Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Städtetagespräsident im Gespräch

Frank Mentrup und der Finanzpoker mit dem Land

Es ist ein hartes Ringen zwischen Land und Kommunen. Es geht um enorme Kosten für Ganztagesbetreuung, Flüchtlinge und Krankenhäuser. Der Karlsruher OB und Städtetagspräsident Frank Mentrup (SPD) hat also viel zu tun – und auch in seiner Stadt wichtige Fragen zu klären. Ein Besuch vor Ort.

Archivfoto: Der Karlsruher OB Frank Mentrup (SPD) wirft der Landesregierung vor, keine klaren Prioritäten zu setzen und zu wenig zu entscheiden.

IMAGO/Achim Zweygarth)

Karlsruhe. Es ist Sommerpause, da ist selbst der Terminkalender eines Oberbürgermeisters nicht ganz so dicht besetzt wie sonst. Zeit also, um sich mit Journalisten in Ruhe zu treffen und über die wichtigsten Themen zu diskutieren. Natürlich ist das die Debatte um die Förderung der Ganztagesbetreuung, wo die Zuteilung per Losentscheid für Empörung sorgt. Aber es geht um mehr.

Klappern gehört für Kommunalpolitiker zum Handwerk. Doch diesmal ist es anders. 60 Prozent der Kommunen können keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen und müssten Schulden machen, bei den Landkreisen sind es 80 Prozent. „Das gab es noch nie“, sagt der 59-jährige SPD-Politiker, der früher Kinder- und Jugendpsychiater war und seit 2013 in Karlsruhe amtiert.

Es gibt einige Großbaustellen und Streit mit dem Land

Mentrup beklagt einen zunehmenden Überhang an Themen, die von oben kommen und die Kommunen finanzieren sollen. Um nur die Bildungspolitik als Beispiel zu nehmen, rechnet Mentrup vor: „Es geht um den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung, Sprachförderung an Kitas, G9 und die Digitalisierungsoffensive an den Schulen.“ Manches sei finanziert, das meiste nicht ausreichend. Weitere Großbaustellen und Streitpunkte mit dem Land sind etwa die 1,2 Milliarden Euro Flüchtlingskosten. Hier fordern die Kommunalverbände, dass die 270 Millionen Euro Bundeszuschuss dauerhaft und vollständig an die Kommunen weitergereicht werden.

Lesen Sie hier, was Frank Mentrup zum Amtsantritt gesagt hat.

Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hat dies für das aktuelle Jahr angeboten, für 2025 nur die Hälfte. Oder bei den Krankenhäusern, wo die Not so groß ist, dass die Krankenhausgesellschaft BWKG eine Kampagne gestartet hat. Mentrup sagt: „Die Krankenhäuser fahren an die Wand.“ Er fordert 300 Millionen Euro Soforthilfe. Wenn nicht in diesem Jahr mit Nachtragshaushalt, so spätestens im Januar, wenn der neue Doppelhaushalt 2025/26 greift.

Mentrup war selbst schon Staatssekretär

Mentrup hat als Städtetagspräsident noch einen anderen Vorschlag gemacht: „Das Land könnte die bisherigen Investitionen in Krankenhäuser nachträglich mit ein paar zusätzlichen Prozenten unterstützen.“ Bislang zahlt Stuttgart 40 bis 45 Prozent. Der Vorteil aus Sicht des SPD-Politikers: Diejenigen Kreise würden belohnt, die bereits in strukturellen Wandel investieren.

Wie schwierig das politische Geschäft ist, hat Frank Mentrup am eigenen Leib erfahren. Nach dem Regierungswechsel 2011 wurde er Staatssekretär im Kultusministerium unter der überforderten Ministerin Gabriele Warminski-Leitheußer; als sie 2012 zurücktrat, leitete er wenige Monate selbst das Ministerium. Wäre er nicht kurz zuvor zum OB von Karlsruhe gewählt worden, wäre Mentrup womöglich Minister geworden.

Als OB von Karlsruhe fühlt sich Mentrup pudelwohl

Doch er bereut nichts: „Ich kann hier weiterhin gestalten und habe viel Freude an dem Amt.“ Zumal er als Städtetagspräsident wieder auf der landespolitischen Bühne steht. Ende Dezember läuft die Amtszeit aus, ob er noch mal zwei Jahre amtieren darf, entscheidet sich im Januar und ist offen. Der Landesregierung wirft er Entscheidungsschwäche vor. „Ich erlebe die Landespolitik als völlig gelähmt“, sagt der SPD-Mann. Es müsste dringend priorisiert werden, welche Themen wichtig für Land und Kommunen seien und welche später kommen und welchen Standards kommen könnten. Mentrup: „Die Kommunen werden alleine gelassen.“

Der Karlsruher OB übt deutliche Kritik: „Die Grünen lassen sich von der CDU vorführen, und die CDU geriert sich nicht mehr als Regierungspartei, sondern baut Manuel Hagel als Landespapa ante Portas auf, der derzeit mit Verantwortung im Land nichts zu tun hat.“

Auch in Karlsruhe warten einige Themen. Gerade erst hat Herbert Grönemeyer vor dem Schloss 20 000 Menschen verzaubert, die Schlosslichtspiele beginnen. Doch die Defizite vom Nahverkehr und der Kliniken drücken aufs Gemüt: „Wir müssen ende 2024 vor unserer nächsten Haushaltsaufstellung eine Grundsatzentscheidung treffen. wie es dann weiter geht.“ Langweilig wird es also trotz Sommerpause nicht.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 189 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch