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Stadtumbau: Leonberg will weg vom Image der Autostadt

Leonbergs Oberbürgermeister Martin Cohn will eine ausgewogene Straßengestaltung in seiner Stadt. Autos sollen in der Altstadt nicht verboten werden: Die Verkehrsflächen sollen so neu verteilt werden, dass Auto-, Fuß- und Radverkehr gleichgewichtet sind.

Sechs Monate gab es in Leonberg weniger Raum für Autos. Foto: Stadtverwaltung Leonberg

Stadtverwaltung Leonberg)

Leonberg. Die Stadt Leonberg will weg von ihrem Ruf als Autostadt. Denn die Große Kreisstadt mit ihren knapp 50 000 Einwohnern ist nicht allein von den Autobahnen 8 und 81 umgeben. Mitten in der Stadt zwischen Altstadt und der neuen Stadtmitte mit den Einkaufszentren fließt der Verkehr teilweise sogar zweispurig in jede Richtung. Das soll sich ändern. Ziel ist eine Neuverteilung der Verkehrsflächen. Dabei soll der Pkw-Verkehr nicht verboten werden. Das Ziel ist jedoch, ihn so zu reduzieren, dass er mit Fuß- und Radverkehr gleichgewichtet wird. Denn grundsätzlich ist Leonberg eine Stadt der kurzen Wege, von denen viele zu Fuß oder per Fahrrad zurückgelegt werden können. Oberbürgermeister Martin Cohn spricht von einer ausgewogenen Straßengestaltung.

Die Eltinger Straße führt in weiten Teilen mit je zwei Spuren durch die Stadt. Hie fand auch ein Teil des Verkehrsversuchs statt. Sie soll künftig nur noch eine Spur je Richtung haben, um Raum für Fußgänger, Radfahrer und Bäume zu schaffen. Foto: Stefanie Schlüter

Die Auswertung des sechsmonatigen Verkehrsversuchs hat nun die Ergebnisse der vorangegangenen Simulation bestätigt: Obgleich an zwei zentralen Durchfahrtstraßen durch die Stadt mit zwei Fahrspuren pro Richtung jeweils eine nur noch für Busse und Radverkehr freigegeben war, kam es nicht zum von manchen befürchteten Verkehrskollaps.

Nach Bürgerbeteiligung werden Planungen vorangetrieben

„In der Spitzenstunde zum Feierabend, also etwa zwischen 16.30 und 17.30 Uhr, haben wir Auswirkungen auf den Verkehr von weniger als zehn Prozent festgestellt“, erläutert Stephan Kerner, Leiter des Referats für innovative Mobilität der Stadt Leonberg. Das entspricht auch den Ergebnissen einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik. Daraus geht hervor, dass Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung nicht zu Verlagerungen oder Problemen im Verkehrsablauf führen, sondern sich die Verkehrsbelastung insgesamt reduziert. „Die Sorge, dass Veränderungen im Verkehr zu Problemen führen, ist zwar verständlich, aber in der Praxis meist unbegründet“, sagt Kerner.

Nachdem die Ergebnisse des Verkehrsversuchs nun vorliegen, soll die „Stadt für Morgen“ – so der Name des Großprojekts – weitergeplant werden. Ein Ingenieurbüro arbeitet derzeit auf Basis der vorangegangenen Bürgerbeteiligung Vorschläge aus. In mehreren Sitzungen hatte die Stadtverwaltung gemeinsam mit Planungsbüros die Ziele vorgestellt (der Staatsanzeiger berichtete am 12.11.21 und am 30.09.22) und mit Bürgern und Einzelhandel Ideen für die Umgestaltung der Stadt erarbeitet. Denn mit jeweils nur einer Fahrspur pro Richtung auf den Hauptverkehrsachsen gewinnt die Stadt deutlich Raum für den Fuß- und Radverkehr, aber auch für mehr Grün in der Stadt. So soll auch das vor bereits zehn Jahren entwickelte Radkonzept der Stadt nun Stück für Stück umgesetzt werden.

Sechs Meter breite Fahrradbrücke zwischen Altstadt und Postareal

Durch den geplanten Abriss des Postareals und die geplante neue Bebauung – die Pläne dazu hatte der Gemeinderat noch vor der Sommerpause gebilligt – ergeben sich weitere Möglichkeiten. Der Gemeinderat hatte die Pläne der Firma Strabag für das Gelände noch vor der Sommerpause gebilligt. Das Projekt ist auch Teil der IBA 2027. Im Zusammenhang mit der neuen Bebauung soll auch eine sechs Meter breite Fahrrad- und Fußgängerbrücke von der neben der Altstadt verlaufenden Durchgangsstraße bis zum Postareal errichtet werden. Laut Stadt könnte die Brücke zu einem Leuchtturmprojekt werden.

Zugleich prüft die Stadtverwaltung Impulse aus Handel- und Gewerbe, den Platz vor den Einkaufszentren, der derzeit vor allem ein großer Straßenkreuzungspunkt ist, verkehrsfrei umzugestalten. Die Ideen reichen von Begrünung, Beeten und Bäumen, Wasserspielen und Straßencafes bis zur Integration einer großen Kletterwand und der Volkshochschule. Um dies zu ermöglichen, müsste der Verkehr über eine bereits vorhandene Straße zwischen Parkhäusern und Einkaufszentrum herumgeleitet werden, die dazu vermutlich ertüchtigt werden müsste. Dies wird nun untersucht.

Das Postareal soll abgerissen werden. Foto: Stefanie Schlüter

Weitere Überlegungen betreffen etwa das Carsharing. Ziel der Stadt ist es, dieses direkt in den Stadtvierteln, wo es benötigt wird, anzubieten. Dazu sind entsprechende Verhandlungen mit den Betreibern notwendig, die bislang vor allem auf die Bahnhofsregion als Standort setzen. Auch wurde aus der Bevölkerung angeregt, den innerstädtischen Nahverkehr entsprechend auszubauen. Denn derzeit sind Stuttgart oder die umliegenden Orte mit Bus und Bahn gut zu erreichen. Innerhalb der Kernstadt hingegen ist das Angebot sehr eingeschränkt.

Und damit der Ausweichverkehr bei Stau auf der Autobahn nicht regelmäßig den Verkehr in der Stadt lahm legt – und damit auch den Busverkehr, gibt es dort bereits elektronische Hinweisschilder, über die die Autofahrer erfahren, wie lange die Fahrt auf der Autobahn dauert und wie lange durch Leonberg. Meist geht es auf der Autobahn trotz allem schneller. Künftig könnten auch Ampelschaltungen vor der Stadt den Verkehr zusätzlich beeinflussen.

Förderzusagen vom Land für zwei Teilbereiche

Insgesamt rechnet die Stadt für die in den kommenden Jahren anstehenden Veränderungen mit Kosten von rund 15 Millionen Euro. Die ersten beiden Abschnitte sind nach Angaben des Verkehrsministeriums bereits ins Programm Kommunaler Straßenbau im Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aufgenommen. Für die Neugestaltung Poststraße wird mit Gesamtkosten von 1,9  Millionen Euro gerechnet, die voraussichtliche Zuwendung liegt bei 1,1 Millionen Euro. Für den Teilbereich Poststraße, Römerstraße und Eltingerstraße wird mit Gesamtkosten von 5,1 Millionen Euro gerechnet. Die voraussichtliche Zuwendung liegt bei 3,2 Millionen Euro. Da es sich derzeit noch um Programmaufnahmen handelt, können sich die Zuwendungen bei der Prüfung der Bewilligungsanträge laut Ministerium noch ändern.

Der Fördersatz beträgt 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Hinzu kommt eine Planungspauschale von zehn Prozent. Das entspricht dem Regelfördersatz im LGVFG. Ein Teil der 2023 ins Programm aufgenommenen Maßnahme erhält als besonders klimafreundliche Maßnahme einen erhöhten Fördersatz von 75 Prozent plus Planungskostenpauschale.

Die Anmeldung weiterer Bauabschnitte ins Kommunale Straßenbauprogramm hat die Stadt gegenüber dem Regierungspräsidium bereits angekündigt. „Damit handelt es sich bei dem Projekt in Leonberg aus Sicht des Verkehrsministeriums um eine umfangreiche Maßnahme der Umgestaltung zur lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte, sowohl im Gesamtinvestitionsvolumen als auch in den voraussichtlichen Zuwendungen des Landes“, so ein Ministeriumssprecher.

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