Landräte appellieren an die Ampel
Stuttgart/Berlin. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts fordern Landräte und Landespolitikern eine rasche Reaktion des Bundes. Als Konsequenz aus dem Richterspruch bleiben laut der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg acht von 115 Notfallpraxen geschlossen, sechs werden teilweise. Für Notdienste durch Poolärzte besteht nun eine Sozialversicherungspflicht. Die Kassenärztliche Vereinigung hatte deshalb vergangene Woche angekündigt, dass diese deshalb keine Dienste mehr übernehmen können.
„Das ist geradezu wieder einmal ein Lehrbuchbeispiel dafür, dass Deutschland momentan dabei ist, sich Schritt für Schritt selbst abzuschaffen“, so Landrat Achim Brötel in einer Stellungnahme des Neckar-Odenwald-Kreises, weil die Notfallpraxis in Buchen schließen musste.
Landrat: Patienten im ländlichen Raum sind besonders betroffen
Brötel (CDU) verweist darauf, dass Baden-Württemberg mit anderen Bundesländern schon längst eine entsprechende Gesetzesinitiative über den Bundesrat gestartet habe. „Allein: der Bund hat es nicht für nötig befunden, sich damit auch nur zu beschäftigen“.
Nachdem der ärztliche Bereitschaftsdienst eingeschränkt ist, würden „noch mehr Menschen (…) in den Notaufnahmen unserer Kliniken oder beim Rettungsdienst aufschlagen, wo sie von ihrer medizinischen Indikation her aber schlicht nicht hingehören“, so Brötel. Dies trage schon jetzt zum finanziellen Verlust der Neckar-Odenwald-Kliniken bei. Besonders betroffen seien die Patienten im ländlichen Raum, wo es zu wenig Arztpraxen im niedergelassenen Bereich gebe. Die Lösung des Problems sei einfach: Der Bundesgesetzgeber könnte regeln, dass Poolärzte keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichten.
Auch Dietmar Allgaier (CDU), Landrat des Kreises Ludwigsburg, forderte den Gesetzgeber „zu schnellstmöglichem Handeln“ auf. Die Situation habe sich von einem Tag auf den anderen ohne Not drastisch verschlechtert. Eine schnelle Lösung mahnten ebenfalls Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne), Landkreistag und Gemeindetag an.
Ministerium will Bedeutung und Reichweite des Urteils prüfen
In Berlin war das Thema des Erwerbsstatus von Bereitschaftsärzten bereits im Sommer Anlass für Gespräche. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums habe es im Juli dazu ein Treffen mit den betroffenen Verbänden und dem Bundesgesundheitsministerium gegeben.
Sobald die Entscheidungsgründe des Bundessozialgerichts vorliegen, werde das Bundesarbeitsministerium „Bedeutung und Reichweite des Urteils prüfen“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Außerdem werden das Bundesarbeitsministerium und das Bundesgesundheitsministerium gemeinsam den Dialog mit den Ärzteverbänden unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts zeitnah fortsetzen.