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In Schallstadt steht das Rathaus auf der Zirkuswiese
Schallstadt. Ziemlich genau auf der Gemarkungsgrenze zwischen zwei Ortsteilen steht das Rathaus der Gemeinde Schallstadt (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald): zwischen Schallstadt selbst und Wolfenweiler. Bezogen wurde es erst vor knapp zwei Jahren und dementsprechend modern kommt das Gebäude daher. Auch das Umfeld wurde städtebaulich völlig neu geordnet. Das Rathaus bildet den Abschluss eines Grünzugs in der Gemeinde, der vom Bahnhof kommend über die neue Ortsmitte und den Kirchplatz bis hin zum Betzenbächle reicht. Nähert man sich dem Gebäude, entsteht unweigerlich das Bild vom Rathaus auf der grünen Wiese. Dabei ist das Areal die eigentliche Ortsmitte.
Helle Klinkerfassade strahlt im Sonnenlicht
Transparenz – mit diesem Schwerpunkt ist das Stuttgarter Büro „OHO Architekten PartGmbH“ ans Werk gegangen. Jede Menge Glas eröffnet Ein- und Ausblicke zugleich, beispielsweise aus und in den Ratssaal. Wer als Mandatsträger drinnen sitzt, blickt in den warmen Jahreszeiten auf eine blühende Wiese, von draußen betrachtet, kann man den Verantwortungsträgern beim Entscheidungen treffen zuschauen – quasi eine Art Fenster zur Demokratie. Das Gebäude selbst ist mit einer hellen Klinkerfassade ausgestattet, die im Sonnenlicht regelrecht strahlt. Im Inneren findet sich der Klinker samt hellen Holzdecken wieder. Das Foyer ist großzügig und gleichzeitig der Wartebereich für das Bürgerbüro.
Der Anlauf, den die Gemeinde genommen hat, um ein neues Rathaus an dieser Stelle zu bauen, dürfte wohl einer der längsten sein, den es in Baden-Württemberg je gegeben hat. Schon vor mehr als fünf Jahrzehnten, genauer im Jahr 1971, hatte der Gemeinderat in einer Grundsatzentscheidung festgelegt, dass ein neues Rathaus in der geografischen Mitte der beiden Ortsteile entstehen sollte. Schallstadt und Wolfenweiler waren damals eine Gemeinde geworden, 1975 kam mit Verspätung noch Mengen dazu. Mit Blick auf den Rathausbau tat sich erst einmal nichts, weil das finanziell für die Gemeinde nicht umsetzbar war und über viele Jahre andere Dinge wie Schulsanierungen auf der Agenda standen.
Erst im Jahr 2004 nahm die Diskussion wieder Fahrt auf, 2011 wurde der Neubau erneut beschlossen. Doch lange nach der Gemeindereform war jetzt der Standort in der geografischen Mitte der beiden Teilorte umstritten. In einem Bürgerentscheid unterlagen die Befürworter in der Frage, ob das Rathaus Teil einer neuen Ortsmitte sein soll. Einig war man sich jedoch darüber, was noch alles dort zu finden sein soll: eine Gastronomie, eine Kindertagesstätte, eine Wohngruppe der Lebenshilfe, ein Spielplatz und insgesamt 33 Wohneinheiten. Lediglich das Rathaus wurde im weiteren Verlauf der Diskussion einige Meter „verrückt“. Die Kosten lagen damals bei 8,5 Millionen Euro. Eine Förderung gab es vom Land, weil der Bau mit der Sanierung des Ortskerns entstand. Zudem erhielt die Gemeinde Mittel aus dem Ausgleichsstock.
Der Einzug im Juli des Jahres 2021 war ein Start mitten in der Coronapandemie. „Wir haben da ein winziges ‚Feschtle‘ gefeiert“, erinnert sich Bürgermeister Sebastian Kiss (parteilos). „Später haben wir einen Tag der offenen Tür durchgeführt“. Er glaubt, „alle haben ihren Frieden mit dem Gebäude gemacht“. Insgesamt arbeiten heute 25 Personen in 21 Büros, verteilt auf einer Fläche von rund 1100 Quadratmetern. Hinzu kommen zwei Besprechungsräume, der Ratssaal und ein Trausaal. Geheizt und gekühlt wird das Gebäude mit kalter Nahwärme, teilweise gibt es eine Fußbodenheizung. Auf dem Dach gibt es eine Photovoltaikanlage samt Dachbegrünung.
Ruhige Atmosphäre in den modernen Räumen
Und dann ist da noch eine Sache, die der Verwaltungschef erzählt und gleich darauf ein wenig ins Zweifeln gerät, ob das eine gute Idee war und selbst darüber schmunzeln muss. „Unser neues Rathaus steht auf der ehemaligen Zirkuswiese“, berichtet er. Die historische Gewannname lässt unweigerlich Bilder im Kopf entstehen, wie Verwaltungsarbeit und Kommunalpolitik in Schallstadt ablaufen könnten. Bei einem Gang durchs Rathaus ist aber eher konzentriertes und ruhiges Arbeiten zu entdecken als buntes Treiben, bei dem es drunter und drüber geht.
Rund zehn Kilometer südwestlich von Freiburg liegt der Ort Schallstadt, der rund 6500 Einwohner hat. In Schallstadt selbst wurde mit dem Bau des Rathauses auch ein kaltes Nahwärmenetz errichtet, das neben dem Verwaltungsgebäude rund 200 weitere Wohnungen und die Gebäude in der neuen Ortsmitte mit Wärme und Kälte versorgt. Genutzt wird dafür das Wasser aus einem Abwassersammler, das über das ganze Jahr hinweg eine Temperatur zwischen zwölf und 18 Grad erreicht. Die Wärmenergie wird über Wärmetauscher in das Kaltwärmenetz und im Anschluss zu den einzelnen Häusern übertragen. Dort sorgen Wärmepumpen für warmes Wasser und Wärme.
In der Sommerserie des Staatsanzeigers wird in der kommenden Ausgabe das Rathaus in Gengenbach (Ortenaukreis) vorgestellt.
Quelle/Autor: Marcus Dischinger