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Sieben Kandidaten nach anfänglichem Zweikampf in Friedrichshafen
Friedrichshafen. Am Anfang sah es nach einem Duell im OB-Wahlkampf in Friedrichshafen aus. Bereits Mitte Mai, acht Wochen nach dem angekündigten Rückzug von Oberbürgermeister Andreas Brand, machte Simon Blümcke mit einer nüchternen Pressemitteilung seine Kandidatur kurz und knapp öffentlich. Der amtierende Erste Bürgermeister in Ravensburg, der zuvor zwölf Jahre Rathauschef in der Bodenseegemeinde Hagnau war, ging noch vor der Kommunalwahl in die Offensive.
Der 36-jährige Bürgermeister der Nachbargemeinde Immenstaad wählte kurz darauf einen spektakuläreren Weg. Johannes Henne ließ über eine Wahlkampfagentur die Presse einladen, weil ein „aussichtsreicher Bewerber“ am Moleturm der Zeppelinstadt sein Interesse an dem Posten bekanntgeben wird. Hier ließ er ein riesiges Wahlkampfbanner mit dem markigen Spruch „Henne für den Hafen“ entrollen – ohne Genehmigung der Stadtverwaltung. „Manchmal muss man einfach machen“, erklärte Johannes Henne dann schmunzelnd am Fuß des Moleturms.
Vor den Sommerferien kam kein weiterer Bewerber hinzu
Zwar trat mit dem ortsansässigen Immobilienmakler Frank Schmid kurz darauf ein weiterer Kandidat auf den Plan. Doch der 57-Jährige machte kurz vor dem Start der Bewerbungsfrist am 29. Juni einen Rückzieher. An dem Tag gaben nur die beiden Bürgermeister ihre Unterlagen im Rathaus ab, Simon Blümcke sogar schon kurz nach Mitternacht. Dass er bei der OB-Wahl nun doch nicht ganz oben auf dem Stimmzettel steht, ist dem Losverfahren geschuldet.
Vor den Sommerferien kam kein Bewerber hinzu. Simon Blümcke und Johannes Henne nutzen seither die Zeit für viele öffentliche Auftritte und Gespräche, verfolgen allerdings unterschiedliche Strategien.
Henne startete Spendenaktion, Blümcke will kein Geld annehmen
Henne startete beim Online-Portal „gofundme“ eine Spendenkampagne, um 20 000 Euro einzuwerben und so einen professionellen Wahlkampf mithilfe einer Agentur zumindest teilweise zu finanzieren. Als junger Familienvater könne er solche Summen nicht einfach so stemmen. Doch nicht mal 1000 Euro kamen so zusammen, der Aufruf wurde eingestellt. Bei der Bürgerschaft punkten will er auch mit ungewöhnlichen Formaten. So ließ er sich im Sommer mit dem Slogan „Grill den Henne“ bei privaten Grillpartys einladen oder bot seine Hilfe bei Vereinen an, die noch Lücken im Schichtplan beim nächsten Fest haben.
Simon Blümcke hingegen erklärte, dass er Spenden ganz bewusst nicht annehme. Gerade in Friedrichshafen und mit den zahlreichen Mandaten des OBs bei Wirtschaftsunternehmen seien Unabhängigkeit und Transparenz noch wichtiger als in anderen Städten.
Deshalb bezahle er seinen Wahlkampf komplett selbst. Auch auf die Hilfe eines „Bürgermeistermachers“ verzichtet Blümcke, weil Politik stärker denn je um Vertrauen werben müsse und „insgesamt weniger taktieren sollte“, meint er.
Alle treten als unabhängige Kandidaten im Wahlkampf auf
Bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 2. September kamen binnen vier Wochen fünf weitere Bewerber für den OB-Posten hinzu. Auch Frank Schmid, der seine Bewerbung aus familiären Gründen zurückgezogen hatte, steht nun wieder auf dem Zettel. Dazu kommen Bewerber ohne Verwaltungserfahrung: Dieter Baldauf (selbstständiger Schlosser), Rocco Granato (Qualitätsprüfer), Markus Werner (Geschäftsführer in Rente) und Franz Eduard Gruber (Unternehmer). Öffentlich bekannten sich letztlich sogar neun Männer zu einer Kandidatur. Zwei von ihnen reichten jedoch nicht alle Unterlagen vollständig ein und wurden deshalb vom Wahlamt nicht zugelassen.
Mit den beiden amtierenden Bürgermeistern stehen am 29. September also insgesamt sieben Männer im Alter von 36 bis 65 Jahren zur Wahl. Alle treten als unabhängige Kandidaten im Wahlkampf auf. Auch Johannes Henne, der seit 20 Jahren CDU-Mitglied ist und für die Partei im Kreistag des Bodenseekreises sitzt. Simon Blümcke vertrat von 2004 bis 2015 die Interessen der Freien Wähler im Kreistag Ravensburg.
Bewerber will Arbeitspflicht für Flüchtlinge einführen
Mit dem letzten OB-Kandidaten nimmt der Wahlkampf nun auch inhaltlich deutlich an Schärfe zu. Gruber reichte nur wenige Stunden vor Fristende seine Unterlagen ein. Der 61-Jährige will in den verbleibenden dreieinhalb Wochen bis zur Wahl vor allem mit dem harten Thema Migration punkten. In Interviews ließ er verlauten, er wolle als OB unter anderem eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge einführen oder sicherstellen, dass Wirtschaftsflüchtlinge abgeschreckt werden. Andere Kandidaten fokussieren hingegen stark auf lokale Themen und Probleme.
Sollte bei der Wahl am 29. September kein Bewerber die absolute Mehrheit erreichen, findet am 13. Oktober die Stichwahl statt. Da der neue OB voraussichtlich nicht schon am 1. November sein Amt antreten kann, wird Erster Bürgermeister Fabian Müller übergangsweise die Amtsgeschäfte führen.
Andreas Brand hört mit 60 auf
Oberbürgermeister Andreas Brand wird am 31. Oktober sein Amt niederlegen und am selben Tag feierlich verabschiedet. Er hatte im März verkündet, sieben Monate vor Ablauf seiner zweiten Amtszeit in der Zeppelinstadt im Juni 2025 vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Damit muss die Wahl vorgezogen werden. Brand ist seit 1992 Bürgermeister, erst in Weil am Schönbuch, dann in Böblingen und seit 2009 Oberbürgermeister der Zeppelinstadt. Er feierte im Mai seinen 60. Geburtstag.