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Städte wollen bei Ansiedlung frühzeitig eingebunden sein

Eine Flächendatenbank listet 640 Gewerbeflächen und Immobilien in Baden-Württemberg auf.
dpa/CHROMORANGE/Elke Münzel)Stuttgart. Um Unternehmen, die sich in Baden-Württemberg ansiedeln wollen, einen ersten Überblick über verfügbare Flächen zu bieten, betreibt die Landesagentur BW-i eine Flächendatenbank. Rund 640 Gewerbeflächen und Immobilien sind darin gelistet, darunter schnell verfügbare Büroräume ebenso wie Produktions- und Lagerhallen, Coworking-Plätze und Freiflächen. Zahlreiche Kommunen haben bereits Flächen eingestellt. Die Mehrzahl der verfügbaren 214 Freiflächen sind allerdings eher kleiner, bieten sich für Handwerker an oder für Betriebserweiterungen. Über 100 000 Quadratmeter finden sich aktuell in der Datenbank 14 Flächen.
Anstrengungen von BW-i brachten 20 Ansiedlungen im Jahr 2024
Doch die Ansiedlung von Unternehmen ist mehr als nur die Bereitstellung von Flächen. BW-i unterstützt interessierte Unternehmen auch bei den notwendigen Prozessen. Und die Landesagentur spricht auch gezielt ausländische Unternehmen bei Messen und Konferenzen an und betreut Delegationen. Das Ergebnis waren im vergangenen Jahr 244 Ansiedlungsanfragen – und damit deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Daraus ergaben sich 20 Ansiedlungen. Zwei aus dem EU-Ausland, fünf aus Deutschland und 13 aus dem nicht EU-Ausland. Das geht aus der Antwort von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) auf einen Landtagsantrag der FDP hervor.
„Die Ansiedlung von Unternehmen ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Je besser diese gelingt, umso besser sind unsere Wettbewerbsvorteile“, sagt Städtetagsdezernent Sebastian Ritter, in dessen Bereich auch die Wirtschaftsförderung fällt. Denn die Ansiedlung ist mehr als das Ausräumen von bürokratischen Hindernissen und das Zurverfügungstellen von Gewerbeflächen. Darüber haben sich zuletzt wieder die Wirtschaftsförderer der Städte bei ihrer Tagung Gedanken gemacht.
Es geht um Wohnraum und Kita-Plätze für die Mitarbeiter von Unternehmen, die sich ansiedeln wollen. Es geht um Schulen und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, wie Rutesheims Bürgermeisterin Susanne Widmaier erläutert. Es geht um die Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs und die Verkehrsbelastung. Themen, die die Kommunen, aber auch die Unternehmen beschäftigen. Denn nur, wenn auch das Umfeld stimmt, können Unternehmen auch die passenden Fachkräfte finden. Da kommt dann auch das Sozialministerium mit Fragen zur Gesundheitsversorgung und zur Pflege ins Spiel, wenn es etwa gilt, Eltern der notwendigen Fachkräfte gut zu versorgen.
„Die Unternehmen brauchen ein Gesamtpaket“
Weitere Fragen sind auch der Energie- und Datenbedarf des Unternehmens. Gibt es genug erneuerbare Energie vor Ort – auch mit Blick auf die Klimaziele der Unternehmen? Und ist das Gebiet an ein schnelles Internet angeschlossen? „Die Unternehmen brauchen ein Gesamtpaket aus all diesen Faktoren für ihren Erfolg“, sagt Ralf Heinzelmann. Er hat viel Erfahrung mit dem Thema, denn Heinzelmann ist Leiter des Eigenbetriebs Wirtschaftsförderung der Großen Kreisstadt Schramberg im Landkreis Rottweil im Schwarzwald.
Und auch die bereits in der Kommune und in der Region lebenden Bürger gilt es mitzunehmen. Nicht bei jedem stößt das Ansiedeln von Unternehmen auf Begeisterung. Das hat die Ansiedlung des Zukunftsunternehmens Cell Centric in Weilheim (Kreis Esslingen) gezeigt. Die Kommunen raten: Bei erstem Interesse eines Investors in einen frühzeitigen und vertraulichen Austausch mit dem Bürgermeister gehen. Dieser habe ein gutes Gespür dafür, welche Punkte vor Ort kritisch gesehen werden könnten.
Wichtig ist, die Bürger frühzeitig einzubeziehen
Für Heinzelmann ist auch vor der formalen Bürgerbeteiligung eine frühzeitige Beteiligung der Bürger wichtig. So habe man in Schramberg, bei einem interkommunalen Gewerbegebiet, die Bürger früh eingebunden. „Das ist ein Pfund, das man nicht verspielen darf“, sagt er. Wichtig sei es, die Bürger im Verfahren gut mitzunehmen.
Da die Ansiedlung von Industrieunternehmen ein sehr komplexes Verfahren ist, plädieren die Kommunen dafür, dass alle Ebenen eng Hand in Hand arbeiten. So sei etwa bei den Genehmigungsverfahren für den Investor auch ein politisches Signal der Landesregierung wichtig: Wir werden eine Lösung finden. Denn für Investoren müssen auch die Fristen kalkulierbar sein. „Niemand kauft ein Auto, wenn man ihm sagt: Du bekommst es zu 95 Prozent in sechs Monaten, aber wann der Fahrersitz kommt, ist völlig unklar“, macht Heinzelmann deutlich. Ein solches Signal hat etwa Tesla bei der Ansiedlung in Brandenburg erhalten, erläutert Ritter.
Eine enge Zusammenarbeit mit BW-i und allen relevanten Ebenen sehen die Kommunen als Voraussetzung für eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik.
Auch den Investor mitnehmen und gut begleiten
Verfahren in Deutschland können kompliziert sein. Es geht um mehr als nur das Baurecht. Das Baunebenrecht, etwa wenn es um Umweltfragen geht, braucht ebenfalls Zeit, genauso wie die Einbindung, frühzeitige Beteiligung und formale Beteiligung der Bürger. Bei all diesen Dingen gilt es nach Ansicht des Städtetags auch den möglichen Investor mitzunehmen, der aus seinem Land andere Verfahren kennt. Deshalb sind die Wirtschaftsförderer der Kommunen überzeugt, dass es auch wichtig ist, die Verfahren in Deutschland für den Investor verständlich zu „übersetzen“ und die Genehmigungen zügig abzuarbeiten.