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Öffentliche Bücherschränke als Mehrwert für die Stadtgesellschaft

Öffentliche Bücherschränke sind mehr als Tauschbörsen. Sie können auch die Lesebegeisterung und das soziale Miteinander fördern. Das möchten die Freiburger Bürgerstiftung und das Literaturhaus Freiburg mit ihrem Projekt Buch-Buden erreichen. Sie können aber auch ein Baustein zur Belebung der Innenstadt sein.
Mann steht vor einem Bücherschrank

Auch in Müllheim gibt es einen Bücherschrank, Spenden für ein mitgenommenes Buch gehen etwa an die Tafel.

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FREIBURG/MÜLLHEIM/TAUBERBISCHOFSHEIM. Die Freiburger Bürgerstiftung und das Literaturhaus Freiburg haben dieser Tage ein neues Projekt auf den Weg gebracht: Im Laufe des Sommers sollen an verschiedenen Orten im Stadtraum neue Buch-Buden entstehen. „Wir wollen da aktiv werden, wo noch keine stehen“, sagt die Vorsitzende der Freiburger Bürgerstiftung Antje Reinhardt, „an sozialen, ungewöhnlichen Orten.“

In Freiburg gibt es 16 öffentliche Bücherschränke – in umgewidmeten Telefonzellen oder Kühlschränken, klassischen Bücherregalen oder eben Bücherschränken. Wichtig ist, dass sie an einem öffentlich zugänglichen Ort stehen, der relativ barrierefrei besucht werden kann. Im Mittelpunkt steht der Büchertausch, indem man ein Buch bringt und ein anderes ausleiht, oder auch aussortierte Bücher zum Mitnehmen für andere deponiert. Initiiert und betreut werden sie von Privatleuten, Paten, durch die Ortsverwaltung, den Stadtteil- oder Bewohnertreff. Teilweise sind sie sehr kreativ gestaltet. Die Bücher werden damit, statt im Regal zu Hause zu verstauben, nachhaltig einem „Lesekreislauf“ zurückgegeben.

Bücherpaten sollen die Buch-Buden betreuen

Die Idee der Bürgerstiftung zielt nun darauf, den Büchertausch und die Lesebegeisterung an Orten wie Obdachlosen- oder Gemeinschaftsunterkünften oder bei lokalen Initiativen zu fördern. Das Projekt bringt damit Nachhaltigkeit, Soziales und Kultur zusammen. Alte Regale oder Vitrinen und Schränke werden von einer Schreinerin zu einer „Buch-Bude“ aufgearbeitet. Einige Möbelspenden sind schon eingegangen, und auch Bücherangebote stehen bereit. „Wir wollen dazu Bücherpaten haben, die die Buch-Buden betreuen“, sagt Reinhardt, „jemand, der regelmäßig schaut und die Regale wieder auffüllt, vielleicht können wir auch Buchwünsche erfüllen, wenn besondere Genres wie Krimis oder Ähnliches besonders nachgefragt werden.“

Eine erste Buch-Bude soll im Juli im Haus 37, dem Gemeinschaftshaus im Freiburger Vauban-Viertel, mit einer Lesung eröffnet werden. Eine weitere Buch-Bude soll in der Bahnhofsmission aufgestellt werden. „Es gibt einfach viele Bücher im Schrank, die keiner mehr liest“, sagt Reinhardt, „und die Buch-Buden sind da ein vernünftiger Zweck, um Bücher in den Kreislauf zu bringen.“ So kämen Menschen an Bücher heran, die gerne lesen, die Bücher aber nicht kaufen können. „Wir machen damit vielleicht auch Lust auf’s Lesen – und bringen mit den begleitenden Lesungen an den verschiedenen Orten die Gesellschaft zusammen.“

Auch in Müllheim (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) gibt es einen öffentlichen Bücherschrank, wo es nicht nur darum geht, Bücher in einen Lesekreislauf einzuspeisen. Wer ein Buch mitnehmen will, kann dafür eine kleine Spende entrichten. „Das richtige Buch kann Dein Leben verändern … oder einfach schöner machen“, heißt es dort, „mit Ihrer Spende unterstützen Sie den Bürgersozialfonds, das heißt Menschen in Müllheim und Umgebung.“

Dass die Kombination Bücher und Soziales gut funktioniert, zeigt dort auch die „Bücherstube“. Diese wird vom Verein „Bücher helfen“ seit 2018 ehrenamtlich mit gespendeten Büchern betrieben. Die gut erhaltenen gebrauchten Bücher werden gesammelt, sortiert und in der Bücher-Oase zu sehr günstigen Preisen verkauft oder direkt an gemeinnützige Institutionen etwa der Alten- und Jugendhilfe gespendet. Der Erlös wird an unterschiedliche Institutionen – etwa die Tafel Markgräflerland oder ein rumänisches Jugenddorf – gespendet.

In Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis) wurde im März eine weitere öffentliche „Bücherzelle“ eingeweiht. Die ausgediente Telefonzelle, die sich auf einem stadteigenen Grundstück befand, wurde dafür renoviert – mithilfe der Stadt, aber auch von Sponsoren und Ehrenamtlichen. Nun steht sie mit Solarzelle versehen rund um die Uhr und kostenlos auf dem zentralen Schlossplatz bereit.

Die Idee dazu entstand in der Corona-Zeit

„Die Idee zum öffentlichen Bücherschrank kam in der Corona-Zeit von einer Bürgerin“, sagt Sabine Münch. Die Leiterin der Stabsstelle Wirtschaftsförderung in Tauberbischofsheim sieht den Bücherschrank auch als Anziehungspunkt für Menschen – und damit als „Baustein zur Belebung der Innenstadt“. Die Bücherschränke in der Stadt würden von ehrenamtlichen „Paten“ betreut. „Sie achten darauf, dass die Bücherschränke sauber gehalten sind und auch nichts Rechtsextremistisches oder Pornografisches in den Regalen steht“, so Münch.

„Es muss sich jemand drum kümmern, es landen schon auch mal Dreck und Bierflaschen im Bücherschrank.“ Ziel sei, sagt Münch, „Bücher für alle zugänglich zu machen und sie einer zweiten Nutzung zuzuführen“.

In Stuttgart gibt es 25 öffentliche Bücherschränke

In Baden-Württemberg gibt es laut einer Liste im Online-Lexikon Wikipedia derzeit 607 öffentliche Bücherschränke, genaue Zahlen gibt es aber nicht. Im Landkreis Lörrach etwa sind elf Bücherschränke gelistet, im Landkreis Ravensburg 13, im Landkreis Karlsruhe 23. In den großen Städten ist die Anzahl höher, so gibt es im Stadtkreis Mannheim 13 öffentliche Bücherschänke, in Stuttgart 25. Betreut werden sie von Ehrenamtlichen. Oft entstehen sie mit kommunaler Unterstützung oder werden von Privatleuten unterhalten.

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