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Neue Zentralklinik Mittelbaden: Wie in Baden-Baden weiter Kinder geboren werden

Dass ein Standort des Klinikums von Baden-Baden nach Rastatt verlegt wird, ist beschlossene Sache. Doch viele Menschen in der Kurstadt wollen sich nicht damit abfinden, dass damit der klangvolle Name als Geburtsort wegfällt. Der Oberbürgermeister macht deshalb einen nicht alltäglichen Vorschlag.

Mit der Verlegung des Klinikums Mittelbaden auf Rastatter Gemarkung würde Baden-Baden seine Geburtsklinik verlieren. Kommunalpolitiker wollen den Geburtsort aber erhalten.

dpa/ZB/euroluftbild.de/Martin Bildstein)

BADEN-BADEN. Die Kommunalpolitiker der Stadt Baden-Baden beschäftigt seit Monaten die Frage, wie die Kurstadt bei Klinikgeburten auch dann noch als Geburtsort in das Standesamtsregister eingetragen werden kann, wenn das Klinikum Mittelbaden in ihrem Stadtteil Balg 2029 in das benachbarte Rastatt verlegt worden sein wird.

Die neue Zentralklinik soll der Strukturveränderung im Krankenhauswesen Rechnung tragen und das vollstationäre medizinische Angebot aller bisherigen Klinikstandorte in Rastatt, Bühl und Baden-Baden bündeln. Der Landkreis Rastatt hat einen Versorgungsauftrag für rund 233 000 Menschen, während der Stadtkreis Baden-Baden in dieser Hinsicht für rund 57 000 Menschen gerade stehen muss.

Baden-Badener Gemarkung für Klinik verlegen

Drei Grundstücksoptionen – darunter auch das jetzige, im Jahr 1977 bebaute Klinikgelände – hatte die Kurstadt zur Standort-Begutachtung für das Großprojekt ins Rennen geschickt, ohne Erfolg. Ganz oben im Ranking landete eine Fläche auf Rastatter Gemarkung, für deren Bebauung sich der dortige Gemeinderat bereits im Sommer aussprach. Eine Rastatter Bürgerinitiative strengt dagegen ein Bürgerbegehren an und führt auch Natur- und Artenschutzaspekte ins Feld.

Die vor Kurzem als eine der Great Spa of Europe auf die Unesco-Welterbeliste gesetzte Kommune wird gerne auch als „kleinste Weltstadt“ apostrophiert. Sie hat sich rasch damit abgefunden, dass sie beim neuen Großprojekt mit 700 Betten – gegenüber 890 im jetzigen Klinikum – und einem Geländebedarf von 6,8 Hektar außen vor bleibt. Allerdings soll es dereinst wenigstens, so die Vorstellung in Baden-Baden, den Namen „Zentralklinikum Baden-Baden Rastatt“ tragen. Die Bedeutung des Gesundheitsstandorts der Kurstadt rechtfertige das. Nicht abfinden will man sich hingegen damit, dass der international bekannte Name Baden-Baden als Geburtsorteintrag für Klinikgeburten beim Standesamt hinfällig würde. Ihn – wohl seiner Strahlkraft wegen – für künftige Generationen zu sichern, ist vielen Bürgern ein Herzensanliegen, wie Reaktionen in den lokalen Medien zeigen.

Kurstadt hat Position als Stadtkreis behauptet

Die Aufgaben einer unteren Verwaltungsbehörde erfüllen Stadtkreise als Pflichtaufgabe nach Weisung und werden vom Bürgermeister wahrgenommen. Unberührt davon bleiben die Selbstverwaltungsaufgaben nach der Gemeindeordnung.

Mit rund 57 000 Einwohnern hat Baden-Baden unter den neun baden-württembergischen Stadtkreisen mit Abstand die geringste Bevölkerungszahl.

Eine hervorgehobene Stellung in der Verwaltungsstruktur hatte die Kurstadt bereits ab 1939. In den 1950er-Jahren wurde die Eingliederung in den Landkreis Rastatt versucht. Bei der Kreisreform 1973 blieb der Stadtkreis Baden-Baden erhalten.

Während der Rastatter Gemeinderat bereits im August ein einhelliges Bekenntnis für den präferierten Standort abgegeben hat, wurde die Standortfrage in Baden-Baden zunächst vertagt und von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung abgesetzt. Bewegung in den Entscheidungsprozess brachte schließlich ein überraschender und nicht alltäglicher Vorschlag von Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos), dem der Gemeinderat jetzt gefolgt ist.

Jüngst hat das Gremium immerhin der „vertieften Prüfung eines Zentralklinikums auf Gemarkung Rastatt“ zugestimmt, gleichzeitig aber als Prämisse einen Gemarkungsaustausch mit Rastatt angemeldet, um so „Geburten auf der Gemarkung Baden-Baden“ möglich zu machen.

Lässt sich Insellösung passgenau umsetzen?

Durch den Gebietstausch soll ein Teil der Kreißsäle auf kurstädtischem Grund und Boden – gewissermaßen als Enklave auf der Gemarkung der Nachbarstadt – gebaut werden. Damit sieht man Baden-Baden als standesamtlich dokumentierten Geburtsort für die Zukunft gerettet.

Auf Gegenliebe ist dieses Ansinnen bislang allerdings nicht gestoßen. Entscheidend für die Bürger in Mittelbaden sei, so ein Positionspapier von Stadtverwaltung und Gemeinderat der Nachbarstadt, der bestmögliche Standort, die Frage des Geburtsorts dürfe keine Rolle spielen. Der Rastatter Standpunkt lässt keinen Zweifel aufkommen: „Ein Gemarkungstausch, nur um einen bestimmten Eintrag in einer Geburtsurkunde zu ermöglichen, ist daher nicht vorstellbar.“

An rechtliche Hürden erinnerte in der Zwischenzeit das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP). Die Rechtsaufsichtsbehörde verweist auf die Pflicht, vor dem Beschluss einer Änderung der Gemeindegrenzen eine förmliche Anhörung der Bürger durchzuführen. Die Genehmigung setze, so das RP, Gründe des öffentlichen Wohls voraus, persönliche Interessen der Einwohner zählten nicht. Einen Fingerzeig auf praktische Fragen gibt das Regierungspräsidium: Lässt sich die Insellösung passgenau baulich umsetzen?

Quelle/Autor: Werner Frasch

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