Kreisumlage

Klinikdefizit stürzt Ostalbkreis in die Finanzkrise

Der Ostalbkreis steht vor einer großen finanziellen Herausforderung. Ein Defizit von 60 Millionen Euro bei den Kliniken Ostalb und die daraus resultierende mögliche drastische Erhöhung der Kreisumlage haben eine heftige Debatte zwischen Landkreis und Kommunen entfacht.

Das Landratsamt in Aalen.

Tobias Dambacher)

Aalen . „Der Karren ist schon im Dreck“, warnte Kreiskämmerer Karl Kurz jüngst in einer Sitzung des Bildungs- und Finanzausschusses des Kreistags, wie die Schwäbische Zeitung berichtete. „Wir können ihn aber auch noch mit Vollgas gegen die Wand fahren!“ Die drastischen Worte verdeutlichen den Ernst der Lage, in der sich der Ostalbkreis befindet. Die Rücklagen sind verbraucht.

Landrat Dr. Joachim Bläse sieht sich mit der immensen Aufgabe konfrontiert, die Finanzen des Kreises zu stabilisieren und gleichzeitig eine adäquate Gesundheitsversorgung sicherzustellen. „Der Kittel brennt nicht mehr, er ist weg“, beschreibt Bläse in der „Schwäbischen Post“ die dramatische Situation. Das kürzlich vorgestellte Zukunftskonzept für die Kliniken Ostalb sieht tiefgreifende Umstrukturierungen vor, die auf teils heftigen Widerstand stoßen.

Die finanzielle Situation des Ostalbkreises spiegelt einen landesweiten Trend wider, zeigt aber auch einige Besonderheiten. Laut Daten des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg stieg der Kreisumlagesatz im Ostalbkreis von 29,75 Prozent im Jahr 2022 auf 32,75 Prozent im Jahr 2024. Dies ist deutlich über dem landesweiten Durchschnitt, der 2024 bei 30,93 Prozent liegt.

Kreisumlage im Ostalbkreis bereits jetzt stark gestiegen

Besonders auffällig ist das Aufkommen der Kreisumlage pro Einwohner. Mit 696 Euro pro Einwohner im Jahr 2024 liegt der Ostalbkreis deutlich über dem Landesdurchschnitt von 558 Euro.

Im landesweiten Vergleich zeigt sich, dass der Ostalbkreis bereits jetzt zu den Kreisen mit den höchsten Belastungen gehört. Eine weitere Erhöhung des Hebesatzes auf bis zu 40 Prozent, wie vom Kreiskämmerer skizziert, würde den Kreis an die Spitze in Baden-Württemberg setzen.

Die Situation im Ostalbkreis ist kein Einzelfall. Die baden-württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) warnt vor einem unkontrollierten Kliniksterben im Land. Laut einer Umfrage der BWKG befürchten 85 Prozent der Krankenhäuser im Land für 2024 hohe Defizite. In ihren Wirtschaftsplänen fehlen allein im laufenden Jahr 900 Millionen Euro. Für die Jahre 2023 und 2024 summiert sich das Defizit auf mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Heiner Scheffold, Vorstandsvorsitzender der BWKG, macht die Bundespolitik für die Misere verantwortlich: „Das finanzielle Desaster der Kliniken im Land ist eine direkte Folge der verfehlten Krankenhauspolitik des Bundes. Die Kosten für das Personal und die Sachmittel sind in den vergangenen zwei Jahren weit überdurchschnittlich gestiegen und eine dauerhafte und verlässliche Finanzierung fehlt immer noch.“

Auch der Landkreistag Baden-Württemberg warnt mit deutlichen Worten. „Ein Weiter-So darf es nicht geben“, sagt Landkreispräsident Joachim Walter. Bund und Land müssten endlich handeln, fordert Walter. Die Kreise müssten weiter als Ausfallbürgen für Bund und Land, die an sich zuständig sind, Aufwendungen in Milliardenhöhe stemmen. Dies sei mit Blick auf die kommunalen Finanzen in Zukunft nicht mehr möglich.

Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagt, dass die Finanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser Sache des Bundes sei. Lucha fordert zusätzliche finanzielle Maßnahmen in der Übergangsphase bis zum Wirksamwerden der Krankenhausreform, um ungeordnete Krankenhausschließungen zu verhindern.

Probleme des Ostalbkreises sind Teil einer landesweiten Krise

Aalens Oberbürgermeister Frederick Brütting warnt in der „Schwäbischen Post“: „Es geht nicht mehr! Eine Erhöhung der Kreisumlage wird auch zu höheren Schulden bei den Städten und Gemeinden führen.“

Die Reaktionen der Kommunen auf die mögliche Erhöhung fallen unterschiedlich, aber durchweg kritisch aus. Während einige Bürgermeister wie Dr. Gunter Bühler aus Bopfingen eine Klage gegen Bund und Land in Erwägung ziehen, fordern andere wie Gmünds OB Richard Arnold den Landrat auf, Einsparmöglichkeiten auf Kreisebene zu prüfen.

Im Kreistag herrscht Einigkeit, dass schnelles Handeln notwendig ist. Georg Ruf (CDU) stärkt dem Landrat den Rücken: „Wir bewundern Ihren Mut, dass Sie das Thema Krankenhäuser angehen. Wir müssen nun zu Ergebnissen kommen und das Restrukturierungskonzept umsetzen.“ Thilo Rentschler (SPD) pflichtet bei: „Es kann nicht sein, dass der Karren gegen die Wand fährt!“

Die Diskussion um das Zukunftskonzept der Kliniken spitzt sich zu. Am 23. Juli sollte der Kreistag in einer Sondersitzung über das Konzept entscheiden, jetzt hat man sich trotz Zeitnot zugunsten für mehr Beratungszeit auf den 24. September vertagt.

Für die Bürger im Ostalbkreis könnte die Situation spürbare Auswirkungen haben. Böbingens Bürgermeister Jürgen Stempfle macht deutlich: „Eine Erhöhung der Kreisumlage landet direkt bei den Bürgern.“ Viele Kommunen sehen sich gezwungen, Einsparungen vorzunehmen und freiwillige Leistungen zu streichen.

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