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S-21-Verspätung bremst das Rosenstein-Quartier aus
Stuttgart. Sie hatten sich das so einfach vorgestellt 1994, als die Entscheider von Land, Landeshauptstadt und Bahn das Gleisvorfeld des Stuttgarter Bahnhofs als Ort eines neuen Stadtteils priesen. Seit 2002 ist der Boden im Eigentum der Stadt. Für die 109 Hektar überwies diese der Bahn 897,7 Millionen Mark. Wären die Züge wie geplant 2019 quer zum Talkessel in den Tiefbahnhof eingefahren, wären zentrale Probleme Stuttgarts längst gelöst oder zumindest abgemildert. Doch das neue Stadtviertel lässt auf sich warten.
Stuttgarter Mietwohnungsmarkt sollte entlastet werden
Mit Tausenden von neuen Wohnungen sollte der für seine ständig steigenden Mieten bekannte Stuttgarter Wohnungsmarkt entlastet werden. Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie eine Neuordnung der Stadtbahn und S-Bahn – alles für mehr urbane Attraktivität. Seit 2021 steht außerdem fest, dass am nördlichen Ende des Rosenstein-Gebiets bei den alten Wagenhallen die Ausweich-Spielstätte für die sanierungsbedürftige Staatsoper gebaut wird.
Frage nach der Realisierung stellt sich
Doch mit dem immer wackliger werdenden Zeitplan für die Fertigstellung des Bahnhofs stellt sich auch die Frage nach der Realisierung der Rosenstein-Pläne. Mit ersten Gebäuden, so war vor den Gerüchten um die neuste Verspätung zu lesen, wäre nicht vor 2029 zu rechnen gewesen.
Planung geht von einem fertigen Bahnhof im Dezember 2025 aus
Stuttgart aber geht weiter von der Inbetriebnahme des Bahnhofs bis Dezember 2025 aus. Dann könnte mit der Beseitigung der Gleise der Startschuss für den Bau des Rosenstein-Viertels fallen. Wie lange das dauert, möchte das Rathaus nicht beziffern. Der Rückbau des Gleisvorfelds könne innerhalb des Projektablaufs nicht isoliert betrachtet werden. Vorbereitungen für die schrittweise Bahnhofsinbetriebnahme gebe es nicht, dies sei kein Teil der Planungen gewesen, die sich auf die Bahn-Aussage „Fertigstellung Dezember 2025“ beziehen. An Spekulationen über einen weiteren Verzug wolle man sich nicht beteiligen. „Die Bahn muss jedoch baldmöglichst eine verbindliche Ansage machen, wie es weitergeht“, heißt es auf eine Staatsanzeiger-Anfrage.
Gemeinderat beschließt Rahmenplan
Wie es weitergehen soll, wüsste die Landeshauptstadt ziemlich genau. Dazu hat der Gemeinderat im vergangenen Oktober einen Rahmenplan verabschiedet, der die 85 Hektar große Bahnfläche in vier Bereiche aufteilt.
Bis zu 5700 Wohnungen geplant
Im Europaquartier, das sich an den Bahnhofstrog anschließt, sowie im eigentlichen Rosensteinquartier, das auf dem fächerförmigen Rangierbahnhof entstehen soll, werden die meisten der geplanten 4700 bis 5700 Wohnungen gebaut, die Hälfte davon sozial gefördert. Diese werden in durchschnittlich 21 Meter hohen Gebäuden untergebracht, die sich um halb öffentliche Innenhöfe gruppieren. Einzelne Häuser werden mit bis zu 33 und 48 Metern herausragen.
Ein Stadtviertel mit zahlreichen Schulen und wenigen Autos
Zwei Gymnasien sowie jeweils eine Real- und Gemeinschaftsschule plus vier Grundschulen garantieren die ortsnahe Bildungsversorgung. 25 Kitas mit 139 Gruppen sind geplant. Zwischen 15 und 20 Prozent der Flächen sind für Gewerbe vorgesehen.
Nur noch 0,1 Stellplatz pro Wohneinheit
Der Autoverkehr soll runtergedimmt werden, nur 0,1 Stellplatz pro Wohneinheit sei geplant. Neue S- und Stadtbahnhaltestellen verbinden den Rosenstein mit der Stadt. Fünf Mobilitätshubs, die als Infrastrukturzentrale für Parken, Carsharing, E-Fahrzeugladestelle oder für die Fahrradreparatur dienen, sind als Mittelpunkt der Nachbarschaften geplant.
„Loop“ soll die Quarteiersteile verbinden
Das alte Nordbahnhofsviertel schiebt sich wie ein Keil in die bisherige Schienenfläche. Zwei besonders gestaltete Straßen durch das Viertel sollen das neue Rosensteinquartier mit dem Areal um die Wagenhallen verbinden. Das Areal wird als Kreativquartier unter dem Namen Maker City geplant und gehört zu den Projekten der Internationalen Bauausstellung IBA’27. Dort kommt der Interimsbau für die Oper unter. Weil es dort keinen Gleisbetrieb gibt, ist die Opernsanierung von der Fertigstellung des Bahnhofs unabhängig.
Grundstücke gehen nur in Erbpacht weg
Die Grundstücke bleiben übrigens im Eigentum der Stadt. Sie will den Boden den Bauherren in Erbpacht überlassen. Dem steht bislang die Bahn im Wege. Aber sie muss den Kauf verzinsen, laut Stadt aber keine Strafzinsen. Zur Höhe gibt sie keine Auskunft, 2012 hatte der damalige Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) von vier Prozent plus Basiszins auf den Kaufpreis gesprochen.
Park, Kultur und eine Carte blanche
Wo heute die Züge von Norden in den Kopfbahnhof einfahren, soll in einigen Jahren ein Park die verschiedenen Quartiere verbinden. Der Gleisbogenpark umfasst grob ein Fünftel der Rosensteinfläche. Gleisbauwerke sollen dort erhalten bleiben und auf die ehemalige Bahnnutzung hinweisen. An seinen beiden Spitzen sind jeweils kulturell oder sportlich nutzbare öffentliche Gebäude geplant. Eine Carte blanche in puncto Nutzung gibt die Stadt den Bürgern für das Gebäude direkt an den Lichtaugen des Bahnhofs, dem Manfred-Rommel-Platz. Ein internationaler Ideenwettbewerb soll ein Nutzungskonzept inspirieren, die beste Idee aus einer Jury-Auswahl dazu kürt am Ende der Gemeinderat.