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Kandidatin macht Stadt und Zeitung schwere Vorwürfe
Schwetzingen. Zum Schluss ihrer Rede richtete Rebecca Ziegler sich noch mit ein „paar Worten in eigener Sache“ an die rund 400 Bürger. „Seit meiner Ankunft in Schwetzingen wird mein Wahlkampf sabotiert“, sagt die 45-jährige Juristin am Montag bei der Kandidatenvorstellung. Sie werde beschimpft und ihr werde gedroht.
Dann erneuert sie die Vorwürfe an die Schwetzinger Zeitung und die Stadt. Berichte würden falsche Aussagen von ihr enthalten und der scheidende OB habe den städtischen Mitarbeitern „wohl verboten“, ihr Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu gewähren. Man wolle sie von Informationen abschneiden, sagte sie in der Rede, die auf der städtischen Youtube-Seite abrufbar ist.
„Können keine geordnete Veranstaltung mehr garantieren“
Ähnliche Aussagen hatte Ziegler einige Tage zuvor in einem Facebook-Post kundgetan, was nicht ohne Folgen blieb. Sie kritisierte die Vorgaben für die Kandidatenvorstellung der Schwetzinger Zeitung, die keine offene Fragerunde zuließ, sondern schriftlich eingereichte Fragen der Bürger sammeln und nach Themen bündeln wollte.
In dem Post rief Ziegler die Besucher dazu auf, die Fragen trotzdem zu stellen. Chefredakteur Jürgen Gruler sagte daraufhin das Kandidatenforum ab: „Wir können nach dem Post von Rebecca Ziegler in Facebook keine geordnete Veranstaltung mehr garantieren“, erklärte er in einem Bericht der Zeitung. Die Stadt organisierte nach dem Rückzug der Zeitung die Kandidatenvorstellung selbst. Beide Bewerber hatten 15 Minuten Redezeit. Die Fragen der Gäste konnten sie an ihren jeweiligen Wahlkampfständen beantworten.
OB René Pöltl äußert sich via Facebook
Gruler hat viele Foren bei OB-Wahlen in der Region moderiert – ohne Fragerunde für Bürger, erklärt er. Er wolle so einen effizienten Ablauf garantieren und auch Leute zu Wort kommen lassen, die nicht persönlich dabei sein können. Den Vorwurf Zieglers, dass die Redaktion nicht neutral sei, weist er entschieden zurück. Er habe ihr angeboten, fragliche Textstellen zu nennen, dann hätte man diese gegebenenfalls korrigiert, doch das habe sie nicht getan.
Zu den Vorwürfen gegen ihn äußerte sich René Pöltl auf Facebook. Die Behauptung, er hätte den „Mitarbeitenden der Verwaltung untersagt, mit IHNEN zu sprechen“, entbehre jeglicher Grundlage und sei falsch. Er habe die Mitarbeitenden am 20. Juni, rund drei Monate vor dem Wahltermin, darauf hingewiesen, dass das Neutralitätsgebot gegenüber allen Kandidaten strikt einzuhalten sei. Ziegler habe den Vorwurf am 24. Juni öffentlich erhoben, nachdem sie beim Besuch einer Dienststelle der Stadt von einer Mitarbeiterin auf das Neutralitätsverbot hingewiesen worden war, so Pöltl auf Anfrage. Auch damals habe er öffentlich reagiert.
„Zugleich hatte ich Frau Dr. Ziegler darauf hingewiesen, dass sie sich jederzeit – wie alle anderen Kandidaten – mit Fragen direkt an mich wenden könne, was sie aber nie getan hat. Auch sonst hat sie zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu mir gesucht“, erklärt der Oberbürgermeister.
Ziegler kritisierte in Rede ihren Konkurrenten
Die promovierte Juristin Ziegler stammt aus Mauer (Rhein-Neckar-Kreis), sie war Richterin am Sozialgericht und arbeitete dann in Finanzämtern. Ab 2018 war sie Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei, die sie abgewickelt habe. Gegenüber dem Staatsanzeiger wollte sie sich nicht weiter zu den Vorwürfen äußern.
Am Montag sparte Ziegler nicht mit Kritik an ihrem Konkurrenten Matthias Steffan (beide parteilos), der seit 2016 Erster Bürgermeister der rund 21 000-Einwohner-Stadt ist. Er habe sich in das bestehende System eingefügt, „weshalb er an den Erwartungen seiner vielen Steigbügelhalter zu ersticken droht“, sagte sie.
Steffan mit fünf Themen, „die sich am Machbaren orientieren“
Steffan, gebürtiger Speyerer, ging in seiner Rede nicht auf die Attacken ein. Er kann auf einen breiten Rückhalt im Gemeinderat vertrauen. Fünf von sechs Fraktionen und Gruppierungen sprechen sich für ihn aus: Die Grünen, CDU, die FDP und die Freien Wähler als stärkste Kraft sowie der Einzelstadtrat von „Inklusiv und Sozial für Schwetzingen“ unterstützen ihn. Die SPD, die vier der 26 Sitze im Gremium hat, enthält sich.
Der Absolvent der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl mit zusätzlichem Master hat fünf Themen, „die sich am Machbaren orientieren“: eine davon ist eine nachhaltige Haushaltspolitik, wobei die Stadt aktuell einen Höchststand an Rücklagen verzeichne und den niedrigsten Schuldenstand aller Großen Kreisstädte des Rhein-Neckar-Kreises habe, wie er am Montag betonte. Die Gewerbesteuereinnahmen hätten sich in 16 Jahren von fünf auf 13,5 Millionen Euro erhöht.
Ehemalige Kaserne soll Gewerbepark werden
Zudem will Steffan Angebote für Familien und Senioren ausbauen, sich für die Wirtschaft und Wohnen starkmachen sowie Vereine und die Inklusion voranbringen. Auch den Klima- und Umweltschutz will der 48-Jährige forcieren.
Ziegler will Wohnraum schaffen, sie will neue Unternehmen ansiedeln. Wichtig sind ihr der Klimaschutz und sie möchte die Innenstadt aufwerten, den Einzelhandel stärken und den Leerstand bekämpfen. Darüber hinaus betont sie die Themen Sicherheit und Sauberkeit. Hoffnungen setzen beide Bewerber in die Entwicklung der Tompkins-Kaserne zum Gewerbepark.
Gabriele Zull tritt in Fellbach alleine an
In Fellbach steht Amtsinhaberin Gabriele Zull als einzige OB-Kandidatin am 15. September zur Wahl. Die 57-jährige Verwaltungsjuristin wirbt mit der Weiterentwicklung der Stadt im Rems-Murr-Kreis, etwa bei der Wärmeplanung, dem Städtebau oder bei Schulen oder Kindertagesstätten. Viel Wahlkampf macht Zull aufgrund einer Erkrankung ihres Mannes nicht. Unterstützung findet die parteilose Rathauschefin bei der örtlichen CDU und den Freien Wählern.