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„Der Bedarf für Radkoordinatoren in den Kreisen ist da“
Hermino Katzenstein: Ich war sehr überrascht, weil er zuvor in seinem Beitrag ausführlich begründet hat, warum wir die Stellen gemäß Koalitionsvertrag einführen wollen. Er hat mir hinterher gesagt, er hätte es als Scherz gemeint. So ganz geglückt ist dieser Scherz nicht, was wir an den Reaktionen sehen. Viele Leute haben das für bare Münze genommen.
Der Applaus nach dem Satz war jedenfalls sehr laut. Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass die Landräte die Koordinatoren wirklich nicht wollen?Das wird zumindest von Teilen der Landkreise so geäußert. Aber es hat ja eine Vorgeschichte. An einem Förderprogramm haben sich 25 der 44 Stadt- und Landkreise beteiligt. Damals waren die Radkoordinatoren freiwillig und das Angebot noch schlechter, weil das Land nur 50 Prozent der Kosten übernommen hat. Der Bedarf war also sogar bei schlechteren Konditionen da. Das war ein Anlass, diese Stellen im Rahmen des Landesmobilitätsgesetzes komplett zu finanzieren.
Die Landräte sagen, es sei zynisch, wenn das Land Koordinatoren verlangt und das Geld für Radwege fehle.Es gibt mehrere Förderprogramme für Radwege. Einmal das vom Bund und unser eigenes Förderprogramm, das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Die Mittel haben wir vor einigen Jahren deutlich erhöht. Viele Kommunen haben jedoch keine oder sehr geringe Mittel beantragt. Das Argument, die Mittel wären nicht da, gilt also zumindest nicht für die Landesebene.
Können die Koordinatoren etwas bewegen, wenn sie nicht gewollt werden?Diejenigen, die sich für die Stellen bewerben, sind motiviert und wollen was für den Rad- und Fußverkehr tun. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie was erreichen. Sie werden nicht nur die Landkreise, sondern gerade auch die kreisangehörigen Kommunen unterstützen. Denn kleinere Kommunen haben nicht so viele Leute, um sich um den Radverkehr, Radwege und Netze kümmern zu können.
Das Land hat die Radstrategie 2016 beschlossen. Laut dem aktuellen Mobilitätsbarometer sagen 26 Prozent der Befragten im Südwesten, nie mit dem Rad unterwegs zu sein.Man muss sehen, von wo wir gestartet sind. 2016 lag der Radverkehrsanteil bei rund sieben Prozent, wir haben ihn auf über zehn Prozent gehoben, zuletzt auf knapp zwölf Prozent. Betrachtet man die Entwicklung in den letzten Jahren, gehören wir zur Spitzengruppe. Wir sind aber noch nicht bei dem Ziel, dass sich der Radverkehr bis 2030 verdoppelt und jeder zweite Weg zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden soll.
Im Winter und auf dem Land, ist da das Fahrrad wirklich eine Alternative?Ich kann nachvollziehen, dass man sich nicht gerne aufs Rad setzt, wenn es Hunde und Katzen regnet − mache ich auch nicht. Kälte aber ist eine Frage der Kleidung. Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung.
Ist das Fahrrad zum Gegenstand eines Kulturkampfes geworden?Nein, das wird nur von denen dazu gemacht, die selbst wenig Fahrrad fahren oder Angst haben, dass ihnen was weggenommen würde. Ich komme aus Münster, eine Fahrradstadt, dort ist Radfahren völlig normal − und ich sage immer, nicht ganz ernst gemeint: „Ich bin auf dem Fahrrad geboren“. Wir haben die Landes-Kampagne „RadKULTUR“ entwickelt, die mit Augenzwinkern das Thema in den Alltag bringt. Mein Lieblingsspruch darin: Radfahren ist veganes Reiten.