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Martin Ansbacher: „Die Gartenschau finanzieren wir mit Neuverschuldung“
Ansbacher: Unvorhersehbare Entwicklungen gehören zu den vielen Herausforderungen, die das Amt mit sich bringt. Darauf muss man, das haben mir auch andere gesagt, immer vorbereitet sein, und dann besonnen reagieren. Beim drohenden Hochwasser sah es am Freitag erst düster, am Samstag dann wieder besser aus. Wir hatten ja nach der Hochwasserkatastrophe von 1999 in Ulm Vorkehrungen getroffen. Sie haben sich vollumfänglich bewährt. Deshalb sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.
Hochwasserschutz ist Ländersache und die Unterschiede zwischen Baden-Württemberg und Bayern müssten sich ganz besonders deutlich an den Grenzstädten Ulm und Neu-Ulm deutlich machen.Auf der Arbeitsebene kann ich das nicht bestätigen. Wir hatten sofort einen guten Draht zwischen den Feuerwehren und Verwaltungen beider Städte und zu meiner Amtskollegin Katrin Albsteiger, der Info-Austausch lief ungestört. Die dauerhaft gute, konstruktive Zusammenarbeit zwischen den beiden Städten hat den Grundstein für die gute Bewältigung der Hochwasserkrise gelegt. Wir in Ulm haben mit Neu-Ulm unsere Hochwasserschutzmaßnahmen abgestimmt, die wir nach der Katastrophe von 1999 ergriffen haben. Das sind bauliche Maßnahmen und ein Hochwasserschutzplan. In Ulm war die Flut aber auch nicht so stark wie in den bayerischen Landkreisen flussabwärts.
Überraschend war auch, dass 63 Millionen Euro, die von den Stadtwerken Ulm an die Landesgartenschau transferiert werden sollten, nun doch für die Stadtwerke verwendet werden. Warum?Wir lassen tatsächlich Gelder bei unseren SWU und finanzieren die Ausgaben für die Gartenschau mit Neuverschuldung, welche die Stadt sich aber auch leisten kann. Wir haben die Obergrenze an Verschuldung festgelegt. Ob wir diesen Betrag von 200 Millionen Euro ausschöpfen, ist unklar. Allerdings müssen wir neben den Kosten für die Landesgartenschau 2030, die ein wichtiges Stadtentwicklungsprojekt ist, auch die Sanierungskosten für zwei große Donaubrücken finanzieren. Das sind alles Dinge, die sich nicht verschieben lassen. Klar ist, dass wir auf den Haushalt aufpassen, Kosten im Blick haben und priorisieren müssen.
Die Dritte Überraschung waren die Pläne zu einem Discovery-Center, mit dem an Albert Einstein gedacht werden soll, dem berühmtesten Sohn der Stadt.Das ist ein privates Projekt, das der weltberühmte Architekt Daniel Libeskind planen soll, der auch das Jüdische Museum in Berlin gestaltet hat. Ulm gibt das Grundstück, wir glauben, dass so ein Gebäude mit entsprechendem Inhalt sehr hilfreich sein kann. Bis es so weit ist haben wir noch einen langen Weg vor uns.
Das Verhältnis Ulms zu Einstein scheint ohnehin distanziert zu sein.Jetzt kommt ja Bewegung in die Sache. Wir haben in der Ulmer Altstadt ohnehin bald ein neues Einsteinmuseum und zusätzlich mit dem Discovery-Center die Chance auf ein architektonisches Wahrzeichen. Ich finde es notwendig, die Verbindung Ulms zu Albert Einstein zu betonen: Lasst uns dieses Jahrhundertgenie feiern!
Über diese Themen wurde vor der Wahl nie geredet. Damals ging es bei Ihnen zum Beispiel um die Wohnungsallianz.Die Wahlkampfthemen werden nicht vernachlässigt. Im Gegenteil: Im September kommt die wohnungspolitische Debatte im Gemeinderat. Auch die Wohnungsallianz mit den Akteuren des Wohnungsmarkts bereiten wir vor. Mobilität, das Kurzstreckenticket, öffentliche Sicherheit und Sauberkeit, Kriminalitätsschwerpunkte, bessere Beleuchtung und Waffenverbotszone, das steht auf der Tagesordnung.
Oft dauert es über zehn Jahre, bis Häuser stehen. Kann Wohnen ein Gewinnerthema für einen Oberbürgermeister sein?Ob Gewinnerthema oder nicht, es ist nötig, darüber zu sprechen und die Herausforderungen anzugehen. Wir haben einen Werkzeugkasten, die kommunale Liegenschaftspolitik, wir können die städtische Wohnungsbaugesellschaft mit mehr Kapital ausstatten und ein Wohnungsbauprogramm auflegen. Das kann zum Gewinnerthema werden, wobei die Bezeichnung aber für mich nicht so wichtig ist: Ich habe die Aufgabe, durch bezahlbaren Wohnraum im prosperierenden Ulm für sozialen Ausgleich zu sorgen.
Werden Sie nach der Kommunalwahl Mehrheiten für Ihre Vorhaben finden?Selbst mit einer anderen Ratszusammensetzung als jetzt glaube ich nicht, dass es Widerstand im Gremium geben wird. Ganz im Gegenteil! Ich finde viele meiner Ideen in den Wahlprogrammen wieder.
Durch das neue Wahlrecht gab es ja eine Stichwahl . Sind Sie dafür dankbar?(Lacht) Es kann sein, dass mir das geholfen hat, aber es gab ja noch andere Faktoren, die meinen Vorsprung von elf Prozent erklären.
Das Gespräch führte Peter Schwab
Zur Person
Stadtrat Fraktionsvorsitzender und nun Oberbürgermeister, der 48-jährige Martin Ansbacher hat eine steile politische Karriere hingelegt. Der ehemalige Partner einer Ulmer Rechtsanwaltskanzlei wurde 2014 erstmals in den Ulmer Gemeinderat gewählt. Seit 2019 amtierte er als Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion.
Nach seiner Wahl stand das Ulmer Rathaus landesweit in den Schlagzeilen – allerdings nicht wegen der Politik, sondern wegen kleinen Enten , die noch immer im Gebäude auftauchen. Wer das ausgebrütet hat, weiß Ansbacher auch nicht, die Spaß-Aktion gefällt ihm aber.
Bei der Stichwahl am 17. Dezember 2023 setzte sich Ansbacher mit 55,11 Prozent der Stimmen gegen Amtsinhaber Gunter Czisch (CDU) durch, der 44,89 Prozent der Stimmen erhielt. Drei Wochen zuvor errang Ansbacher mit knapp 30 Prozent den zweiten Platz hinter Czisch (43 Prozent), drittplatzierte wurde die Grünen-Landesvorsitzende Lena Schwelling mit knapp 21 Prozent, zwei weitere Kandidaten blieben abgeschlagen.