wurde im November ausgewildert. Zudem gibt es nach Angaben der Luchs-Patin derzeit zwei sesshafte Kuder und mehrere durchs Land streifende Tiere.

Luchs auf der Autobahn überfahren

Treffen Mensch und Luchs bei einem dieser Streifzüge aufeinander, endet das oft tödlich für das Tier. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde ein männlicher Luchs auf der Autobahn A8 bei Remchingen (Enzkreis) überfahren, am Mittwoch geriet ein bislang nicht bekanntes Exemplar auf die Autobahn A98 bei Binzen (Kreis Lörrach) und prallte gegen ein Auto. „Das Tier war sofort tot“, teilte das Landwirtschaftsministerium mit.

Bei dem jüngsten Kadaver handele es sich weder um eines der beiden als sesshaft bekannten Tiere noch um die erst kürzlich ausgesetzten beiden Luchse oder den in Murg fotografierten Kuder. „Ähnlich einem Fingerabdruck lassen sich Luchse anhand ihrer Fellzeichnung voneinander unterscheiden“, teilte das Ministerium mit. Die rechte und linke Körperseite seien bereits über Aufnahmen von Fotofallen bekannt, die Fleckenmuster seien aber erst jetzt mit ein und demselben Tier verknüpft worden. Zuvor sei der Kuder im Oktober 2024 am Feldberg, im Dezember am Schluchsee und zuletzt im Februar bei Kandern nachgewiesen worden.

Dennoch: „Bei seltenen Tierarten wie dem Luchs, wo es letztendlich um jedes einzelne Individuum geht, ist jeder Verlust einer zu viel und besonders bitter“, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU).

Chance auf neu zuwandernde Luchse ist aktuell höher

Kleine Population, überaus scheu, kaum Nachwuchschancen. Da ist es verständlich, dass Experten wie Kopaniak und Schiltenwolf die Sichtungen in diesen Tagen und Wochen aufmerksam verfolgen. „Gerade befinden wir uns in der Ranzzeit, der Paarungszeit der Luchse“, sagt Kopaniak. „Dies ist eine Zeit, in der junge Luchse den Familienverband verlassen und sich auf die Suche nach einem eigenen Territorium begeben.“ Die Chance auf Nachweise neu zuwandernder Luchse sei aktuell höher als zu anderen Jahreszeiten.

Darauf hofft auch Minister Hauk, der für das landeseigene Bestandsstützungsprojekt zum Luchs verantwortlich ist, in dessen Rahmen zuletzt das Luchsweibchen Verena und der Luchskuder Reinhold ausgewildert worden sind. Beide Tiere hätten sich ausgezeichnet im Nordschwarzwald etabliert und seien im Großraum des Auswilderungsortes geblieben, sagte Hauk und ergänzte: „Die Hoffnung auf Nachwuchs steigt.“ Kürzlich sei der im Nordschwarzwald residente Luchskuder Toni in der Nähe zur Luchskatze Verena gesichtet worden.

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