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Kolumne: Eingekreist

Moderne Kunst hilft gegen Nazi-Monumente

An etlichen Gebäuden im Lande kann man noch ablesen, wes Geistes Kind deren Erbauer waren. Die 30er Jahre sind vielerorts, zumindest architektonisch, noch präsent. Nachdem der örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir Protest angemeldet hat, gab es nun einen Vorschlag zum Umgang mit dem Bauschmuck, der sich hören lassen kann.

Protest und keine Kunst, so sieht der Reichsadler am Ulmer Finanzamt aus. Das Relief soll sich nun ein Künstler vornehmen, um ihm den Geist aus dunkler Zeit auszutreiben.

dpa/Christoph Schmidt)

Mit stechendem Blick und krummem Schnabel prangt das Tier an der Fassade, Flügel und Federkleid nur umrisshaft aus dem Stein gemeißelt. Typisch 30er Jahre, so stellt der Gebäudeschmuck die Frage nach dem Umgang mit der Geschichte: Der steinerne Reichsadler aus der NS-Zeit, soll er an der Fassade des Ulmer Finanzamts bleiben oder nicht?

Belastetes Hochrelief aus der Nazi-Zeit

Das belastete Hochrelief am staatlichen Gebäude wird nun nicht einfach abgeschlagen oder banal per Texttafel erklärt, so das Land, dem das Gebäude gehört. Ein Wettbewerb soll einen Künstler finden, der dem Stein eine neue Bedeutung abtrotzt. Eine kluge Entscheidung!

Robust gebaut, um tausend Jahre zu überstehen

Die Baurelikte des Dritten Reichs fordern Staat und Kommunen heraus. Einschüchternd mussten sie sein und robust, sie sollten ja tausend Jahre halten. Heute wirken sie abweisend und grob, wie die ehemalige Oberpostdirektion in Karlsruhe, die Heidelberger Thingstätte oder die 14 Stuttgarter Monumentalsäulen für ein Mussolini-Denkmal – unbestreitbar Albert-Speer-Gedächtnis-Architektur und doch erhaltenswert.

Kampf gegen das Vergessen

Denn je länger das Dritte Reich untergegangen ist, desto mehr sind wir im Kampf gegen das Vergessen auf authentische Baudenkmäler angewiesen. Abriss, den Bauschmuck abschlagen, das würde die Erinnerung bloß zerstören. Geschichtsvergessen wäre es aber, ließen wir erhaltene Gebäude unkommentiert.

Dümmliche Monumentalität brechen

Deshalb ist alles willkommen, was die dümmliche Monumentalität, die Kriegsverherrlichung, den Unterdrückungsfetisch dieser baulichen Zeitzeugen bricht. Ein gegen den Strich gebürsteter Reichsadler kann sich daher auch im demokratischen Rechtsstaat sehr wohl zur Zierde eines Verwaltungsgebäudes mausern.

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