Verkehr

Städte fordern mehr Handhabe bei Tempo 30

Schon lange gibt es auf kommunaler Ebene den Wunsch nach mehr Freiraum bei der Einführung von innerörtlichen Tempo 30-Zonen. Nun hat das Bundesverkehrsministerium nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Erleichterung verspricht für Tempolimits auf Hauptstraßen.

Fehlen bestimmte Voraussetzungen, ist es für Kommunen kaum möglich, Tempo-30-Zonen einzurichten.

dpa/Felix Kästle)

Langenburg . Wer im historischen Städtchen Langenburg in einem Café oder einem Lokal an der Durchgangsstraße die Außenplätze nutzen will, muss sich darauf einstellen, einem unangenehmen Lärmpegel ausgesetzt zu sein auch bei den innerorts vorgeschriebenen 50 Stundenkilometern. Deshalb ist es verständlich, dass es schon einige Vorstöße in der Stadt im Landkreis Schwäbisch Hall gegeben hat. Bisher sind alle ins Leere gelaufen genauso wie die jüngst von Heide Ruopp initiierte Unterschriftenaktion. Diese fand zwar kein Gehör, aber umso mehr Anerkennung bei der Verwaltung und den Stadträten. Aber diese hatten keine Entscheidungsbefugnis. „Die Zulässigkeit des Einwohnerantrags scheitert daran, dass die zu behandelnde Angelegenheit nicht in den Wirkungskreis der Gemeinde und in den Kompetenzbereich der Gemeinde fällt“, hieß es im Gemeinderat.

Die richtige Adresse für den Antrag ist das Landratsamt als zuständige Verkehrsbehörde für die Durchgangsstraße. Doch bisher gibt es keine Kriterien für die Einführung von Tempo 30 in Langenburg trotz des Einwohnerantrags. Nun müssen sich die Bürger in der rund 1950 Einwohner zählenden Kommune weiterhin mit Tempo 30 auf der kurzen Durchfahrt durch den Torturm begnügen, wo man ohnehin nicht schneller fahren kann.

Bürokratischer Hürdenlauf bedeutet riesigen Aufwand

Auch die EU-Lärmschutzverordnung greift in Langenburg im Gegensatz zu dem nahe gelegenen Untermünkheim nicht, wo schon länger auf der Durchfahrtsstraße Tempo 30 gilt. Dafür gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung ein zu geringes Verkehrsaufkommen. Das Landratsamt hat bisher deshalb keine Handlungsmöglichkeit gesehen.

Schon lange gibt es auf kommunaler Ebene den Wunsch nach mehr Freiraum bei der Einführung von innerörtlichen Tempo 30-Zonen. Darum ist vor zwei Jahren die überparteiliche Initiative Lebenswerte Städte und Gemeinden entstanden, die sich gegen strenge Regulierung ausspricht. Momentan sind mehr als 920 Kommunen, auch baden-württembergische wie Freiburg und Ulm, im Boot. So hält der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) die Einführung eines Tempolimits für einen bürokratischen Hürdenlauf, der einen riesigen Aufwand erfordert.

Angesichts des wachsenden Drucks das Bundesverkehrsministerium nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Erleichterung verspricht für Tempolimits auf Hauptstraßen. In Wohngebieten gilt ohnehin in vielen Kommunen Tempo 30. Der Entwurf sieht Erleichterungen an Spielplätzen, stark genutzten Schulwegen, Fußgängerüberwegen sowie bei Straßenabschnitten vor, die weniger als 500 Meter zwischen zwei Tempo-30-Strecken ausmachen, wie dies zum Beispiel im Stuttgarter Stadtteil Rohracker der Fall ist.

Initiative hält Entwurf für zu kleinteilig

Die Enttäuschung bei der Städteinitiative ist spürbar. Sie hält den Entwurf für zu kleinteilig mit zu schwierigen Genehmigungsverfahren im Einzelfall. Auch die Ludwigsburger Landtagsabgeordnete und Verkehrsexpertin der Grünen Silke Gericke plädiert angesichts der unterschiedlichen Situationen in den Kommunen für mehr Handlungsspielraum vor Ort, was ihrer Ansicht nach auch zum Bürokratieabbau beiträgt. Dagegen stellt sich die Landes-FDP hinter den Entwurf des FDP-geführten Bundesministeriums.

Positive Seiten sieht der baden-württembergische Gemeindetag, wenn er auch keine abschließende Einschätzung geben kann, weil das Gesetzesvorhaben noch in der Abstimmung ist. Positiv zu vermerken sei, „dass der Entwurf keine allgemeine Einführung von Tempo 30-Zonen in Kommunen vorsieht“. Auch sonst sieht der Gemeindetag „einen ersten Schritt in die richtige Richtung“.

Bisher konnten verkehrsregelnde Maßnahmen nur aus Gründen der Sicherheit oder zur Aufrechterhaltung der Verkehrsordnung erlassen werden. Der neue Entwurf ziele nun darauf ab, zusätzlich Ziele wie Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die städtebauliche Entwicklung einzubeziehen. Es bedürfe jedoch weiterer Klarstellungen“, hieß es auf Anfrage des Staatsanzeigers.

Kommunale Initiative zählt 920 Mitglieder

Anfang August könnte die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“, in der auch Langenburg ist, mit 920 Mitgliedern einen Meilenstein vermelden. In den Städten und Gemeinden, Landkreisen und Regionen leben über 35 Millionen Menschen. Sie fordern den Bund auf, „die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anordnen können, wo sie es für notwendig halten.

https://lebenswerte-staedte.de

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