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OB-Wahl in Mannheim: Wie Specht die rote Hochburg erobert hat

Am Ende war der Vorsprung von Christian Specht vor dem Konkurrenten Thorsten Riehle von der SPD hauchdünn. Doch 1,2 Prozent haben gereicht, dass die CDU nach gut 70 Jahren wieder einen Oberbürgermeister in der zweitgrößten Stadt des Landes stellt.
Christian Specht (M, CDU) nimmt im Ratssaal bei der Neuwahl zum Oberbürgermeister der Stadt Mannheim Glückwünsche entgegen. In einem knappen Kopf-an-Kopf-Rennen hat CDU-Politiker Specht die Oberbürgermeisterwahl in Mannheim gewonnen.

Christian Specht (CDU) wird Mannheims neuer Oberbürgermeister mit einem hauchdünnen Vorsprung vor dem SPD-Kandidaten Thorsten Riehle.

dpa/Uwe Anspach)

MANNHEIM. Christian Specht hat es geschafft. „Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, mir war klar, dass es sehr eng wird“, sagt er am Dienstag nach dem spannenden Wahlkrimi. Zuvor hatte er sich am vergangenen Sonntag mit 49,9 Prozent der Stimmen gegen SPD-Mann Thorsten Riehle durchgesetzt, der 48,7 Prozent Stimmen auf sich vereinen konnte. Die SPD verliert damit nach rund 70 Jahren das Rathaus der Quadratestadt an die CDU. „Das ist ein historischer Tag – für Mannheim und für die CDU“, erklärte Landeschef Thomas Strobl am Wahlabend in Mannheim. Weiter jubelte Strobl: „Nach Stuttgart konnten wir auch Mannheim mit einem klasse Kandidaten erobern – und das ist historisch: Die CDU stellt in der größten und der zweitgrößten Stadt des Landes den OB!“

Den Weg frei für Spechts Kandidatur machte sein Noch-Chef im Rathaus, Peter Kurz (SPD). Er hatte im vergangenen Jahr angekündigt, nach 16 Jahren im Amt nicht erneut zu kandidieren. Specht wollte als Erster Bürgermeister bislang nicht gegen Kurz antreten, hatte er stets betont. 

Specht: „Bin es gewohnt, Mehrheiten zu organisieren“

Wie ist es Specht jetzt gelungen, die Bastion der SPD zu überwinden? „Ich bin seit 16 Jahren Erster Bürgermeister, ich kenne meine Heimatstadt sehr gut. Ich kenne ihre wunderbaren Seiten, aber auch die Herausforderungen, vor denen die Stadt steht.“

Dem SPD-Kandidaten Thorsten Riehle ist eine starke Aufholjagd gelungen. Er hatte im ersten Wahlgang noch rund 15 Prozentpunkte hinter Specht gelegen. Bitter für die SPD ist, dass der dritte Kandidat im Bunde, Ugur Cakir, mit 1,3 Prozent der Stimmen chancenlos war und als eigentliches SPD-Mitglied, wenn auch parteiunabhängig, antrat. Er hatte angekündigt, bei der nächsten OB-Wahl wieder zu kandidieren.

Wie die berufliche Zukunft von Riehle aussieht, dem SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, ist offen. Er hatte vor der Wahl betont, die Geschäftsführung des Mannheimer Veranstaltungsorts Capitol abgeben zu wollen. Nun wird er im Gemeinderat mit Specht gemeinsam nach Lösungen für die Herausforderungen Mannheims suchen müssen. Gleichzeitig muss der neue Oberbürgermeister mit einer grün-roten Mehrheit zusammenarbeiten, die gemeinsam 23 von 48 Sitze hat. Die CDU sowie FDP und Mannheimer Liste, die ihn im Wahlkampf unterstützt hatten, kommen in dem Gremium auf zwölf Sitze. Was die Zusammenarbeit angeht, gibt sich Specht zuversichtlich: „Ich bin es durch meine Zeit als Finanzbürgermeister gewohnt, Mehrheiten zu organisieren.“ Bei den wichtigen Themen liege es allen demokratischen Parteien daran, gute Lösungen für Mannheim mitzutragen.

Großer Wermutstropfen für alle Beteiligten am vergangenen Sonntag war erneut die Wahlbeteiligung. Sie war, wie im ersten Wahlgang, auch bei der Neuwahl am Sonntag sehr niedrig. Mit 30,89 Prozent stimmte gerade einmal ein Drittel  der knapp 225 000 wahlberechtigten Einwohner Mannheims ab. 

CDU-Fraktion hat Vorschlag für neuen Kämmerer unterbreitet

Specht verweist auf die niedrige Wahlbeteiligung vor acht Jahren, wo im zweiten Wahlgang noch weniger Personen abstimmten. „Das ist natürlich nicht zufriedenstellend und es wird eine zentrale Aufgabe werden, Menschen für Kommunalpolitik zu interessieren, nicht nur bei Wahlen, sondern auch während einer Wahlperiode.“ Er erwähnt in dem Zusammenhang, dass im Wahlkampf viele neue Formate wie ein Politik-Open-Air ausprobiert wurden.

Zeit für Urlaub hat Specht erstmal nicht. Er will die Phase bis zum Ende von Kurz´ Amtszeit für eine gute Übergabe nutzen. Top-Themen, die es anzupacken gilt, sind für ihn die fast 1500 fehlenden Kita-Plätze, der Klimaschutz sowie die Themen Verkehr und Sauberkeit. Auch Großprojekte wie die Fusion der Unikliniken Mannheim und Heidelberg sowie die Neubautrasse Frankfurt – Mannheim und die Sanierung des Nationaltheaters stünden an.

Spannend wird auch die Personalie, wer auf Specht als Stadtkämmerer folgt. Die CDU-Fraktion hat dafür das Vorschlagsrecht und schlug am Dienstag Volker Proffen vor. Der 44-Jährige ist derzeit Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Almenhof und Pressesprecher des CDU-Kreisverbands. Er ist bei der Südzucker AG tätig, wo er Leiter für Regierungsangelegenheiten ist.

Forscher untersucht Sozialstatus und Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung in den Stadtteilen von Mannheim schwankte stark. Mit die höchste Wahlbeteiligung (ohne Briefwahlstimmen) hatte ein Wahlbezirk in Lindenhof mit 36,45 Prozent – im Vergleich zu nur 5,3 Prozent in Hochstätt mit der geringsten Beteiligung. Diese Schwankungen hingen nach Berechnungen von Constantin Wurthmann von der Uni Mannheim stark mit sozialen Faktoren zusammen. So liege die Mindestsicherungsquote in Hochstätt bei 31,1 Prozent und in Lindenhof bei 4,9 Prozent. Der Verein „Mehr Demokratie“ fordert, automatisch Briefwahlunterlagen bei allen Wahlen zu verschicken.

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