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Kongress zur Ganztagsgrundschule: Wie soll der Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung umgesetzt werden?

Nicht mehr nur vormittags sollen Grundschüler ab dem Schuljahr 2026/2027 in der Schule betreut werden. wie aber soll ein Rechtsanspruch für die Kommunen umgesetzt werden? Darum ging es bei einem Kongress bei der Didacta.
IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON)Stuttgart. Der Städtetag Baden-Württemberg, zum siebten Mal in Folge auf der Bildungsmesse präsent, lud zum Ganztags-Betreuungskongress in die Landesmesse. Mit dabei: 25 Partnerorganisationen der Kommunen aus Baden-Württemberg. Zum Spektrum gehören Arbeitsagenturen, Akademien, Kulturinitiativen und soziokulturelle Zentren über Kirchen, Wohlfahrtspflege und Gewerkschaften bis zu Museen, Tonkünstler, Kunst-, Musik- und Volkshochschulen. Nicht zu vergessen die Verbände und Initiativen mit dem „Landes“ im oder am Wort, etwa -jugendring, -musikverband, -seniorenrat, -sportverband und -zentrum für Ernährung. Kurz, die Liste ist lang.
Alle wollen zur Ganztagesbetreuung beitragen – und tun es bereits, wie sie in Videos und Kurzgesprächsrunden vorstellten. Mit viel Konsens bei der Frage „Der Rechtsanspruch auf Ganztag bedeutet für mich …“. Da wurde betont, wie wichtig außerschulische Lernorte seien, wie Kunst, Musik, Schauspiel, Bewegung, Begegnung, Austausch, Erleben, Emotionen zu Selbstständigkeit, Selbstbewusstsein, Gesundheit, Kompetenz im Sozialen und in Demokratie, Offenheit, Toleranz, kritischem Denken beitrügen. „Wir sind bereit“, so das Credo der Träger und Anbieter von Angeboten.
Sozialverträglich für die Eltern
Doch Konsens war auch, dass Ganztag neben Chancen auch Herausforderungen bedeute, es Rahmenbedingungen brauche, Koordination, Kompetenz – und Geld. Der Städtetag und 25 Partnerorganisationen hatten in einer gemeinsamen Erklärung auf zusätzliche Mittel gepocht. Die Betreuung der Kinder müsse sozialverträglich für Eltern sein.
„Auskömmliche Finanzierung“, fehlende Fachkräfte und Qualifizierung von Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen sowie Ehrenamtlichen war auch Thema in der Podiumsdiskussion. Für ihn sei Betreuung das falsche Wort, meinte da SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch, Ganztag müsse ganzheitlich gedacht werden.
Eine Partei stellte in Abrede, dass Frauen Geld verdienen wollten
Neben ihm bekannten sich fast alle zum Ganztag: Kultusministerin Theresa Schopper, Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz (GRÜNE), Arbeitskreisvorsitzender Andreas Sturm (CDU), Dennis Birnstock (FDP) und Städtetagspräsident, Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup. Allein AfD-Vertreter Hans-Peter Hörner sah die Kinder bei den Familien, vor allem bei den Müttern, die nicht alle arbeiten wollten.
Kurz zuvor hatten Verdi- und Arbeitsagentur-Vertreterinnen betont, dass viel mehr Frauen das wollten. Karin Käppel, Vorsitzende der Geschäftsleitung der Arbeitsagentur Göppingen rechnete vor, wenn man die Erwerbsquote der Frauen auf die der Männer heben könne, gäbe es 275.000 Erwerbstätige mehr. Dafür sei gute Kinderbetreuung unerlässlich. Das schütze vor Altersarmut. Ganztag bedeute „Sicherung des Fachkräftepotenzials, des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg, nicht zuletzt Chancengleichheit für Mütter und Väter.“
Grüne Kultusministerin pries den Ganztag
Kultusministerin Theresa Schopper unterstrich, den Rechtsanspruch zügig umsetzen zu wollen. „Ich stehe zum Ganztag, auch wenn der Rechtsanspruch sich gar nicht an das Land wendet.“ Er schaffe Chancengleichheit für Kinder, die sonst keinen Zugang zu hochwertiger Bildung hätten. Sie wolle sich um zusätzliche Finanzmittel beim Bund und aus dem Landeshaushalt bemühen „Wir machen Druck beim Bund, sorgen für Klarheit bei der Ferienbetreuung und geben das Versprechen, dass wir das gemeinsam anpacken.“ Das Land habe insgesamt bereits eine halbe Milliarde Euro in die unterschiedlichen Ganztagsangebote in Baden-Württemberg investiert. Das sei „kein Nasenwasser“.
Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz betonte, „dass alle finanzrelevanten Themen zum Ganztag besprochen“ würden.“ Über 800 Millionen Euro stellte unter anderem das Land während der jüngsten Haushaltsberatungen bereit für die Investitionskosten – Zuschuss für den Rechtsanspruch an Grundschulen. Schopper sicherte auch zu, dass das Land mittelfristig mindestens die aktuelle Fördersumme von 83,5 Millionen Euro für den Betreuungsbetrieb zur Verfügung stelle. Kürzungen seien nicht geplant, Erhöhungen allerdings von der allgemeinen Finanzlage abhängig.
Kommunale Landesverbände waren laut Schopper uneins
Die Ministerin erklärte zudem, keine Qualifizierungsstandards für das kommunale Betreuungspersonal zu definieren. Mittel dafür bereitzustellen, sei kaum möglich. Sie ärgerte sich, dass ihr genau das im Gespräch vorgeworfen wurde, zumal sie eine solche Finanzierung den Kommunen vor zwei Jahren angeboten habe. „Damals waren die kommunalen Spitzenverbände aber uneins.“ Jetzt sei das Geld anders ausgegeben. So einfach, wie nun gefordert, könne das Land nicht einspringen.
Städtetagspräsident Mentrup hatte zuvor moniert, dass im laufenden Doppeletat noch nicht sicher verankert sei, wie Betreuungskräfte akquiriert und qualifiziert würden. „Um die pädagogische Grundqualifikation der Betreuungskräfte sicherzustellen, fehlt uns noch eine komplementäre Finanzierung.“ Laut Volkshochschulverband werde, um 5000 Betreuende auszubilden, etwa 7,5 Millionen Euro jährlich benötigt.