Grundsteuer: Härtefälle bitte nicht nach unten durchreichen
Manche sprechen von Enteignung, andere von Schieflage. Das Entsetzen bei vielen Grundstückseigentümer ist derzeit groß – aber man kann wohl nicht sagen, dass die Wirkung der Grundsteuerreform aus heiterem Himmel kam. Uwe Hehn, Bürgermeister in Creglingen, hat 2021 auf Heller und Pfennig ausgerechnet, was die neue Flächenformel bringt, und die Verschiebung vom Gewerbe zum Wohnen vorhergesagt. Und auch bei der Gesetzgebung hatten Verbände auf die Konsequenzen hingewiesen. Es braucht wohl erst den Bescheid vom Amt, damit die Reform so richtig wahrgenommen wird.
Baden-Württemberg hat sich nach dem Fall der alten Einheitswerte für ein besonderes Bodenwertmodell entschieden, bei dem es nur auf das Grundstück, seine Lage und Größe, ankommt. Man wollte damit erreichen, dass freie Flächen bebaut werden, doch das ist eben nicht für jeden eine Option. Mit den ersten Bescheiden zeigt sich, dass wie erwartet die Bewohner der Ein- und Zweifamilienhäuser stärker zur Kasse gebeten werden – aber nicht überall.
Eigentümer haben die Wertsteigerung über Jahrzehnte gerne mitgenommen
Denn die ersten Zahlen des Südwest-Steuerzahlerbunds beziehen sich auf die großen Städte, allen voran die über 100 000 Einwohnern. Klar, dass dort jeder freie Quadratmeter viel wert ist und damit auch höhere Abgaben einhergehen (die Eigentümer haben dafür über Jahrzehnte die Wertsteigerung gerne mitgenommen). In ländlich geprägten Gemeinden mit niedrigen Grundstückspreisen und wenig Gewerbeflächen dagegen dürfte die Verschiebung vom Gewerbe zum Wohnen weit weniger dramatisch sein.
Aufhorchen lässt aber die Aussage des Finanzministeriums, wonach die Kommunen für Härtefälle auf die Zahlungen verzichten könnten. Sie würden dadurch aber wichtige Einnahmen verlieren. Zudem wird der öffentliche Druck damit an die Städte und Gemeinden weitergereicht, diese Extremfälle doch auszugleichen. Grund dafür ist aber das Steuermodell. Die Verantwortung sollte der Gesetzgeber tragen.