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Esslinger Feuerwehr: Wenn der Oberbürgermeister zum Praktikum antritt
ESSLINGEN. „7.15!“ Fröhlich antwortet Matthias Klopfer (SPD) einem vorbeieilenden Kameraden. Zu dieser Uhrzeit ist der Praktikant heute angetreten in der Fahrzeughalle der Esslinger Feuerwehr und wurde auf das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 10 (HLF 10) eingeteilt. Klopfer ist ein besonderer Praktikant, er ist Oberbürgermeister von Esslingen.
Und um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeit, Wünsche und Belange kennenzulernen, arbeitet er seit Anfang des Jahres in verschiedenen Bereichen der Verwaltung mit. Nach dem örtlichen Bauhof sowie dem Bürgeramt und Bürgerservice für Einwanderung macht er nun auf seiner Praktikumstour zwölf Stunden Station bei der Feuerwache.
Eine brandstichige Note hängt in der Luft
Nach dem Antreten dort folgt eine Besprechung mit dem Schichtführer und dem Technischen Dienst, eine Kurzausbildung in der Wiederbelebung: Klopfer übt an einer Puppe mit dem Defibrillator. Seine Brandschutzkleidung liegt derweil bereit: Vor dem Spind stehen Hose und Stiefel, sodass er im Ernstfall nur hineinspringen muss.
Und damit „Retten, Löschen, Bergen und Schützen“ auch möglich sind, wie im Feuerwehr-Signet sinnbildlich dargestellt, muss das Material gewartet, geprüft und gereinigt werden. In den Werkstätten dreht sich daher alles um essenzielle Hilfsmittel wie Feuerlöscher, Schläuche, Elektronisches, Kraftfahrzeuge, Atemschutzgeräte und -masken. Auch riesige Waschmaschinen sind dort zu finden, um die Schutzkleidung nach einem Einsatz zu reinigen. Eine brandstichige Geruchsnote hängt in der Luft.
Hauptamtliche Kameraden führen den OB in die weiteren Fachgebiete ein. Zwar müssen im Prinzip alle alles können, aber jeder hat seinen Spezialbereich. Sei es dank der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker wie Christian Höfer, der für die Fahrzeuge verantwortlich zeichnet. Er sei früher bei einer Werksfeuerwehr gewesen, erklärt er dem OB. „Aber ich wollte hierher, das ist so abwechslungsreich!“
Die Esslinger Feuerwehr hat 250 Freiwillige
In Deutschland müssen Städte mit über 100 000 Einwohnern eine Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften betreiben. Die – 1852 gegründete – Feuerwehr Esslingen startete kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Abteilung mit Hauptamtlichen. In dieser arbeiten 38 Personen in zwei Wachabteilungen, einer Dienstgruppe mit Leitstellendisponenten, im Einsatz- und Leitstellendienst und im Einsatzleitungsdienst in 24-Stunden-Schicht. Die 250 Freiwilligen engagieren sich in sieben Abteilungen. Dazu gehört eine Jugend- und Kinderfeuerwehr.
Das merkt auch der Praktikant. Mit Begeisterung testet er die Atemschutzmasken, nachdem sie in speziellen Maschinen gereinigt wurden. Funktionieren sie? Sind sie dicht? Er erfasst Wert und Maske digital im System. Danach geht es an die Pressluftflaschen. Klopfer hilft, diese wieder zu befüllen, prüft, dokumentiert. „Ziemlich aufwendig sind die Tests, Zyklen und Dokumentationen, die die Feuerwehr für ihre Geräte durchführt“, meint er anerkennend. Sven Theiss, der ihn durch die Werkstätten begleitet, nickt. „Alles was im Einsatz und auch bei Übungen verwendet wird, muss direkt getestet werden.“ Und Klopfer ergänzt, was er qua seines Amtes weiß: „Die Feuerwehr Esslingen prüft und befüllt als Dienstleister den Atemschutz für 22 Kommunen und Einrichtungen im Landkreis.“ Später schaut Oliver Knörzer, Amtsleiter und Feuerwehrkommandant, vorbei – und bestätigt schmunzelnd, zufrieden zu sein, solch einen Praktikanten zu haben.
Klopfer: „Wenn nichts ist, geht es den Menschen gut“
Der ist bald auf dem Weg in die Büroräume über den Werkstätten. Dort wird er beim „vorbeugenden Brandschutz“ die Genehmigung für eine Interimsschule mit Containern mit bearbeiten – bevor es zum Mittagessen mit den Kameraden geht. „Kaiserschmarrn“ habe er geordert, lacht der oberste Schultes.
Eine gute Stärkung für die integrierte Leitstelle, die nachmittags ansteht. Dort gibt es keine Ruhepausen: Acht Personen am Notruftelefon koordinieren Einsätze von Rettungskräften und Feuerwehr, betreuen Anrufende, bis Kollegen eintreffen. Auch bei der Wachfortbildung muss der OB ran: einen eingeklemmten, 80 Kilo schweren Dummy nach Verkehrsunfall bergen. Das heißt, mit Wachabteilung A Auto stabilisieren und Fahrertür und Kofferraum aufspreizen mit schwerem Gerät.
Da kommt der Dienstsport zum Abschluss fast wie ein Spaziergang daher. Nur fast, auch das Zirkeltraining auf dem Hof bringt ins Schwitzen. Der Lohn: ein gemeinsam gekochtes Abendessen aus Nudelauflauf und Salat. Gerne hätte der OB einen echten Einsatz mit dem HLF 10 erlebt. Aber er ist froh, dass es keinen Alarm gab und zitiert einen Kameraden: „Wenn nichts ist, geht es den Menschen gut“.
Quelle/Autor: Petra Mostbacher-Dix